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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Köstritz; Kostromá

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Köstritz - Kostroma.

Wiedererweckung des kleinrussischen (ruthenischen) Volkslebens gegründet hatte und derselbe entdeckt worden war, wurde K. festgenommen und darauf nach Saratow verwiesen. Erst beim Tode des Zaren Nikolaus erhielt er die Erlaubnis zu einer Reise ins Ausland, wurde 1859 von dem Senat der Petersburger Universität als Professor der Geschichte berufen, nahm aber nach der Schließung der Universität infolge der Studententumulte (1861) seine Entlassung und starb, seit langem kränkelnd, 19. April 1885 in Petersburg. K. begann seine schriftstellerische Thätigkeit mit einigen Dichtungen in kleinrussischer Sprache, worunter am bekanntesten das Drama "Sawa Czalyi" (1838), "Ukrainskie ballady" (1839), eine Liedersammlung unter dem Titel: "Kwitka" ("Blumenstrauß", 1840) und das Trauerspiel "Perejaslawskanja nicz" ("Die Nacht in Perejaslaw", 1841). Als ihm 1847 weitere Publikationen in kleinrussischer Mundart untersagt wurden, wandte er sich historischen Forschungen zu, deren Resultate er später in der offiziellen großrussischen Schriftsprache veröffentlichte. Seine Werke behandeln vorwiegend die Geschichte Südrußlands, d. h. der einstigen polnischen Grenzmark oder Ukraine. Die wichtigsten sind: "Der Kosakenkrieg mit Polen bis auf Bogdan Chmielnicki" (1856); "Bogdan Chmielnicki" (1857); "Der Hetman Wyhowski" (1861). Seine historische Auffassung fand sowohl bei den russischen Geschichtsforschern, insbesondere bei Solowiew und Pogodin, als auch bei den polnischen, entschiedene Gegner. Kostomarows darauf bezügliche Erwiderungen sind enthalten in den "Historischen Monographien etc." (Petersb. 1863 bis 1872, 12 Bde.). In letzter Zeit wendete sich K. auch der großrussischen Geschichte zu und veröffentlichte eine "Geschichte der altslawischen Republiken Nowgorod und Pleskow" (1863, 2 Bde.). Sein letztes unvollendetes Werk war: "Russische Geschichte in Biographien ihrer wichtigsten Persönlichkeiten" (Petersb. 1873 ff.; deutsch von Henckel, Leipz. 1885 ff.); es enthält 50 Biographien und reicht bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrh.

Köstritz, Pfarrdorf im reuß. Verwaltungsbezirk Gera, an der Elster und der Linie Weißenfels-Gera der Preußischen Staatsbahn, 179 m ü. M., hat ein fürstliches Schloß mit Park und großen Gartenanlagen, berühmte Bierbrauerei, bedeutende Rosen-, Georginen- und Ziergehölzgärtnereien, Obst- und Weidenkulturen, eine Badeanstalt (Sol- und Sandbäder) und (1885) 1756 evang. Einwohner. In der Nähe die Saline Heinrichshall mit großer chemischer Fabrik.

Kostromá, linker Nebenfluß der Wolga, im russ. Gouvernement K., entspringt im Kreise Soligalitsch, bildet auf einer Strecke die Grenze zwischen den Gouvernements K. und Jaroslaw, nimmt die Wexa, Andoma, Koretscha etc. auf und mündet bei der Stadt K. Er ist 320 km lang und für kleinere Fahrzeuge schiffbar.

Kostromá, russ. Gouvernement, wird im N. vom Gouvernement Wologda, im O. von Wjatka, im S. von Nishnij Nowgorod und Wladimir, im W. von Jaroslaw begrenzt u. umfaßt 84,695 qkm (1538 QM.). Das Land ist im allgemeinen flach und hat nur längs der Wolga einige Höhenzüge; der Boden ist fruchtbar und zum Ackerbau geeignet, im N. teilweise feucht, mit undurchdringbaren Sümpfen bedeckt, im S. mit Thon und Sand vermischt. In geognostischer Hinsicht gehört K. der permischen Formation an; die Juraformation tritt nur in einem schmalen Streifen (längs der Wolga und der Unsha) zu Tage. Das Gouvernement wird von zahlreichen Flüssen, die alle dem Wolgasystem angehören, durchströmt; schiffbar davon sind sechs: die Wolga, die Kostroma, die Unsha, Wetluga, Neja und Wexa. Die größten Seen sind: der See von Galitsch (77 qkm) und der von Tschuchloma. Das Klima bildet den Übergang von der gemäßigten zur kalten Zone. Die mittlere Jahrestemperatur ist 3,1° C., im Januar sinkt das Thermometer bis zu -30° und steigt im Juni auf 32° C. Die Bevölkerung betrug 1883: 1,290,399 (15 Einw. auf 1 qkm; die Zahl der Eheschließungen war 1883: 11,059, der Gebornen 59,887, der Gestorbenen 48,059); sie ist fast ausschließlich russisch und bekennt sich zur griechisch-katholischen Kirche. Die Geistlichkeit ist stark vertreten, doch stehen Moralität und Volksbildung auf einer sehr tiefen Stufe. Die Zahl aller Lehranstalten ist 365 mit 22,075 Schülern. Darunter sind 11 mittlere Schulen mit 1991 Schülern, ein Priester (451 Schüler) und ein Lehrerinnenseminar (80 Lernende). Die Bewohner des Gouvernements gelten als gut patriotisch, was sie in den Kriegen von 1812 und 1855 genugsam bewiesen haben. Vom Areal sind 61 Proz. Wald, 20 Ackerland, 12 Wiesen, 7 Proz. Unland. Im südlichen Teil gedeihen die Linde und die Eiche noch, doch Ahorn und Ulme sind Seltenheiten. Von Fruchtbäumen werden Apfel- und Kirschbäume gezogen. Winterroggen und Flachs gedeihen gut, Weizen nur auf stark kultiviertem Boden. Die Ernte betrug pro Hektar der betreffenden Ackerfläche (1884) bei Roggen 8,3 hl, bei Winter-, bez. Sommerweizen 5,3, resp. 3,9, bei Hafer 9,6, bei Kartoffeln 53,6 hl. Das Tierreich ist besonders reich vertreten durch Enten und Schnepfen, Auer-, Birk- und Haselhühner, Elentiere, Hasen und Bären. Das Mineralreich liefert Kalk, Lehm, Sumpfeisen, Schwefel, Ocker und Torf. Die Fischerei ist einträglich, die Viehzucht wird vernachlässigt. 1883 zählte man 492,000 Stück Hornvieh, 727,000 Schafe, 15,000 Schweine u. 258,000 Pferde (gegen 1851: 318,000). Da der Ackerbau die Konsumtion nicht deckt, sind die Bauern auf Nebenbeschäftigungen angewiesen; sie verfertigen Fässer, Tischlerarbeiten, Spielsachen, Filz, Körbe, Bastmatten, Baumwollenstoffe, Leinwand (bis 4½ Mill. m jährlich) und Töpferwaren. Die Industrie, deren Hauptsitz die Stadt K., ist im Steigen begriffen und repräsentierte 1883 einen Produktionswert von 25,799,000 Rubel. Sie erstreckt sich besonders auf Spinnerei und Weberei von Baumwolle (14 Mill. Rub.) und Flachs (6 Mill. Rub.), Färberei (1,8 Mill. Rub.), Getreidemüllerei (1 Mill. Rub.), Branntweinbrennerei (2,3 Mill. Rub.), Gerberei (448,000 Rub.). Der Handel wird namentlich durch die Wolga sehr begünstigt. Das Gouvernement bildete früher einen Teil des Großfürstentums Moskau und wurde erst 1796 als eignes Gouvernement bestätigt. Es zerfällt in zwölf Kreise: Buj, Galitsch, Jurjewez, Kineschma, Kologriw, K., Makarjew, Nerechta, Soligalitsch, Tschuchloma, Warnawin und Wetluga. - Die Hauptstadt K. liegt am Einfluß der Kostroma in die Wolga, hat ein Denkmal des Zaren Michael Feodorowitsch (1834 errichtet), 40 Kirchen, darunter die 1239 erbaute Uspenskische Kathedrale, 2 Klöster, 18 Lehranstalten mit 2637 Schülern, darunter ein Gymnasium, ein Mädchengymnasium, eine Realschule, eine Pfarrschule, ein Priesterseminar, ein Lehrerinnenseminar, mehrere Buchhandlungen, ein Theater, eine Stadtbank, viele Fabriken (besonders für Baumwollwaren und Leinwand, dann für Maschinen, Leder), Schiffahrt, Salz- und Produktenhandel und (1881) 28,143 Einw. K. soll von Jurie Dolgorukij 1152 gegründet worden sein und wurde unter