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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hypermeter - Hypertrophie.

Hypermeter (griech., hypermetrischer Vers), in der Metrik ein Vers mit einer die gesetzmäßige Länge überschreitenden Schlußsilbe, welche mit den Anfangssilben des folgenden Verses mittels Elision zusammengelesen wird.

Hypermetropie (griech.), s. Übersichtigkeit.

Hypermnestra, eine Danaide, s. Danaos.

Hyperocha (griech., "Überschuß"), dasjenige, was nach Abzug der Forderung des Pfandgläubigers und der etwanigen sonstigen Hypotheken von dem Kaufpreis eines verkauften Pfandes übrigbleibt. Diesen Rest erhält der Pfandschuldner.

Hyperoon (griech.), das Obergeschoß des griechischen Hauses.

Hyperopie (Hypermetropie) s. Übersichtigkeit.

Hyperorthodoxie (griech.), Überrechtgläubigkeit; vgl. Orthodoxie.

Hyperostosis (griech., "Knochenwucherung"), flache Wucherung und Verknöcherung der Beinhaut, kommt bei chronischen Entzündungen der Knochen vor; s. Knochenhautentzündung.

Hyperoxyd, s. v. w. Superoxyd, s. Oxyde.

Hyperphysik (griech.), die Naturerklärung, welche übernatürliche Ursachen in ihre Ergründung aufnimmt; hyperphysisch, über das Natürliche hinausgehend, übernatürlich.

Hyperplasie (griech.), Vermehrung zelliger Gewebsteile, s. Hypertrophie.

Hypersophie (griech.), Überweisheit, Superklugheit.

Hypersthen (Paulit), Mineral aus der Ordnung der Silikate (Augitreihe), hat seinen Namen angeblich von der größern Härte im Vergleich zu andern Gesteinen der Augitgruppe, nach andern vom Überwiegen des Eisenoxyduls. Er kristallisiert rhombisch, findet sich auch derb in individualisierten Massen und körnigen Aggregaten, auch eingesprengt, als Gemengteil von Gesteinen und als Geschiebe. Er ist meist dunkel, grünlichschwarz, sehr wenig durchscheinend, glasglänzend, schillert auf der vollkommenen Spaltfläche metallartig, oft rötlich und bläulich, Härte 6, spez. Gew. 3,3-3,4, besteht wie Bronzit aus einer isomorphen Mischung von kieselsaurer Magnesia MgSiO3 ^[MgSiO<sub>3</sub>] und kieselsaurem Eisenoxydul FeSiO3 ^[FeSiO<sub>3</sub>], ist aber eisenreicher als jener. Die Grenze zwischen beiden Mineralien ist völlig willkürlich, und anderseits hängt auch der Enstatit mit dem Bronzit eng zusammen. H. bildet mit Labrador den Hypersthenfels oder Hypersthenit (s. d.) und kommt auch im Gabbro vor. Fundorte: St. Paulsinsel, Labrador, Kanada, New York, Harz, Nassau, Penig in Sachsen, Insel Skye, Norwegen, auf Hohlräumen trachytischer Gesteine am Mont Dore und in Persien. H. dient als Schmuckstein und zu Ornamenten.

Hypersthenit (Hyperit), gemengtes kristallinisches Gestein, ein grob- oder feinkörniges Aggregat von vorwaltend Labrador und Hypersthen, untergeordnet Magneteisen, Titaneisen und Apatit, zu denen accessorisch noch Eisenkies, Granat und Glimmer hinzukommen können. Von den nicht zahlreichen Fundorten wird am meisten die St. Paulsinsel an der Labradorküste genannt, weil das dort brechende Material zur Herstellung von Vasen etc. dient. Verwandt mit dem H. ist der Norit von der norwegischen Insel Hitteröe, ein Gestein, welches außer den Bestandteilen des Hypersthenits noch Orthoklas und Quarz enthält.

Hypertrichosis, s. Haarmenschen.

Hypertrophie (griech.), die "übermäßige Ernährung" der Körperteile und die sich hieraus ergebende Zunahme des Volumens und des Gewichts derselben. Die H. ist ein krankhafter Vorgang und besteht in der Neubildung von Geweben, welche denjenigen des gesunden Organismus in Bezug auf Größe, Gestalt, Anordnung und Verrichtung gleich sind (Homöoplasie, im Gegensatz zu den Gewächsen und Geschwülsten). Die H. ist entweder eine wahre oder einfache H., wobei die Gewebselemente (Zellen, Fasern etc.) zwar in normaler Menge vorhanden, aber vergrößert sind, oder eine numerische H. (auch Hyperplasie genannt), wenn alle oder doch die wesentlichen Gewebselemente an Zahl zugenommen haben. Die einfache und numerische H. gehen vielfach ineinander über oder kommen nebeneinander vor. Die H. betrifft bald das ganze Organ, z. B. einen Muskel, eine Drüse, bald nur einen Teil desselben, und in dem letztern Fall bleibt es unentschieden, ob man die Neubildung als H. oder als Geschwulst bezeichnen will. Die einfache sowohl als die numerische H. wird geradezu an allen Organen des Körpers, wenn auch nicht an allen gleich häufig, beobachtet. Die Gestalt der betreffenden Organe wird dadurch meist so wenig wie ihre sonstigen physikalischen Eigenschaften verändert, nur werden die Organe eben größer und schwerer. Anders freilich verhält sich dies bei der sogen. falschen H. Diese stellt sich zwar ebenfalls als Vergrößerung des Organs unter Beibehaltung seiner bisherigen Form dar, aber die innere Struktur und Textur der Teile ist dabei erheblich verändert. Denn die Vergrößerung beruht hier entweder auf einseitiger Zunahme nur des Bindegewebes, die zuweilen selbst mit Verdrängung und Untergang der wesentlichen Gewebsbestandteile verbunden ist, oder auf Einlagerung fremdartiger Substanzen und fremdartiger Gewebselemente in und zwischen die normalen Gewebsteile. Die falsche H. der Leber z. B. beruht bald auf Zunahme des in der Leber normal vorkommenden Bindegewebes, mit oder ohne Untergang der eigentlichen Leberzellen, bald auf Einlagerung von Fett und amyloider Substanz in die Drüsenzellen und Blutgefäße der Leber, bald endlich auf Einlagerung farbloser Blutkörper (Leukämie) oder massenhafter kleiner Rundzellen (Syphilis) zwischen die Zellen und Blutgefäße der Leber etc. Als falsche H. werden also ganz verschiedenartige Zustände bezeichnet, denen als gemeinsames Symptom nur die Vergrößerung des Organs zukommt, während die chemischen und physikalischen Eigenschaften desselben mannigfach abgeändert erscheinen und seine wesentlichen Gewebselemente jedenfalls nicht hypertrophisch, eher vom Untergang bedroht sind. Die Hypertrophien unterliegen denselben Gesetzen des Wachstums, der Ernährung, der Rückbildung und Erkrankung wie die normalen Gewebe und Organe. Die echte H. bewirkt meist eine Steigerung der Verrichtungen, die falsche H. fast immer das Gegenteil davon. Die Ursachen der echten H. sind: übermäßige Funktionierung, mechanische und chemische Reize der verschiedensten Art, vikarierende Verrichtung (z. B. wenn die eine Niere auch für die andre, durch Krankheit zerstörte Niere den Harn mit abscheiden muß, oder wenn bei Erkrankung beider Nieren das Herz größere Arbeit zu leisten hat, um das Blut durch die verminderten Drüsenabschnitte zu treiben). Zahlreiche Hypertrophien aber entstehen spontan, d. h. wir kennen ihre Ursachen nicht. Die falsche H. beruht großenteils auf chronischer Entzündung (namentlich diejenige Form, welche als einseitige Bindegewebsvermehrung auftritt) sowie auf verschiedenen andern Grundkrankheiten. Die Symptome und Folgen der H. sind bei den einzelnen Organen so überaus verschieden, daß sich darüber keine allgemeinen Sätze aufstellen lassen. Vgl. Virchow, Cellularpathologie (Berl. 1871).