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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Italienische Litteratur

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Italienische Litteratur (Gegenwart; Litteraturgeschichte).

Bozzo u. a.; über die Päpste Bosio ("Storia popolare de' Papi") und Malfatti ("Imperatori e papi ai tempi della signoria dei Franchi"); über den Kirchenstaat Farini ("Lo stato romano"). Die florentinische Geschichte behandelt das lange erwartete und mit großer Anerkennung begrüßte Werk Gino Capponis ("Storie fiorentine"). Über allgemeine italienische Geschichte schrieben ferner Ranalli ("Storie italiane"), La Farina ("Storie d'Italia dal 1814 al 1849"), Farini ("Storia d'Italia dal 1814 al 1823"), Gualterio ("Degli ultimi rivolgimenti italiani"), Emiliani-Giudici ("Storia dei comuni italiani"), Cantù ("Storia degli Italiani"), Fabio Mutinelli ("Storia arcana e aneddotica d'Italia"), Antonio Ranieri ("Della storia d'Italia dal quinto al nono secolo"), A. Cosci ("L'Italia durante le preponderanze straniere"). Als Geschichtschreiber sind sonst noch rühmlich bekannt Carlo Troya, Tullio Dandolo, Cesare Balbo, Brofferio, Carlo Cipolla ("Storia delle Signorie italiane"), Ruggiere Bonghi, Gius. Guerzoni ("Garibaldi"), Petruccelli della Gatina, Enrico Poggi; Domenico Ghetti u. a. Auffallend ist die Erscheinung, daß die Geschichtschreibung der Italiener sich fast ausschließlich auf die Geschichte Italiens beschränkt; Cantùs "Storia universale", neuerdings Broglios Werk "Il regno di Federigo II. di Prussia" u. a. sind vereinzelte Ausnahmen. Auch auf dem Gebiet der allgemeinen Litteratur- und Kunstgeschichte tritt diese Thatsache auffällig hervor, und, von De Gubernatis' umfangreicher, erst jüngst vollendeter "Storia universale di letteratura" abgesehen, ist kaum ein namhafter Versuch zu verzeichnen; dem Bedürfnis genügen die Übersetzungen einiger deutscher und französischer Werke. Was aber die heimische Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte betrifft sowie die römische Archäologie, so fehlt es in Italien auch in der neuern Zeit nicht an verdienstlichen Originalarbeiten. Von neuern italienischen Litteraturgeschichten wird am Schluß dieses Artikels die Rede sein. Archäologie und Kunstgeschichte wurden bearbeitet von Giuseppe Bossi, Fumagalli, Giulio Ferrario, Rosini, Inghirami, Rosellini, Cicognara, Cicogna, mit ganz besonderm Erfolg aber von Ennio Quirino Visconti. Die Archäologie hat an dem Grafen Borghesi und an Fiorelli, die italienische Kunstgeschichte an P. Selvatico, Ranalli und Cavalcaselle eifrige Pfleger gefunden. In jüngster Zeit haben die Italiener für den Orient sich zu interessieren angefangen; die Sanskritstudien sind mit Erfolg betrieben worden von Gorresio, dem Übersetzer des "Ramayana", von Flecchia, Ascoli und dem fleißigen, rasch zu europäischem Ruf gelangten De Gubernatis.

Die Philosophie war in diesem Zeitraum, soweit sie nicht in den Banden der Orthodoxie gefangen blieb, von deutschem Geist beeinflußt. Namentlich war und ist auf den Lehrkanzeln von Neapel die deutsche Spekulation vertreten. Kant fand daselbst begeisterte Jünger an Galluppi und Colecchi, Hegel an Bertrando Spaventa und Augusto Vera, Männern, welche durch ihre Schriften sowie durch die Schüler, die sie bildeten, von großem Einfluß auf Italien gewesen sind. Etwas unabhängiger stellten sich dem Ausland gegenüber Antonio Rosmini (gest. 1855) und Vincenzo Gioberti (gest. 1852), ersterer ein Denker von großem Scharfsinn, der begabteste spekulative Kopf des modernen Italien, aber durch seine priesterliche Stellung in den Schranken orthodoxer Scholastik festgehalten, letzterer gleichfalls hochbegabt, aber von derselben Fessel umschnürt und im übrigen fast ganz aufgehend in patriotisch-nationalen Tendenzen. Die italienische Philosophie selbständig zu machen und die heimischen Anfänge weiterzubilden, war auch das Bestreben Terenzio Mamianis. Diesen mehr zaghaften Bestrebungen der national-italienischen Schule trat mit lebhafter Polemik Ausonio Franchi entgegen, ein kühner, von den kirchlichen Fesseln völlig emanzipierter Denker. Die Philosophie der Geschichte bereicherte Giuseppe Ferrari mit wertvollen Arbeiten. Als ein geschichtsphilosophischer Autor von Bedeutung mag hier auch Luigi Andrea Mazzini (Bruder Giuseppes) erwähnt sein, der Verfasser des geistvollen, auch ins Deutsche übersetzten Werkes "Italien und die moderne Zivilisation". Auch in jüngster Zeit herrscht eine ziemliche Rührigkeit auf philosophischem Gebiet; die verschiedensten Richtungen sind da vertreten: der Hegelianismus in den Schülern Spaventas, der französisch-englische Positivismus (die Schule Comtes); auch Herbart zählt Anhänger, und nach wie vor ist die streitbare kirchengläubige Phalanx ziemlich beträchtlich. Zu den bekanntesten Namen in letzterer zählen Augusto Conti und Vito Fornari. Eine Geschichte der modernen Philosophie lieferte neuerdings G. B. Bertini. Die Psychologie im Zusammenhang mit der Physiologie behandelte Paolo Mantegazza in verschiedenen Schriften in der sinnigen Weise Michelets. Über Spinoza und Vico schrieb Sacchi, über Hume A. Paoli, über Kant Cantoni, über Hartmann Bonatelli ("La filosofia dell' inconscio"). - Was die Jurisprudenz dieser Periode anbetrifft, so ist vor andern der anfangs wenig gewürdigte, später gefeierte Romagnosi (gest. 1835) namhaft zu machen. - In den Naturwissenschaften sind die Namen Sebastiani Franchi, Micheli, Giuseppe Ginanni, Vilaliano Donati, Savi, Viviani, Bertoloni, Redi, Felice Fontana, Lazaro Spallanzani und Volta zu nennen, deren Verdienste zu allen Zeiten anerkannt bleiben werden, und welchen in neuerer Zeit Gelehrte wie der Physiker Melloni, die Mathematiker Lagrange und Libri, die Astronomen Secchi, Schiaparelli, Donati, der Physiolog Bonucci, der Meteorolog L. Palmieri u. a. in würdiger Weise sich angereiht haben.

Litteratur.

Vgl. außer den oben genannten ältern Schriften: Ginguené, Histoire littéraire de l'Italie (Par. 1811, 9 Bde.; italienisch von Perrotti, Flor. 1823-1826, 12 Bde.), fortgesetzt von Salfi (Par. 1823-35, 4 Bde.); Ruth, Geschichte der italienischen Poesie (Leipz. 1844-47, 2 Bde.; unvollendet); Ebert, Handbuch der italienischen Litteratur (Marb. 1854); Cimorelli, Origine e progressi delle belle lettere italiane (Mail. 1845); Giudici, Storia delle belle lettere in Italia (2. Aufl., Flor. 1855, 2 Bde.); De Sanctis, Storia della letteratura italiana (das. 1872, 2 Bde.); Settembrini, Lezioni di letteratura italiana (3. Aufl., das. 1875); A. Bartoli, Storia della letteratura italiana (das. 1878-84, Bd. 1-4 u. 7; deutsch von Reinhardstöttner, Hamb. 1881 ff.); die von Villari herausgegebene "Storia letteraria d' Italia" (Mail. 1880 ff., 8 Bde.), bearbeitet von Tamagni und d'Ovidio (römische Litteratur), Bartoli ("I primi due secoli della letteratura italiana"), Invernizzi ("Il risorgimento"), Canello ("Il cinquecento"), Morsolin ("Il seicento"), Zanella (Neuzeit); Sauer, Geschichte der italienischen Litteratur (Leipz. 1883); Gaspary, Geschichte der italienischen Litteratur (Berl. 1884, Bd. 1); De Gubernatis, Ricordi biografici (Flor. 1873); Pitrè, Profili bio-^[folgende Seite]