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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Laetare - Lateinische Sprache.

den Negern gegessen werden. Die Pflanze bildet eine der herrlichsten Zierden unsrer Palmenhäuser. Auch L. Loddigesii Mart., aus dem äquinoktialen Afrika, wird bei uns kultiviert. L. chinensis Jacq., L. borbónica Lam. s. v. w. Livistona chinensis Mart. S. Tafel "Blattpflanzen II".

Laetare (lat., "Freue dich"), Name des vierten Fastensonntags, vom Anfangswort des in der alten Kirche üblichen Introitus Laetare Jerusalem (Jes. 66, 10). Er heißt auch Mittfasten, weil er in die Mitte der Fastenzeit fällt; Rosensonntag, weil der Papst an diesem Tag die Goldene Rose zu weihen pflegt, und Brotsonntag wegen der Lektion von der Speisung der 5000 Menschen (Joh. 6, 1-15).

Lateau (spr. -toh), Louise, das neueste Beispiel für Stigmatisation (s. d.); geb. 30. Jan. 1850 als Tochter eines Eisenbahnarbeiters zu Bois d'Haine in Belgien, wurde L. seit 24. April 1868 mit den an jedem Freitag blutenden Wundenmalen begnadigt, wozu seit Juli 1868 Ekstase und seit März 1871 angeblich gänzliche Speiseenthaltung mit Ausnahme der täglich genossenen Kommunion kam. Die Geistlichkeit, an ihrer Spitze der Bischof Dumont von Tournai, beutete den rätselhaften Zustand jahrelang im Interesse der katholischen Kirche aus, welche Gott durch solches Wunder auszeichne, und als Dumont 1880 vom Papst für irrsinnig erklärt und abgesetzt wurde, soll die L. für ihn Partei ergriffen haben. Übrigens hatte dem ganzen in Bois d'Haine ausgeführten Schauspiel Louisens Schwester schon im Sommer 1875 für einige Zeit dadurch ein Ende bereitet, daß sie der Geistlichkeit das Haus verbot. Eine von der medizinischen Fakultät zu Brüssel mit der Untersuchung des Falles beauftragte Kommission aber kam zu dem Resultat, die L. leide an "stigmatischer Neuropathie". Seit 1880 galt sie nur noch als krank und starb 25. Aug. 1883. Vgl. Warlomont, Rapport médical sur la stigmatisée de Bois d'Haine (Brüssel 1875). Ihr Leben beschrieb Majunke (Berl. 1874).

Latein, s. v. w. lateinische Sprache, bekanntlich jahrhundertelang die Gelehrtensprache; daher die Redensart "mit seinem L. (d. h. seinem Wissen und Können) zu Ende sein".

Lateiner, die Bewohner von Latium, s. Latiner; lateinisch, auf Latium bezüglich, insbesondere s. v. w. römisch; auch s. v. w. abendländisch, im Gegensatz zu byzantinisch (morgenländisch); endlich im Volksmund gebraucht für pedantisches, unpraktisches Wesen, wie es Gelehrte zeigten, z. B. lateinische Farmer (in Amerika); lateinische Jäger, s. v. w. Sonntagsjäger; lateinische Reiter etc.

Lateinische Kirche, s. v. w. römisch-katholische Kirche, im Gegensatz zur morgenländischen oder griechisch-katholischen.

Lateinische Küche, s. v. w. Apotheke.

Lateinische Kunst, in der Jägersprache die angebliche Kunst, die Büchse eines andern zu versprechen, Wild zu berücken u. dgl. infolge eines Bündnisses mit dem Teufel.

Lateinischer Münzvertrag (lateinische Münzkonvention), der Vertrag, welcher 23. Dez. 1865 zwischen Frankreich, Italien, Belgien und der Schweiz über Ausprägung ihrer Gold- und Silbermünzen abgeschlossen wurde. Nach demselben werden nur Goldstücke zu 100, 50, 20, 10 und 5 Frank ausgeprägt (3100 Fr. aus 1 kg Münzgold zu 9/10 fein) und Silbermünzen zu 5 Fr. (200 Fr. aus 1 kg Münzsilber zu 9/10 fein). Der Vertrag beruhte auf dem System der Doppelwährung, doch wurde infolge der Erniedrigung des Silberpreises in der neuern Zeit die Ausprägung der 5-Frankstücke beschränkt (1874) und 1876 vollständig eingestellt. Die kleinern Silbermünzen zu 2 und 1 Fr., 50 und 20 Cent. sind Scheidemünzen, da sie nicht zu 9/10 fein (wie früher die 2- und 1-Frankstücke), sondern zu 0,835 fein ausgeprägt werden. Griechenland trat dem Vertrag 1868 bei. Spanien, Rumänien, Serbien, Bulgarien haben das französische Münzsystem im wesentlichen angenommen, ohne jedoch in den Münzbund einzutreten. Österreich prägt seit 1870 Goldstücke zu 8 und 4 Guld. mit dem gleichen Goldgehalt (zu 9/10 fein) wie die 20- und 10-Frankstücke, dieselben werden an den Staatskassen der Länder des lateinischen Münzvertrags angenommen und umgekehrt die 20- und 10- Frankstücke zum Betrag von 8 und 4 Guld. an den Staatskassen Österreichs. Vgl. Frank und Währung.

Lateinisches Kaisertum, das 1204 von den Kreuzfahrern zu Konstantinopel errichtete abendländische Kaisertum, ging 1261 wieder unter; s. Oströmisches Reich.

Lateinisches Kreuz, s. Kreuz, S. 198.

Lateinische Sprache (römische Sprache), einer der reichsten und kräftigsten Äste des indogermanischen Sprachstammes, ursprünglich neben dem Umbrischen und Oskischen (Sabellischen) eins der Hauptidiome der nichtetruskischen Bevölkerung Mittelitaliens und auf die Bewohner der Ebene Latiums beschränkt, aus welchen die Römer hervorgingen. Während die Sprache der übrigen Völker Italiens außer den stammverwandten Umbrern und Sabellern (Etrusker, Iapygen, Ligurer) aus mehr oder minder enge Bezirke beschränkte Volksdialekte blieben und seit Unterwerfung der ganzen Halbinsel unter die römische Herrschaft allmählich verschwanden, wurde das Latein durch die Römer nicht nur aus einem Dialekt zur herrschenden Sprache Italiens erhoben, sondern auch zur Litteratursprache entwickelt. Diese Entwickelung begann erst um die Mitte des 3. Jahrh. v. Chr., also des 5. Jahrh. seit dem Bestehen Roms, und zwar unter der Einwirkung der griechischen Litteratur und Bildung. Durch die zuvor geübte dramatische und epische Poesie wurde die noch neue, ungefüge und wenig melodische Sprache bald so gefördert, daß sie bereits im 2. Jahrh. zu litterarischen Prosadarstellungen befähigt war. In grammatischer und stilistischer Beziehung wurde die Prosa, namentlich die rednerische, erst im letzten Jahrhundert v. Chr. besonders durch Cicero, mit dem das sogen. goldene, bis zu Augustus' Tod (14 n. Chr.) reichende Zeitalter der lateinischen Sprache beginnt, ausgebildet und überhaupt zu wissenschaftlicher Darstellung geeignet gemacht. Entscheidend für die weitere Entwickelung der Prosa wirkten die von ihren griechischen Mustern abhängigen Augusteischen Dichter, vor allen Vergil; durch ihren Einfluß drang in die Sprache eine Menge von Gräzismen, namentlich syntaktischer Art, und die ganze silberne Latinität ist von ihnen, wenn auch in verschiedenem Grad, angefüllt und modifiziert. Mit dem im 2. Jahrh. beginnenden Sinken der prosaischen Litteratur verschwindet zwar diese gräzisierende Richtung allmählich, indem man auf die archaische, vorciceronische Latinität zurückging; dafür greift aber seit dem Anfang des 3. Jahrh. eine zunehmende Verwilderung der Sprache Platz, indem der Unterschied zwischen dem Sermo urbanus, der gebildeten Sprache der Hauptstadt, und dem Sermo plebeius und rusticus, der Pöbel- und Bauernsprache, welche zahlreiche altertümliche, von der Schriftsprache abgestoßene Formen und Ausdrücke erhalten und sich im Lauf der Zeit vielfache Provinzialismen ange-^[folgende Seite]