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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hermann von Sachsenheim - Hermannstadt.

1343 und 1349 ein asketisches Sammelwerk: "Buch von der Heiligen Leben" (abgedruckt in F. Pfeifers Werk "Deutsche Mystiker des 14. Jahrhunderts", Bd. 1, Leipz. 1845).

Hermann von Sachsenheim, deutscher Dichter des 15. Jahrh., aus einem schwäbischen Rittergeschlecht, lebte in Konstanz und starb in hohem Alter 1458. Von seinen Dichtungen, welche der allegorischen Richtung der Zeit folgen, wurden "Die Mörin", ein nach 1451 in der damals beliebten Form eines Prozesses abgefaßtes, ziemlich trocknes Gedicht über die Liebe (zuerst Straßb. 1512), "Der goldene Tempel", ein Gedicht zu Ehren der Jungfrau Maria (1455 geschrieben), und "Jesus der Arzt" von E. Martin (Stuttg. 1879, Litter. Verein) herausgegeben.

Hermann von Salza, berühmter Hochmeister des Deutschen Ritterordens, geboren um 1170 auf dem Stammschloß Salza (Langensalza) in Thüringen, erhielt seine Erziehung am Hof des Landgrafen Hermann von Thüringen und trat dann in den Deutschen Orden, der ihn um 1210 zum Ordensmeister erwählte. Mit Feuereifer die Mission des Ordens erfassend, beteiligte er sich 1218-20 an dem unglücklichen Kreuzzug gegen Damiette und 1228-1229 in der Begleitung Kaiser Friedrichs II. am fünften Kreuzzug. Ein neues Feld der Thätigkeit eröffnete er dem Orden durch die Erwerbung des Kulmer Landes und durch die Eroberung Preußens, die er 1230 begann (s. Deutscher Orden, S. 777 f.). Eine gleich segensreiche Wirksamkeit entfaltete er für das Reich als geschätzter Ratgeber Kaiser Friedrichs II. 1224 vertrat er diesen auf dem Reichstag zu Frankfurt und vermittelte 4. Juli 1224 den Vertrag zwischen Waldemar II. von Dänemark und Heinrich von Schwerin, wonach jener das Land rechts der Elbe dem Reich zurückgab und des Kaisers Lehnshoheit für Dänemark anerkannte. Durch Hermanns Vermittelung kam auch 1230 der Friede von San Germano zu stande; er allein wohnte der Zusammenkunft zu Anagni zwischen Kaiser und Papst bei. Während er 1235 Friedrich II. auf seinem Zuge gegen den aufständischen Sohn Heinrich begleitete, verlor er die Interessen des Ordenslandes nicht aus dem Auge: die Vereinigung der Schwertbrüder mit dem Deutschen Orden (1237) war sein Werk. Von einer Reise, die er 1238 in Kriegsangelegenheiten nach Deutschland gemacht, kehrte er im Juli erkrankt nach Italien zurück und starb 19. März 1239 zu Barletta in Apulien. Seine Leiche ward dort in der Kapelle des Ordenshauses beigesetzt. Das Geschlecht der Herren von Salza blühte fort im Braunschweigischen, in der Oberlausitz, in Schlesien, Böhmen, Esthland und Schweden. Jetzt besteht in Deutschland nur noch die Linie Salza-Lichtenau. Vgl. A. Koch, H., Meister des Deutschen Ordens (Leipz. 1885).

Hermann von Wartberg, mittelalterlicher Geschichtschreiber, Kaplan des Landmeisters von Livland im 14. Jahrh., schrieb eine von E. Strehlke entdeckte, für die Geschichte des Deutschen Ordens wichtige Chronik, welche bis 1378 reicht (abgedruckt in den "Scriptores rerum prussicarum", Bd. 2, Leipz. 1863).

Hermännchen (Hermchen), s. v. w. Wiesel.

Hermannsburg, 1) Pfarrdorf im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, Landkreis Celle, an der Örze, hat eine evangelische Missionsanstalt (1849 vom Pastor Harms begründet), eine Sägemühle und (1885) 1492. Einw. H. war einst Wohnort Hermann Billungs (gest. 973), nach dem es wahrscheinlich benannt ist. - 2) Missionsstation in der engl. Kolonie Natal in Südafrika, unter den Kaffern, 74 km vom Meer an einem Zufluß des Umvoti, wurde 1854 gegründet und hat in Natal wie im Zululand mehrere Nebenstationen. Vgl. Speckmann, Die Hermannsburger Mission in Afrika (Herm. 1876). - 3) Missionsstation in Südaustralien, am Finkefluß, südlich von der Macdonnellkette und dem Wendekreis und westlich von der großen Überlandtelegraphenlinie, wurde dorthin vom Cooper Creek verlegt und von der südaustralischen Regierung reichlich mit Land ausgestattet.

Hermannsburger Separation, s. Harms 2).

Hermannsdenkmal, das auf der Grotenburg bei Detmold zur Erinnerung an die Befreiung Deutschlands vom römischen Joch errichtete Denkmal. S. Bandel.

Hermannsschlacht, s. Arminius.

Hermannstadt (ungar. Szeben), ungar. Komitat in Siebenbürgen, grenzt an die Komitate Hunyad, Unterweißenburg, Großkokelburg, Fogaras und an Rumänien, umfaßt 3314 qkm (60,2 QM.), ist besonders im S. gebirgig (Szurul, Roterturmpaß), wird von der Aluta und dem Zibin durchströmt, hat (1881) 141,627 rumänische, sächsische und ungar. Einwohner, ist in den Niederungen fruchtbar und zählt 88 Gemeinden. Amtssitz ist die Stadt H. (ungar. Nagyszeben, rumän. Sibjiu, lat. Cibinium), am Zibin (415 m ü. M.), Station des Flügels Kiskapus-H. der Ungarischen Staatsbahn, liegt an und auf einem Hügel, besteht aus der regelmäßigen Oberstadt (431 m ü. M.), der weniger gut gebauten Unterstadt, in welche steinerne Treppen hinabführen, und drei meist von Rumänen bewohnten Vorstädten. Ober- und Unterstadt waren ehemals stark befestigt, in neuerer Zeit sind jedoch Mauern, Türme (über 30) und Bastionen größtenteils abgetragen worden. Unter den 11 Kirchen (4 katholische, 2 evangelische, 1 reformierte und 4 griechische) zeichnen sich aus die gotische Pfarrkirche der Evangelischen (aus dem 14. Jahrh.) mit 80 m hohem Turm und die ehemalige Jesuiten-, jetzt kath. Pfarrkirche. Hervorragende Gebäude sind: das Rathaus mit dem sächsischen Nationalarchiv, das Baron Bruckenthalsche Palais mit wertvoller Bibliothek (über 30,000 Bände), Bildergalerie (1057 Gemälde), Münz-, Antiken- und Mineraliensammlung, das Irrenhaus, das große Militär- und das Bürgerspital, die Artilleriekaserne, das Gewerbe- und Musikvereinsgebäude etc. H. hat (1881) 19,446 meist griechisch-katholische oder evang. Einwohner (darunter 14,001 Sachsen, 2746 Rumänen und 2018 Ungarn), regen Gewerbfleiß (Fabrikation von Tuch, Leder, Stearinkerzen, Spodium, Spiritus, Töpferwaren etc.) und lebhaften Handel, besonders Kommissions- und Speditionshandel nach Rumänien. An Bildungsanstalten bestehen eine königliche Rechtsakademie, ein Staats- und ein evangelisches Obergymnasium, eine evangelische Oberrealschule, ein evangelisches Landesseminar, ein griechisch-orientalisches Seminar, 2 höhere Mädchen-, mehrere Bürgerschulen etc.; an Humanitätsanstalten das katholische Waisen- und Findelhaus (Theresianum), ein evangelisches Waisenhaus, eine Landes-Irrenanstalt, 4 Spitäler etc. H. ist der Sitz eines griechisch-orientalischen Erzbischofs, evangelischen Superintendenten und Oberkonsistoriums, Militär- und Honvédkommandos, Gerichtshofs, einer Finanz- und

^[Abb.: Wappen von Hermannstadt.]