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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kohlenstoffchloride - Köhler.

Mellithsäure und Oxalsäure; er verbindet sich in hoher Temperatur mit Schwefel zu Schwefelkohlenstoff, mit Stickstoff aber nur, wenn ein Körper zugegen ist, mit welchem sich das entstehende Cyan vereinigen kann. Vielen Sauerstoffverbindungen entzieht der K. Sauerstoff; er reduziert z. B. Metalloxyde, gibt mit Schwefelsäure schweflige Säure, mit Phosphorsäure Phosphor etc. Das Atomgewicht des Kohlenstoffs ist 11,97, er ist vierwertig, und seine Oxydationsstufen sind Kohlenoxyd CO und Kohlensäure CO2 ^[CO_{2}]. Der reine K. spielt in der Natur nur eine untergeordnete Rolle, dagegen sind seine Verbindungen die Grundlage alles organischen Lebens. Alle Pflanzen und Tiere bestehen aus Verbindungen des Kohlenstoffs mit Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff, während ihr Gehalt an mineralischen Substanzen untergeordnet ist. Gehen die Organismen zu Grunde, so werden ihre Bestandteile in der Regel durch Fäulnis- und Verwesungsprozesse zersetzt, und es entstehen einfachste Verbindungen: Kohlensäure, Wasser und Ammoniak. Diese Verbindungen sind aber neben gewissen mineralischen Stoffen die einzigen Nahrungsmittel der Pflanzen, welche in den chlorophyllhaltigen Zellen unter dem Einfluß des Lichts alle organische Substanz aus Kohlensäure und Wasser bilden. Die Pflanzensubstanz gelangt zum Teil als Nahrung in den tierischen Organismus und wird hier mannigfach modifiziert, in Blut und Fleisch verwandelt, schließlich durch den Atmungsprozeß und durch die Fäulnis der Exkremente wieder in Kohlensäure und Wasser verwandelt. Große Mengen K. entziehen sich zeitweise diesem Kreislauf, indem sie als fossile Kohle abgelagert oder an Kalk gebunden werden und als kohlensaurer Kalk (Kalkstein, Marmor) weitverbreitete Gesteine bilden. Aber auch die fossile Kohle wird schließlich wieder oxydiert (in Kohlensäure verwandelt), und die Kohlensäure des Kalksteins wird in Freiheit gesetzt, wenn der letztere unter der Einwirkung von Kieselsäure sich in Kieselgestein verwandelt. Diamant galt lange Zeit für eine reine Art Bergkristall, Averami und Targioni zeigten aber seine Verbrennlichkeit im Brennpunkt eines kräftigen Brennspiegels, und Lavoisier wies 1773 die Bildung von Kohlensäure bei der Verbrennung des Diamanten nach. Mackenzie fand 1800, daß Diamant ebensoviel Kohlensäure gibt wie dasselbe Gewicht Kohle oder Graphit, welch letzterer früher mit Molybdänglanz verwechselt wurde, bis Scheele 1779 seine wahre Natur erkannte. Die künstliche Darstellung des Diamanten gelang zuerst 1880. Ballantyne Hannay in Glasgow. Vgl. Baeyer, Über den Kreislauf des Kohlenstoffs (Berl. 1869).

Kohlenstoffchloride, Verbindungen des Kohlenstoffs mit Chlor, entstehen nicht direkt aus den Elementen, sondern nur bei Einwirkung von Chlor auf andre Kohlenstoffverbindungen. So liefert Sumpfgas (Methan CH4 ^[CH_{4}]) bei Einwirkung von Chlor im Sonnenlicht Kohlenstoffsuperchlorid (Zweifachchlorkohlenstoff, Tetrachlormethan) CCl4 ^[CCl_{4}], eine farblose, aromatisch chloroformartig riechende Flüssigkeit, welche bei 77° siedet. Derselbe Körper entsteht bei Einwirkung von Chlor auf Methylchlorür oder Chloroform und wurde zur Darstellung von Anilinrot benutzt. Äthan C2H6 ^[C_{2}H_{6}] und Äthylchlorür liefern bei gleicher Behandlung mit Chlor Kohlenstoffsesquichlorid (Anderthalbchlorkohlenstoff, Carboneum trichloratum) C2Cl6 ^[C_{2}Cl_{6}]. Letzteres bildet farb- und fast geschmacklose Kristalle, riecht kampferartig, löst sich leicht in Alkohol und Äther, nicht in Wasser, ist schon bei gewöhnlicher Temperatur sehr flüchtig, schmilzt bei 160°, siedet bei 182°. Man hat es als Arzneimittel und anästhetisches Mittel empfohlen. Im glühenden Rohr zerfällt das Sesquichlorid in Chlor und Kohlenstoffchlorid (Tetrachloräthylen) C2Cl4 ^[C_{2}Cl_{4}], eine farblose, ätherisch riechende Flüssigkeit, deren Dämpfe bei heller Rotglut Kohlenstoffchlorür (Perchlorbenzol) C6Cl6 ^[C_{6}Cl_{6}] als farb- und geschmacklose, dem Walrat ähnlich riechende Nadeln liefern.

Kohlenstoffeisen, s. v. w. Kohleneisen.

Kohlensucht, s. Staubeinatmungskrankheiten.

Kohlensulfid, s. Schwefelkohlenstoff.

Kohlenteer, s. Teer.

Kohlentiegel, s. Schmelztiegel.

Kohlenwasserstoffe, chemische Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff. Beide Elemente vereinigen sich nicht direkt miteinander; aber sie bilden sehr zahlreiche Verbindungen, welche zum Teil gasförmig, meist aber flüssig oder fest sind, sämtlich sich bei hoher Temperatur verflüchtigen und mit stark leuchtender, rußender Flamme verbrennen; nur das Sumpfgas hat eine wenig leuchtende Flamme. Die K. finden sich teils in der Natur, teils werden sie aus pflanzlichen oder tierischen Stoffen, auch durch Synthese aus den Elementen künstlich dargestellt, und alle bilden den Ausgangspunkt für die Entstehung sehr zahlreicher chemischer Verbindungen. Die K. lassen sich in homologe Reihen ordnen, von denen jede durch eine allgemeine Formel ausgedrückt werden kann, z. B.:

^[Liste]

CnH2n+2 CnH2n CnH2n-2

CH4 Methan

C2H6 Äthan C2H4 Äthylen C2H2 Acetylen

C3H8 Propan C3H6 Propylen C3H4 Allylen

C4H10 Butan C4H8 Butylen C4H6 Krotonylen

C5H12 Pentan C5H10 Amylen C5H8 Valerylen

C6H14 Hexan C6H12 Hexylen C6H10 Hexoylen

etc. etc. etc.

^[

C_{n}H_{2n+2} C_{n}H_{2n} C_{n}H_{2n-2}

CH_{4} Methan

C_{2}H_{6} Äthan C_{2}H_{4} Äthylen C_{2}H_{2} Acetylen

C_{3}H_{8} Propan C_{3}H_{6} Propylen C_{3}H_{4} Allylen

C_{4}H_{10} Butan C_{4}H_{8} Butylen C_{4}H_{6} Krotonylen

C_{5}H_{12} Pentan C_{5}H_{10} Amylen C_{5}H_{8} Valerylen

C_{6}H_{14} Hexan C_{6}H_{12} Hexylen C_{6}H_{10} Hexoylen

etc. etc. etc.

]

Die ersten Glieder solcher Reihen sind gasförmig, die mittlern flüssig mit steigendem Siedepunkt, die höchsten fest mit steigendem Schmelzpunkt. Das erste Glied der ersten Reihe, das Methan, entwickelt sich bei der Fäulnis von Pflanzensubstanz unter Wasser (Sumpfgas), die übrigen Glieder finden sich im Erdöl, und Gemische der höchsten Glieder bilden das Paraffin; viele K., wie Methan, Äthylen etc., entstehen bei trockner Destillation organischer Substanz und finden sich daher im Leuchtgas und im Teer. Zu der Reihe CnH2n-4 ^[CnH_{2n-4}] gehören die Kamphene (Terpene) C10H16 ^[C_{10}H_{16}], welche in zahlreichen Isomerien die Mehrzahl der ätherischen Öle bilden. Der Reihe CnH2n-6 ^[CnH_{2n-6}] gehören vor allen die aromatischen K. an, deren einfachster das Benzol C6H6 ^[C_{6}H_{6}] ist. Aus den Kohlenwasserstoffen entstehen zahlreiche Verbindungen, indem an die Stelle von Wasserstoffatomen andre Elemente oder Atomgruppen treten. So wird aus dem Kohlenwasserstoff C2H6 ^[C_{2}H_{6}], wenn an die Stelle von 1 Atom Wasserstoff 1 Atom Chlor tritt, Äthylchlorür C2H5Cl ^[C_{2}H_{5}Cl] oder durch Eintritt von OH Äthylalkohol C2H5OH ^[C_{2}H_{5}OH] etc.

Kohlenwasserstoffgas, leichtes, s. v. w. Methan.

Kohlenwasserstoffgas, schweres, s. v. w. Äthylen.

Kohlenziegel, s. Brikette und Mauersteine.

Köhler, Kohlenbrenner, s. Kohle.

Köhler, Fisch, s. Schellfisch.

Köhler, 1) Christian, Maler, geb. 13. Okt. 1809 zu Werben in der Altmark, ging 1826 mit W. v. Schadow nach Düsseldorf, wurde 1855 Lehrer des Antikensaals und der Malklasse an der Akademie und