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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Herzschlag - Herzverfettung.

sigkeitsausschwitzungen bei Herzbeutelentzündungen oder Herzbeutelwassersucht, Verwachsungen der Herzoberfläche, Geschwülste im vordern Mittelfellraum, H. herbei. Am häufigsten liegt indes der Grund in Entartungen der Herzwand selbst, wie sie bei chronischen Herzfehlern sich ausbilden (Myocarditis fibrosa oder parenchymatosa), oder in Verfettung der Wand, wie sie bei sehr blutarmen Personen, Schwindsüchtigen u. a. vorkommen kann. Ist der H. die Folge einer Vergiftung, oder spricht man von H., wenn der Tod in einem Anfall von Delirium oder Epilepsie sich plötzlich einstellt, so bedarf es des besondern Nachweises, daß das Herz früher als Gehirn oder Lungen gelähmt war, und da dieser Beweis sich anatomisch nicht erbringen läßt, so thut man besser, den Ausdruck H. nur auf die wirklich nachweisbaren, oben angeführten Todesarten anzuwenden.

Herzschlag (Herzschlechtigkeit), s. Dämpfigkeit der Pferde.

Herzschwielen, s. Herzentzündung.

Herzstärkende Mittel (Cardiaca), Arzneimittel, welche die gesunkene Lebensthätigkeit schnell, wenn auch nur vorübergehend, heben. Früher benutzte man Gewürzmischungen aller Art, jetzt meist Wein, Kognak, Kaffee, Thee, Kampfer, Äther und besonders Digitalis. Vgl. Erregende Mittel.

Herzstoß, s. Blutbewegung.

Herzthätigkeit, s. Blutbewegung.

Herztöne entstehen dadurch, daß bei der Zusammenziehung der Herzmuskulatur (Systole) wie bei der Erschlaffung derselben (Diastole) die verschiedenen Klappenapparate des Herzens plötzlich straff gespannt werden, etwa wie ein Stück Tuch, welches man mit beiden Händen kräftig anzieht. Man unterscheidet zwei verschiedene Töne, von welchen der erste durch die Spannung der zwei-, resp. dreizipfeligen Klappe bei der Systole, der zweite durch die Spannung der Wagentaschenklappen im Anfangsteil der großen Arterien bei der Diastole wahrgenommen wird (vgl. Blutbewegung, S. 61). Die H. sind wahrnehmbar, wenn man das Ohr direkt auf die Brust in der Herzgegend anlegt oder sich eines Hörrohrs (Stethoskops) bedient. Die H., welche beim normalen Menschen als reine Töne von gewisser mittlerer Stärke erscheinen, können in verschiedenartiger Weise krankhaft verändert sein. Zunächst können sie abnorm laut und kräftig erscheinen, besonders bei der Herzhypertrophie wie bei manchen Fällen von nervösem Herzklopfen, ohne daß die Reinheit der Töne gelitten hätte. Abnorm schwach erscheinen die H. bei Herzerweiterung, Entzündung des Herzbeutels und wässerigem Erguß in letzterm (Hydropericardium), ferner bei alten und sehr geschwächten Individuen und normalerweise, wenn das Herz von der linken Lunge überlagert ist, oder wenn das betreffende Individuum ein starkes Fettpolster besitzt. Ferner kommt es vor, daß die H. unrein werden und man statt eines Tons ein eigentümliches schabendes, reibendes oder unbestimmtes Geräusch hört, welches den Herzton entweder vollkommen verdeckt, oder ihn begleitet. Je nachdem dieses Geräusch bei der Systole oder Diastole auftritt, nennt man es ein systolisches oder diastolisches Geräusch; geht es dem Ton unmittelbar vorher, ein präsystolisches etc. In manchen Fällen sind auch beide Töne in Geräusche verwandelt. Diese Herzgeräusche im eigentlichen Sinn des Wortes kommen in allen Fällen durch Erkrankungen des Klappenapparats zu stande, sei es 1) durch frische oder chronische Auflagerungen auf den Klappen oder 2) durch Schrumpfungen und Verengerungen der Ausgangspforten des Bluts oder 3) durch Schrumpfungen der Klappen selbst, wodurch dieselben schlußunfähig werden (Inkontinenz oder Insuffizienz). Im ersten dieser Fälle kommt das Geräusch dadurch zu stande, daß das Blut über Rauhigkeiten strömt, welche kleine Wirbel oder Strudel in dem Blutstrom veranlassen, wodurch der Ton unrein wird, im zweiten Fall entstehen noch stärkere Strudel durch den Anprall der Blutmasse, welche nicht mit einem Schlag durch die verengerte Pforte (Stenose) getrieben werden kann, und im dritten Fall (der Klappeninsuffizienz) schließen die Klappen nicht mehr dicht, ein reiner Ton kann daher nicht zu stande kommen, und das regurgitierende Blut verursacht ein Geräusch. Die beiden letztern Zustände sind meist miteinander verbunden (s. Herzentzündung). Eine zweite Klasse von Herzgeräuschen findet man bei verschiedenen nervösen Herzkrankheiten, ohne daß sie jedoch in allen Fällen dabei vorhanden sein müßten. Besonders sind es die unter dem Namen des nervösen Herzklopfens, der Angina pectoris und der Basedowschen Krankheit bekannten Erscheinungen von krampfartigen Zuständen des Herzens, und es entstehen hierbei die Geräusche wahrscheinlich durch abnorme Spannungsverhältnisse der Herzmuskulatur. Noch schwieriger zu deuten sind die sogen. Blutgeräusche, bei welchen eine fehlerhafte Mischung der zelligen Elemente des Bluts, resp. eine allgemeine Verminderung der Blutmenge als Ursache anzusehen sind. Diese Blutgeräusche sind meistens durch ein eigentümliches Blasen charakterisiert und werden hauptsächlich bei bleichsüchtigen Personen oder bei Rekonvaleszenten von schweren Krankheiten beobachtet, weshalb man sie auch anämische Geräusche genannt hat. Sie sind im Gegensatz zu den eigentlichen Herzgeräuschen, welche konstant bleiben, von sehr wechselnder Intensität und verschwinden ab und zu gänzlich auch während der eigentlichen Krankheit. Ferner beobachtet man Geräusche bei angebornen Anomalien des Herzens sowie gelegentlich auch Doppeltöne, deren Deutung oft recht schwierig ist. Ein eigentliches Reibungsgeräusch tritt am Herzen konstant bei der Herzbeutelentzündung auf, hervorgerufen durch das Aneinanderreiben der rauhen, von geronnenem Faserstoff überzogenen Flächen des Herzbeutels mit der ebenfalls rauhen Herzoberfläche. Die Herzgeräusche, resp. die sonstigen Veränderungen der H. sind nach dem Gesagten nur Symptome von Krankheiten und somit nicht direkt Gegenstand der Behandlung. Sie gehen allmählich in die normalen H. über, wenn sich die betreffende Krankheit bessert oder gänzlich verschwindet. Ihre diagnostische Verwertung erfordert ein besonderes Studium und ist in einzelnen Fällen auch für den geübten Arzt eine schwierige Aufgabe.

Herzventrikel, s. v. w. Herzkammer, s. Herz.

Herzverfettung (Fettherz, Degeneratio adiposa cordis) bezeichnet ein Erlahmen des Herzmuskels, welches sich durch Herzklopfen bei körperlichen Anstrengungen (Treppensteigen, Bergtouren) kundgibt und sich zur vollständigen Herzlähmung (Paralysis cordis) steigern kann. Anatomisch unterscheidet man zwei Formen der H.: 1) Die fettige Metamorphose der Muskelfasern, wobei diese zuerst eine Trübung durch Einlagerung mikroskopisch kleiner Eiweißkörner erfahren, welche später in Fetttröpfchen umgewandelt werden und einen Zerfall und Schwund der Fasern herbeiführen. Diese Form der H. kommt bei vergrößerten und erweiterten Herzwandungen nach vorausgegangenen Herzfehlern sehr häufig vor und bedingt direkt den Stillstand des Organs; sie ist