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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kriegk; Kriegsakademie; Kriegsartikel; Kriegsaugmentation; Kriegsbaukunst; Kriegsbereitschaft

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Kriegk - Kriegsbereitschaft.

nissen und Vereinsfesten bewilligt. Nach den Kriegen von 1864 und 1866 belebte sich das schwindende Interesse für diese Vereine, die dann infolge des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 einen ungeahnten Aufschwung nahmen. 1872 begann eine allgemeine deutsche Kriegervereinsbewegung, welche den frühern Hauptzweck, die militärische Begräbnisfeier, auf die Pflege der militärischen Kameradschaft sowie der Liebe und Treue zum Kaiser und Reich durch belehrende Vorträge im Verein und bei festlichen Versammlungen, Kriegertagen etc. sowie durch Vereinszeitschriften und auf die Unterstützung hilfsbedürftiger Kameraden ausdehnte. Es lag nahe, anzunehmen, daß diesen Zwecken in der Vereinigung einer größern Anzahl von Nachbarvereinen eine intensive Förderung erwachsen würde, und daß als das höchste Ziel die Vereinigung aller deutschen Krieger-, Veteranen-, Kampfgenossen- etc. Vereine zu einem allgemeinen deutschen Kriegerverband anzustreben sei. Der Polizeisekretär Brößke zu Spandau berief in diesem Sinn zu Ostern 1872 nach Weißenfels einen von einigen 40 Vereinen beschickten Kriegertag und legte diesem die Statuten für einen allgemeinen deutschen Kriegerverein vor, worauf der Deutsche Kriegerbund gegründet wurde, an dessen Spitze der Generalleutnant a. D. v. Stockmar trat. Weil diese Statuten jedoch die politischen und landsmannschaftlichen Verhältnisse andrer Vereine zu wenig berücksichtigten, schloß sich die Mehrzahl der bestehenden Vereine ihnen nicht an, vielmehr wurde zunächst die Bildung von Gau-, Provinzial- und Landesverbänden angeregt. Dies führte im Herbst 1873 zu dem Kartellbündnis deutscher Kriegerverbände unter dem Vorsitz des Schriftstellers Dinckelberg, dem sich außer 4 preußischen noch Verbände aus Bayern, Württemberg und Hessen anschlossen. Wiederholte Versuche zur Verschmelzung dieser großen Kriegerverbände auf dem Kongreß 1874 in Leipzig, 1877 und 1881 zu Frankfurt a. M. blieben erfolglos, obgleich Kaiser Wilhelm lebhaftes Interesse für diese Vereinigung zeigte und den General v. Glümer 1877 mit deren Ausführung beauftragte, nach deren Gelingen er das Protektorat über die vereinigten K. zu übernehmen in Aussicht gestellt hatte. Nach vergeblicher Thätigkeit trat derselbe 1878 zurück. Auch die 1882 in Berlin und 1883 in Hamburg abgehaltenen Kriegertage hatten keinen bessern Erfolg. Endlich kam 2. Juli 1884 zu Berlin die lang erstrebte Vereinigung zu stande, indem der Deutsche Kriegerbund mit 2099 Vereinen und 157,721 Mitgliedern und eine Anzahl preußischer Provinzialverbände mit 400 Vereinen und 75,431 Mitgliedern zum Deutschen Reichs-Kriegerverband sich vereinigten. An diese Vereinigung wurde die Hoffnung geknüpft, daß auch die Landeskriegerverbände in Bayern, Sachsen und Württemberg dem Reichsverband beitreten werden, der dann in etwa 16,000 Vereinen gegen ½ Mill. Mitglieder umfassen würde. Die bemerkenswertesten Vereinszeitschriften sind: "Der Kamerad" (Dresden); "Der deutsche Kriegerbund" (Zittau); "Deutsche Kriegerzeitung" (Sondershausen); "Die Parole" (Berlin); "Der Veteran" (München); "Württembergische Kriegerzeitung" (Stuttgart); "Landwehr-Zeitung", deutsch und polnisch (Posen); "Organ des Hamburger Kriegerverbandes" (Hamburg). Vgl. Selle, Die Krieger- und Landwehrvereine in Preußen (Hagen 1882). - Auch Österreich hat ein ausgebreitetes Kriegervereinswesen mit gleicher Tendenz wie in Deutschland. In gleicher Veranlassung wie hier wurde von Joseph Müller zu Reichenberg i. Böhm. bereits 1821 ein Militär-Veteranenverein gegründet, der indes nur ganz vereinzelt Nachahmung fand. Erst nach dem Krieg 1866 fand das Kriegervereinswesen weitere Ausbreitung, doch bildeten sich hier keine größern Verbände, sondern nur in den einzelnen Städten lokale Militär-Veteranenvereine, deren Anfang 1885 bereits 1097 bestanden.

Kriegk, Georg Ludwig, verdienter histor. Schriftsteller, geb. 25. Febr. 1805 zu Darmstadt, war lange Zeit als Professor der Geographie und Geschichte am Gymnasium zu Frankfurt a. M. thätig, ward 1863 Stadtarchivar daselbst und starb, seit 1875 pensioniert, 28. Mai 1878. Er schrieb: "Das thessalische Tempe" (Leipz. 1835); "Schriften zur allgemeinen Erdkunde" (das. 1840); "Die Völkerstämme und ihre Zweige" (Frankf. 1848, 5. Aufl. 1882); "Frankfurter Bürgerzwiste und Zustände im Mittelalter" (das. 1862); "Die Goldene Bulle der Stadt Frankfurt a. M." (das. 1867); "Deutsches Bürgertum im Mittelalter" (das. 1868, neue Folge 1871); "Die Brüder Senckenberg" (das. 1869); "Geschichte von Frankfurt a. M. in ausgewählten Darstellungen" (das. 1871); "Die deutsche Kaiserkrönung" (Hannov. 1872); "Deutsche Kulturbilder aus dem 18. Jahrhundert" (Leipz. 1874, mit einem Anhang: "Goethe als Rechtsanwalt"). Auch ist K. Bearbeiter der ersten Auflage von Schlossers "Weltgeschichte für das deutsche Volk".

Kriegsakademie, Bezeichnung für militärische Hochschulen. Die K. in Berlin wurde 1756 von Friedrich II. als Allgemeine Kriegsschule gegründet, erhielt 1858 ihren jetzigen Namen und wurde 1872 dem Chef des Generalstabs unterstellt. Sie dient zur Ausbildung hervorragend befähigter Offiziere für den Generalstab, die Adjutantur und zu höhern Truppenführern. Der Kursus ist dreijährig, jeder Cötus hat 100 (die K. 300) Schüler. Bayern hat seit 1867 in München eine K. von ähnlicher Organisation. Für Österreich hat die Kriegsschule zu Wien den gleichen Zweck (Kursus zweijährig), in Rußland die Nikolaus-Generalstabs-Akademie zu Petersburg, in Frankreich die École supérieure de guerre. - Die erste K. gründete Karl V. zu Toledo; Wallenstein errichtete eine solche 1624 zu Gilschin, die aber 1634 wieder einging.

Kriegsartikel, kurze Pflichtenlehre für den Soldaten sowie ein in gemeinverständlicher Sprache abgefaßter Auszug aus den Militärstrafgesetzbüchern für das deutsche Heer vom 31. Okt. 1872, in Österreich vom 15. Jan. 1855. Die K. werden jedem Soldaten vor seiner Vereidigung vorgelesen und erläutert und dies von Zeit zu Zeit wiederholt. Die K. entstanden als Artikelsbriefe, die gleichzeitig als Werbekontrakt dienten; Karl der Kühne von Burgund, Kaiser Maximilian, Gustav Adolf, Wallenstein, der Große Kurfürst etc. haben solche erlassen, die, den damaligen Verhältnissen und Anschauungen entsprechend, äußerst streng waren.

Kriegsaugmentation, die zur Ergänzung der Friedensstärke oder der Friedensausrüstung von Truppen auf den Kriegsetat dienenden Mannschaften (Reserven), Pferde und Ausrüstungsstücke aller Art (Augmentationsbestände), welch letztere meist im Frieden bereit gehalten werden.

Kriegsbaukunst umfaßt alle Arten militärischer Bauten, im eigentlichen Sinn die Festungsbauten (s. Festung).

Kriegsbereitschaft, Übergangszustand zwischen dem Friedens- und dem mobilen Verhältnis der Truppen. Ein erhöhter Mannschaftsstand, Bespannung aller Geschütze und teilweise der Fahrzeuge verschaffen den