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Kirchenvogt - Kirchheimbolanden.
Bischöfe selbst oder durch Abgesandte die Aufsicht über ihre Diözesen. Jetzt geschehen in der katholischen Kirche die Visitationen durch die Landdekane oder Bezirksvikare nach Anleitung einer bischöflichen. Instruktion und auf Grund eines vom Pfarrer eingerichteten Jahresberichts, der sogen. Pfarrrelation. In der evangelischen Kirche dienen seit der von Luther empfohlenen, berühmten sächsischen K. von 1527 bis 1529 die Kirchenvisitationen ebenfalls als Mittel der Aufsicht, indem die Superintendenten oder Dekane alljährlich die Amtsführung und den Wandel der Geistlichen, den Zustand des Unterrichts, die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Führung der Kirchenbücher sowie den religiösen und sittlichen Zustand der Gemeinden untersuchen. Die Superintendenten unterliegen wieder der Visitation durch die Generalsuperintendenten oder ein andres Mitglied des Oberkirchenrats oder der Konsistorialbehörde. In manchen Ländern sind neben den Spezialvisitationen der Superintendenten noch Generalvisitationen des ganzen Konsistorialbezirks durch Mitglieder dieser Behörde üblich, welche sich in gewissen Zwischenräumen wiederholen. Berühmt ist Melanchthons "Visitationsbüchlein oder Unterricht der Visitationen an die Pfarrherrn im Kurfürstentum Sachsen", welches anläßlich der oben erwähnten, großen sächsischen Generalvisitation geschrieben ward. Vgl. Burkhardt, Geschichte der deutschen Kirchen- und Schulvisitation im Zeitalter der Reformation (Leipz. 1879).
Kirchenvogt (Advocatus ecclesiae), in früherer Zeit der weltliche Schutzherr einer Kirche oder eines geistlichen Stifts. Die Schutzgewalt, auch wohl der Bezirk derselben wurde Vogtei genannt. Mit der Vogtei wurden vielfach Dynastengeschlechter vom Kaiser, aber auch von geistlichen Fürsten und von den zu schützenden Abteien, Klöstern, Stiftern etc. selbst beliehen. Da die Kirchenvögte jedoch den betreffenden geistlichen Körperschaften oft lästig wurden, war man darauf bedacht, die Vogtei mehr und mehr in ein bloßes Ehrenamt umzuwandeln, und mit diesem Charakter findet sich dieselbe noch hier und dort vor, oder es sind doch noch Spuren davon vorhanden. - K. ist an manchen Orten auch die Bezeichnung eines Kirchendieners niederer Art.
Kirchenwimpel, auf Kriegsschiffen während des Gottesdienstes wehender Wimpel, welcher zugleich anzeigt, daß dem Schiff jeder Besuch fernzuhalten ist.
Kirchenzucht (Bußzucht, Kirchendisziplin, Disciplina ecclesiastica), der Inbegriff aller der Mittel, deren sich das Kirchenregiment bedient, um das kirchliche Gemeindeleben in seinem christlichen Bestand zu erhalten oder wiederherzustellen; im engern Sinn eine direkte Einwirkung auf die Individuen, welche durch notorische und schwere sittlich-religiöse Verirrungen einer christlichen Gemeinde als solcher ein Ärgernis gegeben haben. Schon die alte Kirche schritt unter Umständen bis zur Ausstoßung aus der Gemeinde vor. Die Wiederaufnahme ward an gewisse Bedingungen geknüpft (s. Buße). Später traten Geldstrafen und die Auflegung gewisser Bußwerke an deren Stelle. Auch in der protestantischen Kirche, besonders in der reformierten und unter den Puritanern, fand die K. Eingang; doch ist dieselbe heutzutage nahezu bedeutungslos, wenigstens insofern es sich um erwachsene Personen handelt. Vgl. Geistliche Gerichtsbarkeit.
Kircher, Athanasius, einer der größten Gelehrten seiner Zeit, geb. 2. Mai 1601 zu Geisa im Fuldaischen, trat 1618 in den Jesuitenorden und bekleidete sodann eine Professur der Mathematik und Philosophie sowie der hebräischen und syrischen Sprache in Würzburg, bis er vor den Unruhen des Dreißigjährigen Kriegs nach Avignon flüchtete. Von dort begleitete er den Kardinal Friedrich von Sachsen nach Malta und wurde dann Lehrer der Mathematik und hebräischen Sprache in Rom; später beschäftigte er sich ausschließlich mit dem Studium der Hieroglyphen und andern archäologischen Gegenständen. Er starb 30. Okt. 1680 in Rom. Er schrieb: "Ars magna lucis et umbrae" (Rom 1646, 2 Bde.; 2. Ausg., Amsterd. 1671, 2 Bde.); "Musurgia universalis" (Rom 1650, 2 Bde.); "Oedipus aegyptiacus" (das. 1652-55, 4 Bde.); "Prodromus coptus" (das. 1636); "Lingua aegyptiaca restituta" (das. 1694); "Mundus subterraneus" (Amsterd. 1664, 2 Bde.; 3. Aufl. 1671); "China illustrata" (das. 1667); "Polygraphica seu artificium linguarum, quocum omnibus totius mundi populis poterit quis correspondere" (Rom 1663); "Latium, id est nova et parallela Latii, tum veteris tum novi, descriptio" (das. 1671). K. war ein Mann von der umfassendsten Gelehrsamkeit, viele Sonderbarkeiten und Extravaganzen machen indes manche seiner Werke jetzt nur noch zu Kuriositäten. Mit Ausnahme des "Turris Babel" und der "Arca Noë" sind seine Schriften über die Altertumskunde am geschätztesten. Eine Beschreibung seiner Antiquitäten- und Modellsammlungen lieferten Buonanni (Rom 1709) und Lattara (das. 1773). Zu seinen Erfindungen gehört unter andern der nach ihm benannte Brennspiegel, auch, weil der erste Versuch damit auf der Insel Malta gemacht wurde, der maltesische Spiegel genannt, beschrieben in "Specula melitensis encyclica" (Messina 1638). Auch gilt er als Erfinder der Laterna magika. Im Collegio Romano zu Rom trägt noch heute die von ihm gestiftete ausgezeichnete Sammlung von Altertümern (darunter die berühmte "Ficoronische Ciste") seinen Namen (Museo Kircheriano). Vgl. Brischar, Athanasius K., ein Lebensbild (Würzb. 1878).
Kirchfahrt, feierlicher Zug in die Kirche, namentlich aus den auswärtigen, eingepfarrten Ortschaften; auch s. v. w. Kirchengemeinde, Kirchspiel.
Kirchgang der Wöchnerinnen, eine von den Juden in die christliche Lebensordnung übergegangene Sitte, nach welcher Mütter ihren ersten Ausgang zugleich mit dem neugebornen Kind in die Kirche machen, wo eine besondere Danksagung und Fürbitte für sie gesprochen wird. Bei den Juden war dieser Gang mit einem Reinigungsopfer verbunden, das nach der Geburt eines Sohns am 40., nach der einer Tochter am 80. Tage gebracht werden mußte. Die römische Kirche hat keine bestimmte Zeit dafür festgesetzt, die griechische dagegen den 40. Tag.
Kirchhain, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Luckau, an der Kleinen Elster und der Linie Berlin-Dresden der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, Schafleder-, Tuch-, Leim- und Knochenmehlfabrikation, Holzschneiderei und (1885) 3524 fast nur evang. Einwohner. - 2) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, am Einfluß der Wohra in die Ohm und an der Linie Kassel-Frankfurt a. M. der Preußischen Staatsbahn, hat eine lutherische und eine reform. Pfarrkirche, ein Amtsgericht und (1885) 1796 fast nur evang. Einwohner.
Kirchheimbolanden, Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Pfalz, in fruchtbarer Gegend und an der Linie Mannheim-Alzey der Pfälzischen Eisenbahn, hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, ein Schloß mit großem Garten, eine Latein-, eine Präparanden-, eine Obst- und Weinbauschule, ein Amts-^[folgende Seite]