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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Helvetische Konfessionen

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Helvetier - Helvetische Konfessionen.

sul Lucius Cassius, welches die helvetischen Grenzen bedrohte, am Lemanischen See vernichteten (107 v. Chr.); bei dem Einfall der Cimbern in Italien 102 werden sie nicht mehr erwähnt und scheinen also damals in ihre Heimat zurückgekehrt zu sein. Bekannter wird ihre Geschichte, seit Cäsar mit ihnen zusammenstieß. Als Grenzen ihres Landes gibt Cäsar die Kette des Jura, den Lemanischen See mit dem Rhône und den Rhein an; sie bewohnten also die jetzige Schweizer Hochebene. Das zahlreiche und durch seine Tapferkeit ausgezeichnete Volk zählte in seinem Gebiet 12 Städte und 400 offene Ortschaften und war in vier Gaue (pagi) eingeteilt, von denen der Pagus Tigurinus berühmt geworden ist, der Pagus Verbigenus aber nur genannt wird und die zwei andern nicht einmal dem Namen nach bekannt sind. Um 60 v. Chr. bewog der einflußreiche und mächtige Häuptling Orgetorix den gesamten Stamm zu dem Entschluß, die rauhe Heimat mit einer mildern im südlichen Gallien zu vertauschen. Orgetorix wurde zwar, weil er nach der Alleinherrschaft strebte, ins Gefängnis geworfen, worin er bald darauf starb; gleichwohl aber wurde die Wanderung 58 in Verbindung mit den Volksstämmen der Rauriker, Latobrigen und Tulinger und einer Abteilung der Bojer angetreten. Aber Cäsar, welcher gerade damals als Prokonsul in Gallien auftrat, brach die Rhônebrücke bei Genf ab, deckte das linke Ufer des Flusses durch Verschanzungen und verweigerte hierauf den verlangten Durchzug durch das Gebiet der Allobroger und das römische Gallien. Vergeblich versuchten die H. den Übergang über den Rhône zu erzwingen; sie wandten sich daher westlich ins Gebiet der Sequaner, wo ihnen Dumnorix den Durchzug zu den Äduern eröffnete. Aber an der Saône holte sie Cäsar ein und schlug die noch allein diesseit des Flusses stehenden Tiguriner, setzte dann über und folgte den Helvetiern 14 Tage lang in geringer Entfernung bis nach Bibracte (in der Nähe des heutigen Autun), wo sie in einer blutigen Schlacht geschlagen und genötigt wurden, in ihre verlassene Heimat zurückzukehren; nur den Bojern wurde auf den Wunsch der Äduer gestattet, sich in deren Gebiet anzusiedeln. Als unter den ersten römischen Kaisern die Verhältnisse der nördlichen Provinzen geordnet wurden, ward der westliche Teil der Schweiz, in welchem schon vorher, um 43, die Kolonien Noviodunum (Nyon) und Augusta Rauricorum (Augst bei Basel) gegründet worden waren, zu Gallia Belgica, der östliche Teil zur Provinz Raetia geschlagen; später gehörte der westliche Teil zu G. Lugdunensis. Hauptorte der H. waren Vindonissa (Windisch) und Aventicum (Avenches). Ein schweres Schicksal traf den westlichen Teil, als 69 n. Chr. Cäcina, der Legat des Kaisers Vitellius, das Land durchzog und verwüstete: Tausende der Einwohner wurden teils niedergemacht, teils als Sklaven verkauft; Aventicum erkaufte durch schnelle Unterwerfung Schonung. Daß römische Sitten und Bildung im Lande der H. bedeutenden Einfluß gewannen, beweisen die jetzt noch vorhandenen Denkmäler. Die Einfälle germanischer Stämme brachten auch bei den Helvetiern einen Umschwung der Dinge hervor. Um 260 drangen ungeheure Scharen der Alemannen unter Chrocus durch das Land der H. bis nach Ravenna hinab. Dann traf der Einfall der Franken und Alemannen in Gallien, welchen endlich Probus (280) abschlug, wahrscheinlich auch das helvetische Land. Obgleich Constantius Chlorus (297) die Alemannen bei Vindonissa schlug, gelangte das Land doch nie wieder zu seiner frühern Blüte; schon unter Constantius (354) begannen Alemannen und Franken von neuem ihre verheerenden Einfälle in Helvetien. Zwar vernichtete Cäsar Julianus bei Straßburg ein alemannisches Heer (357), aber seine Entfernung aus dem Occident gab das Zeichen zu neuen Einfällen; vergeblich war es, daß Valentinian II. (seit 364) am Rhein neue Befestigungen und Kastelle anlegte. Die Lostrennung des verödeten Landes vom Reiche geschah wahrscheinlich zur Zeit des Honorius (395-423). Die Alemannen besetzten damals Helvetien bis an die Aare und noch jenseit dieses Flusses gelegene Strecken nebst dem Lande der Rauriker. Die schwachen Reste der alten Bevölkerung mögen teils vertilgt oder zu Leibeignen gemacht worden sein, teils sich in die südwestlichen Gegenden zurückgezogen haben. Die eindringenden Horden der Alemannen vernichteten mit den befestigten Städten und andern Denkmälern römischer Kultur auch das allmählich verbreitete Christentum, das erst wieder im 6. Jahrh. mit dem Ackerbau bei den wilden Hirten Eingang fand. 443 trat der römische Feldherr Aetius den schon zum Christentum bekehrten und zivilisierten Burgundern das verödete Gebiet der Allobroger und das wenige, was in Helvetien den Römern verblieben war, ab. Hier haben sich deshalb auch mehrere römische Denkmäler erhalten. Später breiteten sich die Burgunder nicht allein noch weiter nach Südwesten aus, sondern drängten auch die Alemannen zurück und dehnten ihre Herrschaft allmählich bis an die Reuß aus. Die Geschichte der Länder der verschwundenen H. und Rauriker geht aber um die Mitte des 5. Jahrh. in der Geschichte der Alemannen und Burgunder und dann in der Geschichte der Franken auf. Das geographische Detail des Landes als einer römischen Provinz kennen wir nur aus spärlichen Notizen der alten Autoren, dann aus den genauern Angaben der Tabula Peutingeriana und aus dem Itinerarium Antonini, endlich aus den im Land aufgefundenen Inschriften (vgl. Th. Mommsen, Inscriptiones confoederationis helveticae latinae, Zürich 1854).

Helvetische Konfessionen, zwei von den reformierten Kirchen der Schweiz 1536 und 1566 aufgestellte Glaubensbekenntnisse. Der Mangel eines allen Schweizer Kirchen gemeinsamen Bekenntnisses wurde besonders empfindlich, als Papst Paul III. ein allgemeines Konzil behufs Schlichtung des kirchlichen Zwiespalts in Aussicht stellte. In Erwartung dieser Kirchenversammlung verfaßten im Januar 1536 zu Basel Bullinger und Leo Judä von Zürich, Megander von Bern, Myconius und Grynäus von Basel, denen sich später auch Bucer und Capito von Straßburg anschlossen, ein ursprünglich lateinisches, später aber von Leo Judä ins Deutsche übersetztes Bekenntnis von 28 Artikeln, welches nach dem Ort seines Ursprunges das zweite Baseler, nach seiner Geltung aber die erste Helvetische Konfession genannt wird. Am 26. März 1536 ward es von den Abgeordneten aller Schweizer Kirchen unterzeichnet. Als auf Kaiser Maximilians II. Geheiß 1566 ein Reichstag zu Augsburg eröffnet wurde, auf welchem Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz wegen seiner Hinneigung zur reformierten Abendmahlslehre mannigfacher Anfechtungen von Katholiken und Protestanten gewärtig sein mußte, forderte er den Züricher Theologen Bullinger auf, eine Bekenntnisschrift abzufassen, welche die über die reformierte Kirche verbreiteten Verleumdungen widerlegte. Bullinger übersandte hierauf eine lateinische Konfession in 30 Artikeln, die er 1564, während die Pest in Zürich wütete, aufgesetzt hatte, damit dieselbe im Fall seines