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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Infanteriekanonen; Infantia; Infanticida; Infarkt

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Infanteriekanonen - Infarkt.

schritte im Waffenwesen, die Einführung der gezogenen wie der Hinterladungsgewehre und die gleichmäßige Bewaffnung der gesamten I. mit denselben vermischte nach und nach die frühern hierauf begründeten Unterschiede in der I. Als aber durch die Erfahrungen der Kriege von 1866 und 1870/71 die Taktik der Kompaniekolonnen, welche von jeder Kompanie die gleiche Befähigung zum Schützenkampf forderte, zur Geltung kam, wurden 1876 die Züge der dritten Glieder beseitigt. Eine verschiedene Verwendung einzelner Teile der Kompanien ist ausgeschlossen, die ausgedehnte Anwendung des Schützenkampfes erfordert, daß nicht nur Kompanien, sondern ganze Regimenter und Brigaden in denselben eingreifen. Wir haben jetzt also in der That eine Einheitsinfanterie. Die beibehaltenen Bezeichnungen Grenadiere, Musketiere und Füsiliere sind nominell und haben nur Bedeutung in der Erhaltung geschichtlicher Erinnerungen. Auch unsre Jäger (s. d.) machen keine Ausnahme mehr, die ihnen allerdings 1866 nach dem Reglement noch gewahrt war, durch den Kampf selbst aber aufgehoben wurde. Immerhin werden die Jäger vorzugsweise der Avantgarde und Detachements zugeteilt. Das deutsche Reichsheer hat 165 Infanterieregimenter, von diesen sind 11 Garde-, 19 Grenadier- und 19 Füsilierregimenter, ferner 20 Jägerbataillone; Frankreich hat 144 Infanterieregimenter, 30 Jägerbataillone; England 112 Infanterieregimenter mit zusammen 144 Bataillonen und 1 Schützenbrigade mit 4 Bataillonen; Italien 96 Linieninfanterie-, 12 Bersaglieriregimenter, 72 Alpenkompanien in 6 Regimentern; Österreich 102 Infanterieregimenter, 1 Tiroler Jägerregiment, 32 Jägerbataillone; Rußland 192 Infanterieregimenter, 50 Schützenbataillone, 103 Reserveinfanterie-, 164 Ersatzbataillone. Vgl. Rüstow, Geschichte der I. (2. Aufl., Nordhaus. 1864); Jähns, Handbuch der Geschichte des Kriegswesens (Leipz. 1880); Derselbe, Heeresverfassungen und Völkerleben (Berl. 1885); v. Boguslawski, Die Hauptwaffe in Form und Wesen (das. 1880).

Infanteriekanonen, leichte Geschütze, die zuerst von Gustav Adolf den Regimentern, später den Bataillonen (daher Regiments- oder Bataillonsartillerie) der Infanterie beigegeben, auch von dieser bedient wurden. Sie gingen bald in alle Armeen über und wurden in wechselndem Geschick wieder abgeschafft und eingeführt. Sie tauchten unter Karl XII. vorübergehend wieder auf, um dann durch Friedrich II. zu größerer Bedeutung zu gelangen. Napoleon folgte dem Beispiel des letztern im Feldzug 1809 gegen Österreich. Die ehemaligen Gründe für die Einführung der I., der Infanterie eine kräftige Stütze zu geben, die jederzeit zur Hand ist, sind mit der alten Kampfweise und bei der erlangten großen Beweglichkeit der Feldartillerie geschwunden; doch läßt sich nicht behaupten, daß sie nicht nochmals eine Rolle spielen sollten. Ähnlicher Art waren die Amüsetten (s. d.). Vgl. "Die Einführung einer Infanteriekanone" (Paderb. 1884).

Infantia (lat.), Kindesalter (s. Alter, S. 419).

Infanticida (lat.), Kindesmörder, Kindesmörderin; Infanticidium, Kindesmord.

Infarkt (lat. Infarctus, griech. Emphraxis, "Anschoppung, Verstopfung"), in der Medizin ursprünglich von der Verstopfung der Därme durch harte Massen gebraucht, namentlich durch verhärtete Kotknollen oder durch unverdaute und ungekaute Speisen, z. B. durch grobe Fleisch- und Sehnenstücke u. dgl. In der ältern Medizin spielte die Lehre von den Infarkten des Darms eine ungebührlich große Rolle, weil man in den Infarkten, die in Wirklichkeit aus verhärteten Kotmassen, eingedicktem Darmschleim oder aus groben unverdauten Speiseteilen bestehen, einen eigentümlichen Krankheitsstoff erblickte, welcher von der Darmschleimhaut, aus den Pfortaderwurzeln oder von den großen Unterleibsdrüsen (Leber, Milz) her in die Darmhöhle abgeschieden sein und sich daselbst in gefahrbringender Weise angehäuft haben sollte. Diese Vorstellung ist von den Ärzten indes längst als unrichtig erkannt worden. Gegenwärtig wird der Ausdruck I. zwar auch noch von der Verstopfung des Darmrohrs durch harte Fäkalmassen oder unverdauliche Ingesta gebraucht; gewöhnlich aber denkt man dabei nur noch an den hämorrhagischen I., d. h. an die Infiltration der Parenchyme durch ergossenes Blut. Der hämorrhagische I. oder Blutknoten kommt vorzugsweise in den Lungen, der Milz und den Nieren vor. Er tritt hier in Gestalt größerer oder kleinerer (in der Lunge bis faustgroßer, in den Nieren meist nur bohnengroßer) Knoten von keilförmiger Gestalt auf, welche sich durch ihre Härte von dem umgebenden weichern Gewebe leicht abgrenzen lassen. Der Rücken des Keils entspricht der Oberfläche, seine Spitze dem Innern des betreffenden Organs. Die hämorrhagischen Infarkt entstehen durch allmähliches Aussickern des Bluts aus den feinsten Gefäßen, wobei die Blutkörperchen sich zwischen die Gewebselemente und in die von diesen gebildeten Hohlräume (z. B. Lungenbläschen, Harnkanälchen etc.) einlagern und das Parenchym der Organe förmlich erdrücken. Anfänglich ist der hämorrhagische I. auf der Schnittfläche dunkel blutrot und feucht; später, wenn das Blut geronnen ist, wird er trockner und fester, bleibt aber noch düster braunrot. Allmählich jedoch erblaßt der I., wird hellgelb, sehr trocken und fest; dabei verkleinert er sich, und schließlich verschwindet er gänzlich unter Hinterlassung einer bräunlich gefärbten, tief eingezogenen Narbe. Die Ursache der Infarktbildung liegt in einer plötzlich auftretenden Verstopfung der blutzuführenden Arterie eines Gebiets, und diese Verstopfung erfolgt durch Blutgerinnsel auf dem Weg der Embolie (s. d.). Beim hämorrhagischen I. der Lungen, welcher bei gewissen Herzkrankheiten häufig als Folge der dauernden starken Druckerhöhung in den kleinen Gefäßen ohne Embolie vorkommt, gelangt ein Teil des ergossenen Bluts in die Luftröhrenäste und wird ausgehustet (Bluthusten, hämoptoischer I.). Der Ausgang der metastatischen, d. h. durch verschleppte Blutgerinnsel bedingten, Infarkte richtet sich ganz nach der Beschaffenheit und der Quelle dieser Pfröpfe. Sind dieselben "blande" unschädliche Gerinnsel, so stirbt der infarcierte Bezirk einfach ab, verfettet und schrumpft zu einer Narbe; waren dem Embolus vermehrungsfähige Bakterien oder fermentartige faule Substanzen beigemischt, wie bei vielen Wundfiebern, so bildet sich um den I. eine demarkierende Entzündung mit Eiterung oder Jauchung aus, welche weit um sich greifen, bei den Lungen das ganze Brustfell, bei der Milz das Bauchfell ergreifen und den Tod herbeiführen kann. Die meist nicht sehr umfänglichen Infarkte der Nieren bedingen vorübergehendes Blutharnen. Milz- und Niereninfarkte werden vorzugsweise bei Entzündung der Klappen in der linken Herzhälfte beobachtet, Lungeninfarkte dagegen schließen sich an die Erweiterung des rechten Vorhofs und der rechten Herzkammer an. An den ursprünglich erkrankten Stellen des Herzens bilden sich die Gerinnsel, welche mit dem Blutstrom verschleppt und die unmittelbare Ursache der Infarkte