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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Landkarten

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Landkarten (Projektionsarten).

Erde setzt, die der Kotangente von 60° fast gleichkommt. Eine zwischen den beiden letztgenannten Entwurfsarten vermittelnde Projektion ist die von Nell 1852 vorgeschlagene modifizierte Globularprojektion; dieselbe bildet das arithmetische Mittel aus beiden, schädigt die Winkeltreue weniger als die Globularprojektion und beseitigt zum großen Teil das Mißverhältnis der Flächenräume, welches bei der stenographischen Entwurfsart zwischen Mitte und Rand besteht. Lamberts äquivalente Umformung der stereographischen Äquatorialprojektion (1772) ist von Bode ("Kenntnis der Erdkugel", 1786) adoptiert, aber wegen Schwierigkeiten des Entwurfs selten in Anwendung gekommen. Weit mehr Anrecht auf Annahme hat die homalographische Projektion, die von Mollweide (1805) zuerst angegeben und von Babinet (1857), mit Überschreitung ihrer eigentlichen Wirkungssphäre, auf einen ganzen Atlas ausgedehnt wurde. Sie läßt die reguläre Teilung des Quadranten fahren, welche Nicolosi und Lambert beibehielten, macht die Abstände der Meridiane gleich und berechnet die Abstände der Parallelkreise (Fig. 6, Cb, Cd etc.) vom Äquator derart, daß die Flächeninhalte der Zonen ACab, ACcd etc. jenen auf der Kugel entsprechen. Dadurch wird bewirkt, daß Länder am Rand zu Ländern um den Mittelpunkt bezüglich des Areals gleiches Verhältnis haben, die Umrisse jedoch sich ändern, indem sie in der heißen Zone in Meridianrichtung, in der kalten Zone in der Richtung der Parallelkreise gedehnt werden, abgesehen von jener Verzerrung der Umrisse, die durch die Krümmung der Meridiane gegen den Rand hin gesteigert wird. Diese Verzerrung wird selbstverständlich am bedeutendsten, wenn, was sonst wohl angeht, die ganze Erdoberfläche in dieser Entwurfsart als langgestreckte Ellipse (als Oval, dessen Durchmesser wie 1:2 sich verhalten) dargestellt wird. Noch erübrigt die Erwähnung der orthogonalen oder orthographischen Projektion (Fig. 7), welche den Augenpunkt in unendlicher Entfernung nimmt, und nach der die halbe Kugelfläche aus dieselbe parallel treffenden Strahlen projiziert wird. Dieselbe findet wegen ihrer jähen Verkürzung am Rand nur für Mondkarten Anwendung, eignet sich für diese aber vorzüglich, weil der Mond uns stets dieselbe Seite zuwendet und diese dem Auge nahezu als orthogonale Scheibe erscheint.

Auch die Streifen, aus denen der Globus zusammengesetzt wird (gewöhnlich 12 an der Zahl), erfordern eine Konstruktion, damit die Parallelkreise keine Polygone werden. Jeder Parallelkreis erfordert einen besondern Radius, um jene Krümmung zu erhalten, die beim Zusammenfügen der Streifen die vollkommene Kreislinie herstellen hilft. Die Projektionen kleinerer Teile der Erdoberfläche stehen mit der darzustellenden Fläche in einem solchen Zusammenhang, daß man für einen bestimmten Erdraum auf eine Entwurfsart angewiesen ist, die für den gegebenen Fall die vorteilhafteste ist. Erstreckt sich eine Landkarte nur über wenige Grade (4-5) vom Mittelpunkt aus, und ist dieser weder dem Äquator noch dem Pol nahe gelegen, so wird gewöhnlich die Kegelprojektion gewählt. Sie rührt von Ptolemäos (150 n. Chr.) her und beruht auf der Übertragung des Kugelstücks auf die Mantelfläche eines Kegels, der im Mittelpunkt der Karte die Erde berührend gedacht wird. Dem Mittelpunkt M entspricht der Kegel, dessen Hälfte PNC in Fig. 8 gezeichnet ist. Vom Punkt P, dessen Entfernung man durch die Kotangente (PM) der geographischen Breite AM findet, werden die Parallelkreise gezogen, auf dem mittlern, der durch M geht, die Grade der Länge aufgetragen u. durch die Durchschnittspunkte von P aus die Meridiane gezogen (Fig. 9). Diese Projektionsart liefert geradlinige Meridiane und konzentrische Parallelkreise. Gerhard Mercator (Kremer), der vorzüglichste Kartograph des 16. Jahrh., verbesserte (1554) die Projektion des Ptolemäos, indem er (wie später 1745 de l'Isle) die Längengrade nicht auf dem mittlern Parallel der Karte auftrug, sondern auf zwei in der Mitte zwischen diesem und den Rändern der Karte gelegenen Parallelkreisen, wodurch die Abweichung der Projektion vom Kugelnetz auf die halbe Fehlergröße reduziert und verteilt wurde. Andre Versuche, die Kegelprojektion weiter auszudehnen und von den anhaftenden Nachteilen möglichst freizumachen, rühren von Murdoch her (1758). Die wichtigste Abänderung hat nach dem in Vergessenheit geratenen Vorschlag des Ptolemäos Bonne (1752) eingeführt; sie besteht in dem Auftragen der entsprechenden Längengrade auf jedem Parallelkreis, was zur Folge hat, daß die Meridiane, mit Ausnahme des mittelsten, aufhören, gerade Linien zu sein, und desto stärker gekrümmt erscheinen, je weiter sie von dem mittlern abstehen, und je größer das dargestellte Stück der Erdoberfläche ist. Die Bonnesche Projektion ist die gewöhnlichste bis zu den Erdteilkarten hinab, bei denen die Abweichungen vom Kugelnetz in den Ecken schon bedeutend werden und die rechtwinkeligen sphärischen Trapeze mehr und mehr eine rhomboedrische Gestalt bekommen (Fig. 10). Gelangen Äquatorialländer (z. B. Afrika) zur Darstellung, so wird die Bonnesche Projektion identisch mit der Sansonschen (1650) oder Flamsteedschen (1729, Himmelsatlas), bei der die Parallelkreise zu geraden Parallellinien werden und die Meridiane Kurven bilden, die durch die Verbindung der auf jedem Parallel aufgetragenen Längengrade entstehen (Fig. 11). Die Abweichung von dem Kugelnetz ergibt sich leicht aus den vom Mittelpunkt an immer schiefer werdenden Trapezen, deren Diagonalen zunehmend ungleiche Längen erhalten. Zweckmäßiger als die Bonnesche

^[Abb.: Fig. 6. Homalographische Projektion. Fig. 7. Orthogonale Projektion. Fig. 8. Theorie der Kegelprojektion. Fig. 9. Kegelprojektion. Fig. 10. Bonnesche Projektion. Fig. 11. Flamsteeds Projektion.]