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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karthago

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Karthago (Geschichte).

durch eine Pest und dann durch einen Überfall der Belagerten zum großen Teil vernichtet worden war, mußte er freien Abzug von Dionysios mit Geld erkaufen, worauf der Krieg von Mago mit wechselndem Glück fortgeführt und 392 durch einen Frieden beendet wurde, welcher die Karthager im Besitz wenigstens eines Teils ihrer Eroberungen ließ. Ebendies war im wesentlichen auch der Gang und der Erfolg des zweiten (383) und des dritten (368) Kriegs. Nach dem Tode des ältern Dionysios waren die Verhältnisse Siziliens und insbesondere der mächtigsten Stadt der Insel, Syrakus, den Karthagern günstig, und sie behaupteten daher ihre Besitzungen daselbst in größerer oder geringerer Ausdehnung, jedoch nicht ohne Unterbrechungen. 343 erlitten sie durch Timoleon, den Befreier von Syrakus, am Krimissos eine völlige Niederlage und wurden darauf durch einen mit ihm abgeschlossenen Frieden auf den kleinen westlichen Teil der Insel diesseit des Halykos beschränkt. Durch Agathokles (s. d.) wurden sie darauf 310-306 in Afrika selbst bedroht, und Pyrrhos bemächtigte sich 278-275 der ganzen Insel, mit Ausnahme von Lilybäon. Nachdem dieser aber Sizilien verlassen, unterwarfen sie sich wieder die ganze Insel, mit Ausnahme von Syrakus und Messana, und waren schon im Begriff, sich auch der letztern Stadt zu bemächtigen, als trotz der noch in der letzten Zeit geschlossenen Verträge der erste der drei sogen. Punischen Kriege mit Rom zum Ausbruch kam.

Die Veranlassung dazu war folgende. Söldner des Agathokles, die sich Mamertiner nannten und größtenteils Kampanier waren, hatten sich 281 der Stadt Messana bemächtigt und von da aus griechische und karthagische Städte mit Streifzügen heimgesucht, unterstützt von einer kampanischen Legion, die, von den Römern unter Decius Jubellius nach Rhegium gesandt, sich empört und mit den Mamertinern verbündet hatte. Durch Hieron von Syrakus bedrängt, wandte sich ein Teil der Mamertiner an die Karthager, welche sofort die Burg Messana besetzten, während ein andrer Teil Hilfe in Rom suchte. Der Konsul Appius Claudius Caudex führte 264 zuerst ein römisches Heer nach Sizilien hinüber, lockte den unvorsichtigen karthagischen Befehlshaber Hanno aus der Burg und machte sich zum Herrn von Messana. Zwar griffen die Karthager in Verbindung mit Hieron Messana an, wurden aber durch Appius Claudius geschlagen, worauf Hieron 263 zu den Römern überging. Die bedeutendsten Ereignisse in dem sich hieraus entspinnenden ersten Punischen Krieg (264-241) waren zunächst der Fall Agrigents (262), das die Karthager zum Mittelpunkt ihrer Kriegsrüstungen bestimmt hatten, der erste Seesieg, den Gajus Duilius mit der neugeschaffenen römischen Flotte (260) bei Mylä über Hannibal davontrug, und der Seesieg des M. Atilius Regulus bei dem Berg Eknomos, durch den sich die Römer den Weg nach Afrika eröffneten (256). Regulus landete und rückte siegreich vor die Hauptstadt, erlitt aber durch den Lakedämonier Xanthippos eine völlige Niederlage; die Römer wurden darauf aus dem größten Teil Siziliens verdrängt, und da ihre Flotte wiederholt, 255 bei Kamarina und 253 bei Palinuros, durch Schiffbruch zerstört wurde, so überließen sie den Karthagern zunächst auch die Herrschaft zur See. Durch den Sieg des L. Metellus bei Panormos (250) setzten sie sich aber wieder in den Besitz der ganzen Insel, mit Ausnahme von Lilybäon und Drepanon. Zwar waren sie nicht im stande, Lilybäon durch eine Belagerung zu bezwingen; auch erlitten sie zur See wiederholte Verluste, so daß sie wiederum eine Zeitlang den Kampf zur See völlig aufgaben. Indessen setzten sie doch die Belagerung von Lilybäon fort und behaupteten auch den Besitz der Insel, mit Ausnahme zweier fester Stellungen auf dem Berg Eirkte und in Eryx, welche von Hamilkar Barkas 245-241 mit ausgezeichneter Tapferkeit verteidigt wurden. 242 rüsteten sie endlich auf Kosten patriotischer Privatleute eine neue Flotte aus, mit der L. Lutatius Catulus 241 bei den Ägatischen Inseln über Hanno einen entscheidenden Sieg gewann. Nun mußte das erschöpfte K. um Frieden bitten und erhielt denselben gegen Räumung Siziliens und einiger kleiner Inseln im Bereich Siziliens sowie Zahlung von 3200 euböischen Talenten zugestanden. Unmittelbar darauf brach der mehr als vierjährige blutige Krieg (241-237) gegen die aufrührerischen Söldner aus, an dem sich auch die libyschen Städte beteiligten, und in dem endlich Hamilkars Feldherrnkunst den Sieg über die Meuterer davontrug. Inzwischen hatten sich die Römer in den Besitz Sardiniens gesetzt, und die Karthager, die sich zu einem neuen Krieg noch nicht stark genug fühlten, mußten nicht nur auf den Besitz jener Insel förmlich Verzicht leisten, sondern auch noch einen abermaligen Tribut von 1200 Talenten entrichten. Mit Sardinien zugleich ward ihnen auch Corsica entrissen.

Nach Unterdrückung des Aufstandes setzte Hamilkar mit dem Heer nach Gades über, um auf der Pyrenäischen Halbinsel einen Eroberungskrieg zu beginnen. Neun Jahre lang kämpfte er mit Glück gegen die hispanischen Völker, bis er 229 bei der Belagerung der Stadt Helike seinen Tod fand. An seine Stelle trat sein Schwiegersohn Hasdrubal. Derselbe wußte weniger durch Krieg als durch friedliche Mittel die Grenzen der karthagischen Herrschaft weiter auszudehnen. Als Hasdrubal 221 durch die Hand eines Galliers gefallen war, wählte das Heer Hamilkars berühmten Sohn Hannibal zum Oberfeldherrn, und in K. wagte man nicht, dieser Wahl zu widersprechen. In den Jahren 221 und 220 vollendete Hannibal die Eroberung Hispaniens bis an den Iberus; 219 nahm er auch Sagunt trotz eines zwischen Rom und Sagunt bestehenden Bündnisses. Dies war die Veranlassung zum zweiten Punischen Krieg (218-201), in dem die Karthager anfangs unter der genialen Führung Hannibals (s. d.), der über die Pyrenäen und Alpen in Italien selbst eindrang, große Erfolge davontrugen, schließlich aber der unerschöpflichen Streitmacht und der bewundernswürdigen Ausdauer der Römer, welche gleichzeitig auf vier Schauplätzen den Krieg führten, unterlagen. Nach der Niederlage bei Zama (202) wurde der Friede der gedemütigten Rivalin Roms 201 gewährt unter folgenden harten Bedingungen: Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf zehn und der Elefanten, Zahlung von 10,000 Talenten, Entschädigung Masinissas und das Versprechen, hinfort nicht mehr ohne Einwilligung der Römer die Waffen zu ergreifen. Hannibal suchte sein niedergedrücktes Vaterland durch kluge Maßregeln in den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung nach und nach wieder zu heben, beeinträchtigte aber dadurch die Interessen der ihm schon vorher abgeneigten Aristokratie, die ihn mit Hilfe der Römer aus K. vertrieb (195).

Die Lage von K. war von nun an so traurig, wie es die einer von Rom besiegten, ihrer Unabhängigkeit beraubten Stadt nur irgend sein konnte. Es gab daselbst drei Parteien, die sich unablässig untereinander befeindeten: eine römisch gesinnte, eine im Dienste des Masinissa stehende und eine Volkspartei, und, was das