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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Juden

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Juden (im neupersischen Reich; unter den Mohammedanern in Asien und Afrika).

tung. M. Antoninus Pius (138-161) milderte sie zwar, aber Mark Aurel (161-180) glaubte bei neuen Unruhen dieselben wieder verschärfen zu müssen. Mit der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion unter Konstantin d. Gr. (311-337) traten nur die Beschränkungen in den bürgerlichen Rechten der J. ein, die zum Schutz des Christentums der Regierung notwendig erschienen, wie das Verbot des Übertritts vom Christentum zum Judentum, der Verschwägerung von J. und Christen. Anderseits wurden die J. vor dem Groll der Proselyten geschützt, die Verletzung ihrer Synagogen strafrechtlich verfolgt. Neue Synagogen zu bauen, war ihnen verboten, die bestehenden zu benutzen und zu restaurieren, ihnen gestattet. Die jüdischen Verhältnisse wurden den christlichen gegenüber mit großer Mäßigung geordnet, und wenn den J. später der Eintritt in das Heer und in öffentliche Ämter versagt wurde, so blieb ihnen die Advokatur und der Verwaltungsdienst der städtischen Kurien offen. Gallus, Schwager und Mitregent des Constantius (337-361), welcher J. und Arianer zu einer Verschwörung veranlaßt hatte, wütete gegen die Empörer, legte Tiberias in Asche und setzte beim Kaiser die zeitweilige Erneuerung der Hadrianischen Gesetze durch. Der von Julianus (361-363) begünstigte Versuch der J., den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen, scheiterte 336. Die ihnen von seiten der Kaiser reichlich zu teil werdende Gunst reizte den Pöbel oft, über die J. herzufallen und sie zu verfolgen. Auch die Bischöfe beunruhigten sie durch übergroßen Bekehrungseifer und veranlaßten Verfolgungen, wie z. B. Ambrosius von Mailand (384), Cyrillus von Alexandria, trotz des kaiserlichen Schutzes. Auch Hieronymos, der sein hebräisches Wissen wohl J. verdankte, legte seine Unduldsamkeit gegen sie an den Tag. Was das innere Leben der J., vornehmlich im Mutterland Palästina, während dieser Periode anbelangt, so schien dieses sich um so schöner zu entfalten, je mehr sie in ihrem nationalen Unglück Trost im Studium ihrer Litteratur suchten und den Mittelpunkt ihres Schaffens in dieselbe legten. (S. Jüdische Litteratur.)

b) Geschichte der Juden im neupersischen Reich.

Hier waren schon vor der Auflösung des jüdischen Staats viele J. ansässig. Ihre Zahl vermehrte sich während der Kriege mit den Römern bedeutend, und bald waren die Euphratländer die Heimat zahlreicher J. geworden, die in Ardschir, Apamia, Nahardea, Nares, Ktesiphon, Pumbedita, Sura, Machusa, Matamechassia bedeutende Gemeinden bildeten. Diese B'ne gola, "Exulanten", standen unter einem von der Regierung abhängigen Exilarchen, "Resch galuta", dem, solange die religiösen Angelegenheiten der J. von Palästina aus geregelt wurden, nur rein weltliche Geschäfte oblagen. Mit den Palästinensern wetteifernd, gründeten die babylonischen J. Lehrhäuser in Nahardea, dem gewöhnlichen Wohnsitz des Resch galuta, Sura und Pumbedita, welche ein hohes Ansehen erreichten und die im Stammland, mit dem man in reger Verbindung blieb, bald überflügelten. Ein Schuloberhaupt Suras, R. Aschi (367-427), begann die Redaktion des babylonischen Talmuds (s. d.), die durch Maremar, Rabina, Mar bar R. Aschi und deren Zeitgenossen ihren Abschluß fand. Unter den neupersischen Herrschern Jesdegerd II. (455-458) und Firuz (471-484) wurden die J. furchtbar verfolgt und in ihren Rechten beschränkt. Um diese Zeit (ca. 490) soll eine Auswanderung babylonischer J. unter Joseph Rabban nach Indien stattgefunden, und sie sollen dort einen kleinen jüdischen Freistaat in Cranganor gebildet haben; als sie 1510 von den Portugiesen von dort vertrieben worden seien, habe ihnen der König von Kotschin eine Strecke Landes zum Wohnsitz angewiesen. Zu Anfang des 6. Jahrh. (511-518) erkämpfte der Exilarch Mar Sutra eine nur sieben Jahre dauernde Unabhängigkeit der persischen J., die unter Kobad (518-531) wieder strengen Verfolgungen ausgesetzt waren. Das Exilarchat erlosch auf einige Zeit. Chosroes Nuschirwan war, obwohl er Christen und J. eine Kopfsteuer auferlegte, den J. doch im allgemeinen gewogen. Während fast eines Jahrhunderts ging die Regelung des religiösen Lebens der J. von den Schuloberhäuptern aus, die nach Abschluß des Talmuds fungierten und ihrer Thätigkeit, die sich auf Gutachtengeben beschränkte, wegen Saboräer genannt wurden. (Über das innere Leben der J. dieser Zeit s. Jüdische Litteratur, S. 296.) Chosroes II. behandelte die J. weniger hart und grausam als sein Vorgänger. Mit ihm schlossen die J. Palästinas, 26,000 an der Zahl, in der Hoffnung, die Macht der Christen zu brechen, ein Bündnis gegen den Kaiser Heraklios und halfen den Persern Jerusalem erobern, das wieder zu besitzen sie vergeblich gehofft hatten. Der sich siegreich entfaltende Islam brachte auch die J. in Asien und Afrika bald unter seine Oberhoheit.

c) Die Juden unter den Mohammedanern in den asiatischem und afrikanischen Ländern.

Mit dem Vordringen des Islam in Asien, Afrika, Spanien und Sizilien beginnt für die J. eine neue Epoche regern, freiern Schaffens und geistigen Fortschritts. Arabien, das Geburtsland des Islam, wurde schon seit alter Zeit von vielen jüdischen Stämmen bewohnt, wie in der Landschaft Jathrib von den unabhängigen Chaibar; auch in Südarabien, in Jemen, wohnten J. vereinzelt und vermittelten den abendländischen Handel mit dem Morgenland, während ihre im Norden ansässigen Brüder mehr ein landwirtschaftliches, oft räuberisches Beduinenleben führten. In religiösen Angelegenheiten suchten sie Belehrung und Vertretung bei den palästinischen oder babylonischen Schulvorstehern. Ein König von Jemen soll, wie später sein ganzes Volk, zum Judentum übergetreten sein und einer jüdischen Dynastie eine längere Herrschaft errungen haben. Mohammed, dem die J. sehr zugethan waren, der von J. lernte und für den Koran die jüdischen Schriften plünderte, hat gleichwohl in Thaten und Koranaussprüchen seine gehässige Gesinnung gegen die J. an den Tag gelegt. Von 624 bis 628 vertrieb er die jüdischen Stämme Banu Kaaiaka, Banu Nadhir, Banu Kuraiza und die Chaibar, mit denen er dann ein Bündnis schloß, welches Omar, der sie nochmals verjagte und die ihnen genommenen Ländereien seinen Kriegern anwies, brach. Ein Teil der J. Arabiens ward von ihm zum Islam gezwungen. In allen Ländern, die Omar im raschen Siegeszug sich unterwarf, wurden die Ungläubigen durch den sogen. "Omarbund" im Gottesdienst und in der Fähigkeit, Ämter zu bekleiden, durch unterscheidende Tracht und durch Kopf- und Grundsteuer beschränkt. Verdienstvollen J. ward aber häufig von den Mohammedanern Achtung erwiesen. Mekka und Medina hatten die J. zu meiden. Vom Ackerbau wandten sich diese, da der Islam den von Nichtmohammedanern besessenen Grund und Boden übermäßig besteuerte, ab und mehr dem Handel zu. Die Regierung des Kalifen Harun al Raschid (um 800) war den J. günstig. Die babylonischen und ägyptischen J. begrüßten die Mohammedaner als ihre Befreier. Erstere wurden noch immer politisch vom