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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Huhn

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Huhn (Rassen).

tiert. Weitere 18 oder 19 repräsentieren Züchtungen aus dem ältern, von Osten her eingeführten Material, und etwa ein Dutzend verschiedenen Ursprungs und großer Mannigfaltigkeit (Kaulhuhn, Strupphuhn, Haar-, Woll-, Seiden-, Negerhuhn etc.) gehören oder gehörten noch vor kurzem zu den "nicht klassifizierten" Rassen, d. h. zu denen, welche für die Liebhaberei wenig oder keine Bedeutung haben. Die Einteilung der Rassen in Luxus- und Wirtschaftshühner hat zwar praktischen Wert, aber die Grenzen beider Abteilungen fließen doch mannigfach durcheinander. Wir führen zur Bequemlichkeit des Lesers die hauptsächlich in Betracht kommenden Rassen nach Reihenfolge der Abbildungen auf.

1) Das englische Kampfhuhn, aus Südostasien stammend und schon seit langer Zeit sportmäßig und in England in mindestens zehn rezipierten Farbenschlägen gezüchtet und zum Kampfe vor- und zubereitet. Eine in Belgien u. Nordostfrankreich seit langem heimische Rasse weicht in plastischen und Farbenverhältnissen von der englischen nicht unbedeutend ab. Normannenhuhn (Poule de combat du Nord). Wirtschaftlich unbedeutend.

2) Malaien, wahrscheinlich Stammrasse der Kampfhühner und (nach Blyth) selber von der burmesischen Rasse des Bankiva abstammend. Die Malaien kennzeichnen sich durch ihre aufrechte, herausfordernde Haltung, welche durch den vorstehenden Augenbrauenknochen, das feurig-trotzige Auge und den hakenförmig gekrümmten Schnabel noch erhöht wird. Wirtschaftlich ohne Bedeutung.

3) Jokohamas, in Japan herausgezüchtet, wie so manche andre auffallende Rasse. In Figur, Haltung und Schwanzbildung des seit einigen Jahren ebenfalls aus Japan eingeführten prachtvollen Phönixhahns mit 6 Fuß langen, schleppenden Schwanzfedern. Beide sind Luxushühner.

4-6) Weiße, gelbe, schwarze Kochinchinas, nebst den Brahmaputras die Riesen der Hühnerwelt. Groß und kompakt gebaut, 8-11 (engl.) Pfd., junge Hühner 7-9 Pfd. schwer, geben sie reichliches, aber nur in der Jugend zartes Fleisch, sind auch gute Leger, Brüter und treue Führer der Jungen. Dasselbe gilt auch von den Brahmaputras oder kurzweg Brahmas genannt (Fig. 8). Beide werden (früher mehr als jetzt) zu Kreuzungen mit andern Rassen verwendet.

7) Bredas, eine belgische Rasse, in Deutschland Krähenschnabel genannt, ausgezeichnet durch Mangel des Kammes, an dessen Stelle eine mit roter Haut überzogene, bis fast zur Mitte des Schädels reichende, flache Vertiefung tritt. Schlechte Brüter, mittelmäßige Eierleger, liefern sie doch ein gutes Fleisch.

9) Crève-coeurs, nebst den Laflèches (Fig. 10) und Houdans (Fig. 12) die geschätztesten französischen Wirtschaftshühner, in Frankreich gute Leger meist großer Eier und vortreffliche Fleischlieferanten (Poularden etc.). In Deutschland zu Wirtschaftsrassen noch nicht genügend akklimatisiert. Dasselbe gilt von den Kreuzungen mit andern französischen Rassen. Die Crève-coeurs und Houdans (jene meist einfarbig schwarz, diese schwarz und weiß gefleckt) sind kompakte, kurzfüßige Gestalten, die Laflèches hochgestellt. Alle drei haben von denen der übrigen Hühnerrassen sehr verschiedene und auch unter sich abweichende Kämme: der des Crève besteht aus zwei fleischigen, roten, nach außen gebogenen "Hörnern", während die Hörner des Laflèche fast lotrecht aufsteigen und der Kamm des Houdan einige Ähnlichkeit mit den Blättern eines geöffneten Buches aufweist. Von gleich wirtschaftlichem Wert ist das englische Dorkinghuhn (Fig. 11). Von noch kompakterm Wuchs als die französischen Rassen und ein Gewicht von 10-14 (zuweilen 15) engl. Pfd. (alte) und von 8-11 Pfd. (junge Hühner) erreichend, mit mächtigem einfachen oder Rosenkamm und kurzen, stämmigen Beinen, zeigen sie eine erbliche Neigung zur Fleisch- und Fettbildung, sind keine guten Leger, aber vortreffliche Brüter und Mütter. Für Deutschland noch nicht reif. Ihnen im Wert ziemlich nahestehend und härter sind zwei englisch-amerikanische Rassen, die Plymouth Rocks und die Dominics. Eine wahrscheinlich von Hamburg nach England eingeführte und dort Hamburghs genannte Rasse gehört zu den schönsten und typischen Hühnerrassen. Die Farbenschläge (Varietäten) der Gold- und Silbersprenkel sind von überraschender Sauberkeit der Zeichnung und übertreffen hierin nicht nur die Gold- und Silbertupfen (Gold- und Silberlack), sondern auch die gerühmten Sebright-Bantams, nicht aber die mindestens gleich regelmäßige, oft noch feinere mancher deutscher Landhühner, von denen sie vielleicht abstammen.

Italiener (Leghorns, Livorneser) und Spanier (Fig. 13, 14), welche man unter dem Namen Mittelmeerrassen zusammenfaßt, kommen einander, wenn nicht in der Figur etc., so doch in ihren wirtschaftlichen Eigenschaften als äußerst fruchtbare Leger großer Eier, gleich. Das beiden gemeinsame Kennzeichen ist der große, einfache, tief ausgezackte Kamm, welcher bei den Hähnen aufrecht steht, bei den Hühnern seitlich überhängt. Das italienische H., noch heute den Landhühnern der alten Römer gleichend, hat gelben Schnabel und gelbe Beine; bei den Spaniern sind beide dunkelfarbig. Aus der hübschen spanischen Urform (Tscherkessen) hat die Liebhaberei ein schweres Sporthuhn mit riesigen, häßlichen, weißen Ohrlappen gebildet. Beide Rassen kommen in verschiedenen Farbenschlägen vor.

Die Brabanter Rasse (Fig. 15) sowie die Paduaner (Polands, Fig. 16) und Holländer sind Vollhaubenhühner, von denen es gleichfalls viele Farbenschläge gibt, legen zwar ziemlich fleißig, aber die Eier sind klein, die Tiere wenig abgehärtet, die Aufzucht nicht ohne Schwierigkeit; ihr Hauptwert liegt (bei den Paduanern und Brabantern) in der Zartheit des Fleisches und übrigens in der Liebhaberei.

Die noch übrigen Rassen: das Strupphuhn (Fig. 17) und die eingangs genannten Spielarten, ferner die Zwerghühner und Bantams (von letztern gibt es eine Anzahl meist in Japan und England gezüchteter, sehr schöner Zierhühner, zum Teil in hübschen Farbenschlägen), haben kaum ein ernstes wirtschaftliches Interesse. Wir nennen deshalb die schönsten unter ihnen nur der Vollständigkeit halber. Am interessantesten sind wegen der Züchtungskunst die hennenschwänzigen (Hahn) Gold- und Silberbantams (Sebrights), dann die genauen zwerghaften Abbilder der Kämpfer, die Zwergform der Kochins und die prächtigen japanischen Bantams.

Schließlich sind noch die verschiedenen sogen. Landhühnerschläge und -Rassen anerkennend zu erwähnen. Drei der letztern, das Siebenbürger Nackthalshuhn, das Ramelsloher und das russische Bataschow-Huhn, wie es nach seinem Entdecker wohl genannt wird, sind interessante Erscheinungen. Einige Farbenschläge der Landhühner (Hahn und Henne) übertreffen selbst viele der Sportrassen an Farbenpracht und Zeichnung, zugleich aber auch an ökonomischem Wert, sowohl als fleißige Eierleger wie als Fleischhühner. Die steirischen Poularden geben in der That den französischen und italienischen nichts nach.