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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lemcke; Lemercier; Lemgo; Lemierre; Lemma; Lemming; Lemna

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Lemcke - Lemna.

durch die Türken; 1704 wurde es vom schwedischen König Karl XII. eingenommen. Bei der ersten Teilung Polens fiel L. an Österreich. In den Unruhen von 1848 erlitt die Stadt durch das Bombardement vom 2. Nov. bedeutenden Schaden.

Lemcke, 1) Ludwig G., Litterarhistoriker, geb. 25. Dez. 1816 zu Brandenburg, studierte, in Braunschweig vorgebildet, seit 1836 in Berlin, lebte darauf längere Zeit in Braunschweig und wurde 1863 als Professor der romanischen Philologie an die Universität Marburg, 1867 in gleicher Eigenschaft nach Gießen berufen, wo er 21. Sept. 1884 starb. Sein Hauptwerk ist das "Handbuch der spanischen Litteratur" (Leipz. 1855, 3 Bde.). Zahlreiche Aufsätze von ihm befinden sich in Eberts "Jahrbuch für romanische und englische Litteratur", dessen Herausgabe er 1866 übernahm. Auch übersetzte er Macaulays "Geschichte von England".

2) Karl, Ästhetiker, geb. 26. Aug. 1831 zu Schwerin, studierte in Göttingen, München und Heidelberg, lebte darauf längere Zeit in Berlin, Paris und München, habilitierte sich 1862 als Privatdozent für Ästhetik und deutsche Litteraturgeschichte in Heidelberg, wo er später zum außerordentlichen Professor ernannt wurde, verlegte 1871 seinen Wohnsitz nach München, von wo er 1873 einem Ruf als Professor der Ästhetik und Kunstgeschichte an die Reichsakademie für bildende Künste nach Amsterdam folgte. In gleicher Eigenschaft wurde er 1876 an die technische Hochschule in Aachen und 1885 an die technische Hochschule und Kunstschule in Stuttgart berufen. In weitern Kreisen ist L. besonders durch seine "Populäre Ästhetik" (Leipz. 1865, 5. Aufl. 1879) bekannt geworden, die auch mehrfach in fremde Sprachen übersetzt wurde. Außerdem veröffentlichte er: "Lieder und Gedichte" (Hamb. 1861), "Geschichte der deutschen Dichtung neuerer Zeit" (Bd. 1: "Von Opitz bis Klopstock", Leipz. 1871) und bearbeitete zahlreiche Monographien, besonders über die niederländischen Maler; in Dohmes "Kunst und Künstler". Unter dem Pseudonym Karl Manno erschienen von ihm die Romane: "Beowulf" (Berl. 1882) und "Ein süßer Knabe" (das. 1884).

Lemercier (spr. lömerssjeh), Louis Jean Népomucène, franz. Dichter, geb. 21. April 1771 zu Paris, machte sich, nach mehreren vergeblichen Versuchen, 1797 mit der klassischen Tragödie "Agamemnon" einen berühmten Namen. In den feinen Zirkeln glänzte er durch Geist und Witz und war ein gern gesehener Gast beim Ersten Konsul, bis sein rücksichtsloser Freimut dies Verhältnis trübte und zwar bis zu dem Grade, daß Napoleon alles that, um dem Dichter und seinen Stücken Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Durch Eleganz der Verse, Anmut des Stils und Kühnheit der Phantasie zeichnen sich aus: "Quatre métamorphoses" (1800), eine geistreiche Beschreibung der cynischen Bilder aus dem Museum von Neapel, und "Pinto" (1801), eine Mischung von Tragödie und Komödie, voll Neuerungen in Inhalt und Form, womit er die "Hochzeit des Figaro" übertrumpfen wollte. Das merkwürdigste seiner Gedichte ist die philosophische Satire "La Panhypocrisiade, ou la Comédie infernale du XVI. siècle" (1819, in 16 Gesängen), welches Victor Hugo eine litterarische Schimäre nennt, ein Gemisch von Epos, Posse und Satire. Seine übrigen zahlreichen Werke fanden wenig Beachtung, mit Ausnahme der Tragödie "Frédégonde et Brunehaut" (1821), die zwar auch keinen dauernden Erfolg errang, jedoch dazu beitrug, daß man L. den Vater des Romantizismus nannte, wogegen er immer protestiert hat. Seit 1810 Mitglied der Akademie, starb er 7. Juni 1840.

Lemgo, Stadt im Fürstentum Lippe, an der Bega, ehemals Hansestadt, hat 2 alte evang. Kirchen, ein altes Rathaus, altertümliche Gebäude (Lippehof und Annenhof), ein Gymnasium, ein Amtsgericht, ein aus einem Dominikaner-Nonnenkloster entstandenes Jungfrauenstift mit einer Äbtissin (Prinzessin aus dem regierenden fürstlichen Haus) an der Spitze (seit 1306), ein Beghinenhaus, eine Stiftung für arbeitsunfähige Frauen, ein Waisenhaus, Zigarren-, Leder- und Wollwarenfabriken, Meerschaumfabrikation, Bierbrauerei und (1885) 6443 meist evang. Einwohner.

Lemierre (spr. lömĭähr), Antoine Martin, franz. Bühnendichter, geb. 12. Jan. 1723 zu Paris, widmete sich unter der Protektion des Generalpachters Dupin der Dichtkunst, errang viermal den akademischen Preis und dichtete eine Anzahl Tragödien, von denen "Hypermnestre" (1758), "La veuve du Malabar" (1770) und besonders "Guillaume Tell" (1766) viel Beifall fanden. Berühmter ist er durch seine beschreibenden Gedichte: "La Peinture" (1769) und "Les Fastes" (1779) geworden, die in einzelnen Partien recht glücklich an Erfindung und Ausdruck sind. Seit 1781 Mitglied der Akademie, starb er 4. Juli 1793. Sein "Théâtre" erschien Paris 1795 in 2 Bänden, seine "Œuvres" daselbst 1810 (3 Bde.) und "Œuvres choisies" daselbst 1811 (2 Bde.)

Lemma (griech., Lehnsatz), ein Satz, den eine Wissenschaft einer andern (als in dieser einheimisch und ausgemacht) ohne weitern Beweis entlehnt.

Lemming (Myodes Pall.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Wühlmäuse (Arvicolina), kleine, sehr gedrungen gebaute, kurzschwänzige Tiere mit großem Kopf, tief gespaltener Oberlippe, kleinen, rundlichen Ohren, kleinen Augen, fünfzehigen, auch auf den Sohlen dicht behaarten Füßen und großen Sichelkrallen. Der norwegische L. (M. Lemmus Pall., s. Tafel "Nagetiere II") ist 13 cm lang, mit 2 cm langem Schwanz, auf der Oberseite braungelb, dunkel gefleckt, auf der Unterseite fast sandfarben, mit gelbem Schwanz und gelben Pfoten und zwei gelben Streifen in der Augengegend, bewohnt Skandinavien, besonders die höhere Gebirgsregion, im Norden aber auch die Tundra, lebt gesellig in kleinen Höhlungen unter Steinen oder im Moose, schürft im Winter lange Gänge in den Schnee und baut darin ein Nest aus Gras. Die Lemminge sind an manchen Orten sehr gemein; sie nähren sich von dem kümmerlichen Pflanzenwuchs ihrer Heimat, besonders von Flechten, und thun nur selten den Feldern erheblichen Schaden. Bisweilen werden sie durch Nahrungsmangel zu großen Wanderungen veranlaßt, aber in Bezug auf diese letztern ist sehr viel gefabelt worden. Ihr manchmal plötzliches massenhaftes Auftreten erklärt sich durch ihre Fruchtbarkeit, aber eine große Anzahl von Feinden und klimatische Verhältnisse verhindern zu starke Vermehrung der Tiere. Der L. ist ungemein lebhaft und erregbar, verrät sich daher stets durch Quieken und Grunzen, flieht zwar bei einem Angriff, setzt sich aber, in die Enge getrieben, energisch zur Wehr und benimmt sich dann wie ein Hamster. In Lappland wird der L. in Notjahren gegessen.

Lemna L. (Wasserlinse, Meerlinse, Entengrütze), Gattung aus der Familie der Lemnaceen, 7 Arten, einjährige, monözische, selten blühende Pflanzen ohne deutliche Differenzierung von Blatt und Stamm, bedecken oft Teiche und stehende Ge-^[folgende Seite]