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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kabbalist - Kabinett.

kräfte, Sympathie und Astrologie. Erst im Mittelalter, hauptsächlich in Spanien und der Provence, rivalisiert mit der auf Aristotelischen Grundlagen aufgebauten jüdischen Religionsphilosophie die K., die Tochter der alten Geheimlehre, als eigner Zweig jüdischen Wissens; sie dringt ein in die Schriften jüdischer Gelehrten und macht sich in einer Reihe selbständiger Werke geltend, deren Verfasser sich nicht nennen, aber zur Erhöhung des Wertes ihrer Schriften irgend einen großen Gelehrten als deren Autor ausgeben. So war es bereits mit den ältern kabbalistischen Büchern, Jezirah (s. d.), Rasiel, Bahir, geschehen, und so geschah es nun auch mit dem Buch Sohar (s. d.), dem Hauptwerk der K., welches dem Simon ben Jochai zugeschrieben, aber wahrscheinlich von Mose de Leon (ca. 1300 n. Chr.) verfaßt wurde. Wie in diesem Buch, so zeigt sich die K. überhaupt als eine religionsphilosophische Exegese, die in haggadischer Form mit Buchstaben- und Zahlenspielerei und neben den Erörterungen natürlicher und übernatürlicher Fragen auch mit Moral und mit den jüdischen Legenden, Allegorien und Sentenzen sich beschäftigt. Nach der Kulturepoche der jüdischen Litteratur des Mittelalters (15.-16. Jahrh.) verflachte sich, zuerst in Palästina (s. Sabbatäer) und Italien, das litterarische Leben im Studium der K., die dann in Deutschland und bis auf unsre Zeit in Polen (s. Chasidäer) begeisterte Anhänger fand. Die Theorien der K. suchte man auch praktisch zu verwerten und glaubte durch Amulette, Aussprechen und Schreiben gewisser Worte, Namen und Bibelstellen Außerordentliches verrichten zu können. Auch Christen, durch den Scholastiker Raimund Lullus (geb. 1253) auf die K. hingewiesen, wie Papst Sixtus IV., Reuchlin, Knorr v. Rosenroth u. a., machten sie zum Gegenstand der Forschung, so daß die K. auch in nichtjüdische Litteraturkreise eindrang. Vgl. Jellinek, Beiträge zur Geschichte der K. (Leipz. 1851-52); Derselbe, Auswahl kabbalistischer Mystik (das. 1852); Jost, A. Jellinek und die K. (das. 1852); Frank, Die K. (deutsch von A. Jellinek, das. 1844); Steinschneider in Ersch und Grubers Encyklopädie, Sekt. II, Bd. 27, § 5c und § 13. Die kabbalistischen Schriftsteller s. Jüdische Litteratur. - K. heißt auch die dem Schächter (Schochet) nach abgelegter Prüfung von dem Rabbiner erteilte Autorisation zum Schächten (Schlachten des Viehs nach jüdischer Vorschrift).

Kabbalist, Kenner oder Ausüber der sogen. praktischen Kabbala (Kabbalistik), s. Kabbala.

Kabbelung, die Kräuselung der See, welche durch den Zusammenstoß verschiedener Strömungen entsteht und sich gewöhnlich durch eine besonders unregelmäßige, durcheinander laufende Wellenbewegung auszeichnet. Die bei stillem Wetter im offenen Ozean nicht selten anzutreffende K. (engl. tide-rips) ist eine oft beschriebene, jedoch noch nicht völlig genügend erklärte Erscheinung. Die glatte Wasseroberfläche sieht man von einem zu kleinen Wellen aufgeregten Fleck unterbrochen, man erwartet beim Passieren desselben einen Windstoß als Ursache dieser Störung, aber man hört nur das Rauschen der kurzen Wellen, ohne einen Luftzug zu verspüren. Zusammenstellungen solcher Beobachtungen haben ergeben, daß Kabbelungen besonders häufig da auftreten, wo Strömungen entgegengesetzter Richtung nahe bei einander liegen, z. B. in der Region des Guineastroms im Atlantischen Ozean. Beobachtungen besonders starker Strömungen in Verbindung mit diesen Kabbelungen sind jedoch selten konstatiert worden.

Kabel (Kabeltau, Trosse), stärkstes Schiffstau zur Befestigung und zum Verholen der Schiffe im Hafen; jetzt als Schlepptau, früher als Ankertau benutzt. Über Telegraphenkabel s. Telegraph.

Kabelar (Kabelaring), dünne Kette zum Ankerlichten, namentlich auf Kriegsschiffen, vermittelst Gangspill.

Kabelgatt, vorderster Schiffsraum, als Magazin für Tauwerk etc. dienend.

Kabeljau (Kabliau, holländ. und niederdeutsch), s. Schellfisch. Im 14. Jahrh. nannten sich Kabeljaus auch die Anhänger einer politischen Partei in Holland, der die Hoeks (s. d.) entgegenstanden. Das Wort K. ist dunkeln Ursprungs.

Kabellänge, in Deutschland und Österreich der zehnte Teil einer Seemeile, = 185,5, rund 185 m; in England (Cable's Length) = 1/8 Sea mile = 231 m; in Frankreich (Encâblure) neue = 200 m, alte = 195 m (100 Toises); in den Niederlanden (Kabellengte) = 225 m; in Portugal (Estadio) = 258 m; in Spanien (Medida o cable) = 200 m (120 Brazas).

Kabeltau, s. Kabel.

Kabelverzierung, s. Schiffstauverzierung.

Kabes, Stadt, s. v. w. Gabes.

Kabiet, Längenmaß, s. Sok.

Kabinda, portug. Kolonie an der Westküste von Afrika, nördlich vom Congo, umschlossen von der französischen Kolonie Gabun, dem Congostaat und dem Atlantischen Ozean, welche Portugal durch die Congokonferenz zugesprochen wurde, und deren Umfang durch einen zwischen Portugal und Frankreich 15. Mai 1886 abgeschlossenen Vertrag folgendermaßen bestimmt wurde: Die Grenze geht im N. aus vom Zusammenfluß des Luemma und Lubinda, verläuft ostwärts in gleicher Entfernung zwischen diesen beiden Flüssen und folgt von der nördlichsten Quelle des Luali, eines südlichen Tributärs des Luemma, der Wasserscheide zwischen diesem und dem Tschiloango bis 12° 50' östl. L. v. Gr., dann diesem Längengrad bis zum Tschiloango und letzterm entlang bis zur Einmündung des Lukulla; von da folgt die Grenze dem 12.° 20' östl. L. bis 5° 40' südl. Br. und dann diesem bis zum Ozean. - Die gleichnamige Hauptstadt, an der Mündung des Lukola in die Kabindabai, zählt 8-10,000 Einw., welche durch ihre Geschicklichkeit als Schmiede, Tischler und namentlich als Schiffszimmerleute sich auszeichnen. Sie bauen jene seetüchtigen Boote, Palhabotes, mit denen die Küstenschiffahrt an der ganzen Strecke zwischen Gabun und Mossamedes betrieben wird.

Kabine (franz.), s. v. w. Kajütte, Koje; auch Badekarren in Seebädern.

Kabinett (franz. Cabinet), eigentlich Nebenzimmer, kleines Gemach; in fürstlichen Palästen das Wohnzimmer sowie auch das Zimmer, in welchem der Fürst seine besondere Angelegenheiten zu besorgen pflegt, daher s. v. w. Geschäftsexpedition des Staatsoberhauptes; auch Bezeichnung für die Beamten, welchen diejenigen Geschäfte überwiesen sind, und welche diejenigen Sachen (Kabinettssachen) vorzutragen haben, deren unmittelbare Erledigung in der Machtvollkommenheit des Fürsten liegt; daher die Titel Kabinettsrat, Kabinettsminister, Kabinettssekretär. Kabinettsfrage heißt eine Frage, von deren Entscheidung es abhängt, ob Minister im Amt bleiben oder nicht, Kabinettsorder (Kabinettsbefehl) ein unmittelbar vom Fürsten ausgehender Befehl. Das Kabinettsschreiben hat einen weniger förmlichen Charakter als das "Kanzleischreiben". K. heißt aber auch die Staatsregierung