Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Klima

843

Klima.

auch speziell die Neigung einer Stelle der Erdoberfläche gegen die Rotationsachse der Erde, welche von ihrer geographischen Breite abhängig ist. In dieser mathematisch-astronomischen Bedeutung wird das Wort K. nach dem Vorgang der alten Geographen, namentlich des Ptolemäos, auch in Bezug auf die größten Tageslängen einer Gegend der Erde gebraucht, indem man Klimate (astronomische) die Zonen zwischen je zwei Parallelkreisen der Erde nennt, für welche vom Äquator nach den Polarkreisen zu die Dauer des längsten Tags um eine halbe Stunde zunimmt. Man unterscheidet hiernach auf jeder Halbkugel, vom Äquator bis zum Polarkreis fortschreitend, 24 Klimate, zu welchen zwischen dem Polarkreis und dem Pol selbst noch sechs hinzutreten, für welche die Dauer des längsten Tags von einer Zone (oder einem K.) zur andern immer um einen Monat wächst. Am Pol selbst muß der längste Tag 6 Monate dauern. Während die Klimate am Äquator mehrere Grade breit sind, sinken sie bei Annäherung an den Polarkreis auf die Breite von einigen Minuten herab und erreichen dann erst wieder in der kalten Zone, wo die Dauer des längsten Tags von K. zu K. um einen Monat wächst, eine größere Breite. Die folgende Tabelle gibt für die nördliche Halbkugel die Daten für einige dieser Klimate an:

Klima Längster Tag Parallelkreis als Grenze Breite des Klimas

. 12 Stunden Äquator = 0° -

1. 12½ Stunden 8° 34' 8° 34'

2. 13 Stunden 16° 45' 8° 11'

7. 15½ Stunden 45° 39' 4° 13'

8. 16 Stunden 49° 4' 3° 25'

9. 16½ Stunden 52° 1' 2° 57'

10. 17 Stunden 54° 32' 2° 31'

11. 17½ Stunden 56° 40' 2° 8'

16. 20 Stunden 63° 24' 0° 57'

17. 20½ Stunden 64° 12' 0° 48'

18. 21 Stunden 64° 51' 0° 39'

23. 23½ Stunden 66° 30' 0° 8'

24. 24 Stunden 66° 33' 0° 3'

25. 1 Monat 67° 20' 0° 47

26. 2 Monate 69° 38' 2° 18'

29. 5 Monate 82° 55' 5° 1'

30. 6 Monate Pol = 90° 7° 5'

Wegen der Strahlenbrechung oder Refraktion der Sonne ist in jedem dieser Klimate die Dauer des längsten Tags immer etwas größer als die angegebenen Zahlen, welche aus den verschiedenen Stellungen der Sonne berechnet sind. Auch ist noch die Bewegung der Erde in der Ekliptik von Einfluß auf die Tageslängen, also auch auf diese Klimate. Diese von den alten Geographen eingeführte Einteilung der Erdoberfläche in Klimate bezweckte, die geographische Breite eines Ortes nach der Dauer des längsten Tags an diesem Ort zu bestimmen. Jetzt ist diese Einteilung der Erdoberfläche in astronomische Klimate nicht mehr gebräuchlich.

Jetzt wird das Wort K. ausschließlich in meteorologischer u. physisch-geographischer Beziehung gebraucht. Man übertrug den Namen K. zunächst auf die Witterungsverhältnisse eines Ortes, weil man diese nur für eine Funktion der Breite hielt. Dies würde aber nur dann der Fall sein, wenn die ganze Erdoberfläche mathematisch genau eine Sphäroidfläche ohne Unebenheiten wäre und durchweg aus derselben Substanz bestände. Doch wie verschieden gestalten sich nicht die Witterungsverhältnisse unter derselben Breite je nach der Lage des Ortes auf einem Gebirge oder im Flachland sowie nach der Beschaffenheit der Erdoberfläche, wenn dieselbe Meer oder Festland ist, oder wenn letzteres aus einer trocknen Sandwüste oder aus einem von Flüssen durchzogenen Waldgebiet besteht. Gegenwärtig versteht man unter K. den Zustand des Wetters an einem bestimmten Ort oder in einer bestimmten Gegend oder, was dasselbe sagt, die Größe und die Beschaffenheit der meteorologischen Elemente sowie deren periodische und nichtperiodische Veränderungen. Die klimatischen Untersuchungen beziehen sich demnach auf die Temperatur, die Feuchtigkeit, den Luftdruck, den ruhigen Luftzustand oder die Wirkung ungleichnamiger Winde, die Größe der elektrischen Spannung, die Reinheit der Atmosphäre oder ihre Vermengung mit mehr oder minder schädlichen gasförmigen Ausdünstungen, endlich den Grad habitueller Durchsichtigkeit und Heiterkeit des Himmels, der nicht bloß wichtig ist für die vermehrte Wärmestrahlung des Bodens und die organische Entwickelung der Gewächse, sondern auch für die Gefühle und Seelenstimmung des Menschen. Die Lehre von den Klimaten der verschiedenen Gegenden bildet den Teil der Meteorologie (s. d.), welchen man Klimatologie nennt. Da die Temperaturverhältnisse den für uns fühlbarsten Einfluß auf das K. eines Ortes ausüben, so hat man die verschiedenen Zonen, in welche die Erdoberfläche nach den verschiedenen Konstellationen der Sonne durch die beiden Wendekreise und die beiden Polarkreise geteilt wird, nach der Wärmemenge, welche die Orte einer Zone der Erde durchschnittlich im Lauf eines Jahrs erhalten, die heiße, die wärmere und kältere gemäßigte und die kalte Zone genannt und danach auch das K. der Gegenden innerhalb jener Zonen bezeichnet. Die durchschnittliche Wärme oder das K. der heißen Zone ist 30-20° C., der wärmern gemäßigten Zone 20-12° C., der kältern gemäßigten Zone 12-4° C., der kalten Zone 4° C. bis -10° C. und darunter. Die mittlere Jahrestemperatur ist aber keineswegs allein entscheidend für das K. eines Ortes; vielmehr sind es die Verteilung der Wärme im Lauf eines Jahrs und die geographische Lage eines Ortes sowie seine Erhebung über den Meeresspiegel, die Konfiguration der Erdoberfläche und die dadurch bedingten Änderungen in der Witterung, welche das K. desselben bestimmen. Daher unterscheidet man die durch die Zonen bestimmten verschiedenen Formen des Klimas, das tropische, das temperierte oder gemäßigte und das kalte K., noch anders voneinander als durch ihre jährliche Mitteltemperatur. Das tropische K. zeigt außer einer hohen Mitteltemperatur eine geringe jährliche, aber eine bedeutende tägliche Veränderung derselben, eine große Menge Wasserdampf, regelmäßige Windverhältnisse und eine beträchtliche Regenmenge, welche zu bestimmten Zeiten des Jahrs fällt, nämlich dann, wenn die Mittagshöhe der Sonne am größten ist. Die Jahreszeiten des tropischen Klimas sind daher: die Regenzeit, die mit dem höchsten Sonnenstand eintritt, und die trockne Jahreszeit, welche mit dem niedrigsten Sonnenstand zusammenfällt. Je nachdem der Ort weiter vom Äquator entfernt ist oder näher an ihm liegt, wechseln diese beiden Zeiten ein oder zweimal im Jahr. Das tropische K. umfaßt die Region der Passate und der Monsune und wird in der Mitte geteilt durch den Gürtel der äquatorialen Windstillen oder Kalmen (s. d.). Das gemäßigte K. zeigt eine Mitteltemperatur von 20-4° C. Je weiter man sich vom Äquator entfernt, desto größer wird durchschnittlich die jährliche Veränderung der Temperatur, desto geringer die Menge des Wasser-^[folgende Seite]