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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kurdistan; Kurellasches Brustpulver; Kuren

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Kurdistan - Kuren.

Scheu mit andern Männern und haben auch männliche Bedienung. Die Mädchen werden in der Regel zwischen dem zehnten und zwölften Jahr verheiratet; wie im ganzen Morgenland, muß auch hier der Bräutigam für die Braut bezahlen. Nur reiche und vornehme K. heiraten mehrere Frauen, die Guranen nie. Mißhandlung einer Frau kommt nur selten vor. Die Kleidung besteht zumeist in weiten Beinkleidern (Schalwar), einem eng anschließenden, durch einen Gürtel zusammengehaltenen Rock und einem weiten braunen und weißen Kaftan (Antari), der, am Halse zugeknöpft, über den Rock herunterfällt. Über das Ganze wird noch ein Mantel geworfen. Als Kopfbedeckung dient eine kegelförmige gelbe Filzmütze oder der türkische Turban. Die K. scheren sich meist den Kopf und tragen einen Schnurrbart, nur Greise den Vollbart. Ihre Waffen bestehen bei den Reitern in langer Lanze, Säbel und Pistolen; die Fußkämpfer tragen Flinten, im Gürtel den Dolch (Handschar).

Die Zahl der K. wird auf 1,828,000 (nach andern sogar 2,250,000) Seelen geschätzt, davon in der asiatischen Türkei 1,300,000, in Persien 500,000, in Afghanistan und Belutschistan 5000 und in Russisch-Transkaukasien 13,000. Die Sprache hat denselben Bau wie die neupersische, woraus sich die indogermanische Abkunft des Kurdischen sicher ergibt. Die Sprachverschiedenheit, welche Rich zwischen Assireten und Guranen beobachtete, beschränkt sich darauf, daß die Bauernsprache sich mehr zum Neupersischen hinneigt und also die fortgeschrittene Bildung der Bauern vor den Kriegern bekundet. Im übrigen zerfällt das Kurdische in zahlreiche Dialekte und ist in den Grenzgebieten mit einer Menge türkischer, arabischer, syro-chaldäischer, griechischer und russischer Wörter vermengt. Es hat einen überaus rauhen Klang, aber nicht so viel Zisch- und Kehllaute wie andre asiatische Sprachen. Eigne Schriftzeichen gibt es nicht, von einer Litteratur kann somit nicht eigentlich die Rede sein; doch leben im Munde des Volkes viele Volkslieder, die unter Begleitung einer Hirtenflöte vorgetragen werden. Diese Lieder bestehen aus Doppelversen, die als Wechselgesänge in Chören behandelt werden, und sind zum Teil durch Geistliche in arabischer Schrift aufgezeichnet worden. Auch Lerch sammelte deren von kurdischen Gefangenen in Rußland. Musik und Tanz lieben die K. leidenschaftlich. Nationaltanz ist der Tschopi, ein Ringtanz mit lebhaftem Hin- und Herschwingen des Leibes, Fußstampfen und wildem Geschrei, begleitet von Trommel und Pfeife. - In Persien brach 1880 ein großer Aufstand unter den K. aus, weil der Gouverneur von Aserbeidschân die Steuern verdoppeln wollte. Die türkischen K. unterstützten ihre Stammesgenossen durch einen Zuzug von 15,000 Mann. Doch wurden die Aufständischen, nachdem sie furchtbare Verwüstungen angerichtet hatten, durch ein 40,000 Mann starkes persisches Heer zurückgedrängt, worauf sich die persischen K. ergaben. Vgl. Roediger und Pott, Kurdische Studien (in der "Zeitschrift für Kunde des Morgenlandes", Bd. 3-7); Lerch, Forschungen über die K. (Petersb. 1857-58, 2 Hefte); Schläfli ^[richtig: Schäfli (Alexander)], Beiträge zur Ethnographie Kurdistans ("Petermanns Mitteilungen" 1863); F. Millingen, Wild life among the Koords (Lond. 1870); Blau, Die Stämme des nordöstlichen Kurdistan (in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", Bd. 12, Leipz. 1858); Jaba, Dictionnaire kurde-français (hrsg. von Justi, Petersb. 1879); Derselbe, Recueil de notices et récits Kourdes (das. 1860); Justi, Kurdische Grammatik (das. 1880).

Kurdistan, das Land der Kurden, eine ausgedehnte, nicht genau zu begrenzende Landschaft in der asiatischen Türkei und in Persien, die jedoch nicht allein von Kurden, sondern auch von Armeniern und andern asiatischen Völkerstämmen bewohnt wird. Das türkische K., welches politisch in die Wilajets Diarbekr und Ma'amuret el Aziz zerfällt, umfaßt das obere Gebiet des Tigris und das mittlere des Euphrat, während das gesamte von Kurden bewohnte Land noch Teile der Wilajets Erzerum, Dersim, Bitlis, Hakkiari, Wan und Bagdad sowie der persischen Provinzen Ardilan und Aserbeidschân in sich begreift und aus dem mächtigen westlichen Gebirgsrand des Tafellandes von Iran, zwischen 34 und 38° nördl. Br., sowie aus dem östlichen Ende des Taurusgebirges besteht, das hier als Südrand Armeniens, zwischen 37 und 39° nördl. Br. von O. nach W. streichend, sich an die persischen Gebirge anschließt. Das eigentliche K. bezeichnet v. Moltke durch eine Linie, gezogen von Diarbekr über Mardin, Nisibin, Dschesireh ibn Omar, Wan, Musch, Palu, Derindeh, Marasch und Adiaman. Das türkische Gebiet kam zum Teil schon 1470 mit der Eroberung des Königreichs Trapezunt unter die Herrschaft der Osmanen; die Unterwerfung des übrigen wurde von Hafiz Pascha 1837 begonnen und 1847 durch die Gefangennahme des Beis Mahmud von Wan und des Bederchans von Dschesireh beendet. Das persische K. umfaßt den südwestlichen Teil der Provinz Aserbeidschân und den Westen von Ardilan bis zum Kerchafluß. Staatlich hat K. keine Bedeutung; es besteht aus vereinzelten Dorfschaften ohne staatlichen Verband, ohne gebahnte Wege und ohne andern Verkehr als feindliche Raubzüge; so ist denn auch jeder in seinem Haus zur Verteidigung gerüstet. Die Oberfläche des Landes hat den Charakter eines Kettengebirgslandes mit ausgedehnten Hochebenen zwischen den Ketten. Das Gebirge verflacht sich nach SW. zu und geht hier in die mesopotamische Ebene über. Hauptflüsse sind: der Tigris (Didschle), der Murad oder östliche Euphrat im NW., der Zerkan und Hesawi, Nebenflüsse des Chabur, im S. Hinsichtlich des Klimas fehlt es noch an zuverlässigen Beobachtungen. In den Bergen folgt oft einem langen Winter ein schöner, mäßig warmer Sommer. Im südlichen Teil Kurdistans gedeihen Zitronen- und Granatbäume, auch die Dattelpalme, die hier ihre Nordgrenze hat; nördlicher und an den Bergen herauf finden sich Oliven, Balamuteichen (von der die Galläpfel kommen) und Fichten, oft Haine und herrliche Waldungen bildend. Mächtige Nußbäume und Platanen umgeben die Dörfer. An Mineralien findet man Silber, Kupfer, Steinkohlen und Naphtha; es fehlt jedoch an rühriger Ausbeute. Aus dem Tierreich sind zu nennen: in den Bergen der Bär und Eber, im Tiefland Hyäne und Schakal; auch wilde Esel soll es in Menge geben sowie Jagdleoparden. Den Grundstock der Bevölkerung bilden, wie erwähnt, die Kurden (s. d.). Neben ihnen wohnen im nordwestlichen Teil am Murad Armenier, im südöstlichen Teil am mesopotamischen Chabur und längs des Westufers des Tigris Araber, zwischen ihnen eingesprengt Türken und bis ins Hochgebirge hinein Juden. Die wichtigsten Städte im türkischen K. sind: Diarbekr, Bitlis und Mardin, im persischen K. Kirmanschahan. Vgl. M. Wagner, Reise nach Persien und dem Lande der Kurden (Leipz. 1852).

Kurellasches Brustpulver, s. Brustpulver.

Kuren, ein zum finnischen Zweig der mongolenähnlichen Völker gehöriger Stamm, welcher im Mittelalter die Halbinsel an der Ostsee zwischen dem