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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

1025

Korrespondenzblatt zum neunten Band.

Ausgegeben am 8. Dezember 1887.

Karl Wagner in Augsburg. Die Neuguinea-Kompanie ist aus einer durch den Geheimen Kommerzienrat Adolf v. Hansemann in Berlin ins Leben gerufenen Gesellschaft hervorgegangen, welche im J. 1884 eine Expedition unter Leitung von Dr. Otto Finsch ausrüstete, um in Neuguinea und dem Archipel von Neubritannien Forschungen auszuführen u. Land zu erwerben. Auf Grund des günstigen Ergebnisses dieser Expedition und nach einer Verständigung zwischen der deutschen und der großbritannischen Regierung über die Abgrenzung des Herrschaftsbereichs im westlichen Stillen Ozean wurde der Gesellschaft unter dem Namen "Neuguinea-Kompanie" vom Kaiser Wilhelm unterm 17. Mai 1885 ein Schutzbrief erteilt, durch welchen ihr gegen die Verpflichtung, die von ihr übernommenen staatlichen Einrichtungen zu treffen und zu erhalten, die Rechte der Landeshoheit zugleich mit dem ausschließlichen Recht, in dem Schutzgebiet herrenloses Land in Besitz zu nehmen und Verträge mit den Eingebornen über Land und über Grundberechtigungen abzuschließen, unter Vorbehalt der Oberaufsicht der Regierung übertragen wurden. Das Schutzgebiet umfaßt den unter deutsche Oberhoheit gestellten, Kaiser Wilhelms-Land genannten nördlichen und nordöstlichen Teil der Insel Neuguinea, den Bismarck-Archipel genannten Archipel von Neubritannien und alle Inseln, welche zwischen dem Äquator und dem 8.° südl. Br. und zwischen dem 141. und 154.° östl. L. liegen.

Durch kaiserlichen Schutzbrief vom 13. Dez. 1886 wurde der Neuguinea-Kompanie unter gleichen Bedingungen auch die Herrschaft über die nördlichen Inseln der Salomongruppe, deren wichtigste die Inseln Bougainville, Choiseul und Ysabel sind, verliehen. Die Neuguinea-Kompanie ordnet ihre rechtliche Verfassung durch ein unterm 29. März 1886 beschlossenes Statut und erhielt unterm 12. Mai 1886 die Rechte einer juristischen Person.

Als ihren Zweck bezeichnet das Statut außer der Erfüllung der in der Landeshoheit liegenden Aufgaben und der Nutzbarmachung des Rechts auf Grund und Boden, daß sie der Ansiedelung im Schutzgebiet den Weg bahnen und Bodenanbau, Handel und Gewerbe auf eigne Rechnung betreiben solle, letzteres jedoch nur so weit, wie dies zur Entwickelung des Unternehmens oder zur Anregung und Förderung privater Unternehmungen dienlich erachtet werde.

Der Sitz der in ihrer zeitlichen Dauer nicht beschränkten Kompanie ist Berlin. Die Mitgliedschaft ist an den Besitz von beitragspflichtigen oder von Freianteilen an der Kompanie und an die deutsche Reichsangehörigkeit gebunden. Die Zahl der beitragspflichtigen Anteile ist zur Zeit auf 800 festgesetzt; an Freianteilen sind 20 bisher bewilligt; sie dürfen den 25. Teil der beitragspflichtigen nicht übersteigen. Die Eigentümer der beitragspflichtigen Anteile haben die Beiträge zur Durchführung des Unternehmens nach Bedürfnis aufzubringen, haften jedoch persönlich nur bis auf Höhe von 5000 Mk. für jeden Anteil. Überschüsse werden auf alle Anteilbesitzer nach Verhältnis der Anteile verteilt.

Die Organe der Kompanie sind die Direktion, die Generalversammlung und die Revisoren. Die Direktion, welche aus zehn Mitgliedern besteht, führt die Geschäfte durch dazu gewählte Mitglieder; über wichtige Angelegenheiten wird in Plenarversammlungen beschlossen. Die Vertretung im Schutzgebiet liegt dem Landeshauptmann ob, welcher als oberster Beamter die Verwaltung daselbst zu leiten hat.

Außer in Finschhafen, wo die Zentralverwaltung ihren Sitz hat, sind Hauptstationen begründet in Hatzfeldhafen und Konstantinhafen. Die Anlegung von Hauptstationen an der Mündung des Kaiserin Augusta-Flusses in Kaiser Wilhelms-Land und zu Mantupi im Bismarck-Archipel ist in der Vorbereitung.

Die Rechtsverhältnisse im Schutzgebiet sind durch das Reichsgesetz vom 17. April 1886 und die kaiserliche Verordnung vom 5. Juni 1886 vorläufig geordnet. Zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ist der Landeshauptmann und neben ihm ein dem preußischen Richterstand angehöriger Beamter ermächtigt; für Finschhafen, Konstantinhafen und Hatzfeldhafen sind Standesbeamte ernannt.

Die Aufsicht über die Kompanie wird von dem Reichskanzler geführt.

Verordnungen der Reichsbehörden sowie der Direktion der Kompanie und des Landeshauptmanns gelangen durch ein in Berlin von der Direktion herausgegebenes Verordnungsblatt zur Veröffentlichung. Außerdem gibt die Direktion eine nach Bedürfnis erscheinende Zeitschrift unter dem Titel: "Nachrichten über Kaiser Wilhelms-Land und den Bismarck-Archipel" heraus, in welcher Mitteilungen über alle Vorgänge im Schutzgebiet und bei der Kompanie, welche von allgemeinem Interesse sind, bekannt gemacht werden.

Im Anfang des Jahrs 1887 hat die Kompanie 3 Dampfschiffe und 3 Segelschiffe in Besitz, von denen die erstern den regelmäßigen Verkehr zwischen den Stationen und dem australischen Festland unterhalten. Abgesehen von der Schiffsmannschaft (74), beträgt die Zahl der Beamten und sonstigen Angestellten im Schutzgebiet um dieselbe Zeit 50. Eine besondere Expedition, bestehend aus einem Geographen, einem Botaniker und einem Geologen, ist thätig, um die noch unbekannten Teile des Landes wissenschaftlich zu erforschen.

Der Flächeninhalt des Schutzgebiets ist auf rund 253,000 qkm geschätzt, wovon etwa 179,000 auf Kaiser Wilhelms-Land, 52,000 auf den Bismarck-Archipel und 21,000 auf die Salononinseln entfallen.

Dr. W. in Göttingen. Die Angabe Richard Weltrichs in der "Allgemeinen Zeitung" 1880, Nr. 347, wonach Goethe und seine Erben von der Cottaschen Buchhandlung ein Gesamthonorar von 142,000 Thlr. erhalten hätten, ist eine irrtümliche. Nach einer Notiz H. Böhlaus, welcher eine von der Cottaschen Buchhandlung gemachte Zusammenstellung sämtlicher von ihr in den Jahren 1795-1865 an Goethe und seine Erben gezahlter Honorare zu Grunde liegt, erhielten