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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: London; London-clay; Londonderry

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London (Nordamerika) - Londonderry.

den Dänen genommen. 884 erhob Alfred d. Gr. die Stadt zur Hauptstadt seines Reichs, befestigte sie und legte den Grund zur städtischen Verwaltung. Wilhelm I. verlieh L. nach seiner Thronbesteigung 1066 eine noch existierende Charte und entzog den Bischöfen jede Jurisdiktion in Zivilstreitigkeiten. Er ist der Erbauer des Towers. Richard I. bewilligte den Bürgern für 1500 Pfd. Sterl. eine Charte, welche ihre Jurisdiktionsansprüche auf der Themse feststellte. König Johann gab der Stadt 1210 die Grundzüge ihrer jetzigen Verfassung und ermächtigte unter anderm die Bürger, sich jährlich einen Mayor zu wählen. In dem bald darauf zwischen der Krone und den Baronen entbrennenden Streit stand L. auf der Seite der letztern, und Johann mußte der Stadt in der Magna charta ihre alten Rechte und Privilegien bestätigen und erweitern. Nach 1216 trat das Oberhaus zum erstenmal in L. zusammen. Die Hansestädte hatten in L. seit dem 13. Jahrh. eine kaufmännische Niederlassung. 1377 hatte die Stadt 35,000 Einw. An den Kämpfen zwischen der Weißen und Roten Rose beteiligte sich die Stadt zu gunsten des Hauses York. Die Einführung der Reformation trug namentlich durch die dadurch veranlaßte Aufhebung der zahlreichen Klöster viel zum Aufblühen der Stadt bei. Gegen die spanische Armada (1588) konnte die Stadt schon 20,000 Mann und 38 Schiffe stellen. 1660 betrug die Zahl der Einwohner ½ Mill. 1665 raffte die Pest hier über 68,000 Menschen weg, und eine Feuersbrunst verzehrte 2. Sept. 1666: 13,200 Häuser. Die Zunahme des Handels, die Geschäftseröffnung mit moskowitischen Kaufleuten, die Gründung der amerikanischen Kolonien, die Entstehung der Ostindischen Kompanie und einer andern für den Handel mit der Türkei und der Levante gaben L. einen bedeutenden Aufschwung. Da die religiösen Verfolgungen in Frankreich und die bürgerlichen Zerwürfnisse in Flandern Tausende veranlaßten, nach L. auszuwandern, wurden trotz königlicher Verbote die Vorstädte erweitert. Ein Dekret von 1710 ordnete die Erbauung von 50 neuen Kirchen in L. und seinen Vorstädten an. Die ganze weite Strecke von Goodmansfields bis Stepney, unter Whitechapel Road bis nach Shadwell bedeckte sich rasch dicht mit Wohnungen. Dagegen traten im Innern an die Stelle von übervölkerten Stadtvierteln schöne Straßen mit prachtvollen Gebäuden. Vielfach war L. der Ort von diplomatischen Unterhandlungen. So ward 18. Juni 1718 hier die Quadrupelallianz zwischen England, Frankreich, dem Kaiser und Holland abgeschlossen, 16. Jan. 1756 ein Defensivbündnis zwischen England und Preußen gegen Österreich und Frankreich etc. Besonders wichtig sind die Londoner Konferenzen, welche 1829 und 1832 über das Schicksal Griechenlands, 1830-31 und 1839 über das Belgiens entschieden; ferner der Kongreß von 1850, der durch das Londoner Protokoll vom 8. Mai die dänische Thronfolge und die schleswig-holsteinische Sache ordnete. 1863 fanden abermals Konferenzen über die Neubesetzung des griechischen Throns, vom April bis Juni 1864 zur Schlichtung des deutsch-dänischen Streits, endlich 1871 über die Revision des Pariser Friedens von 1856 statt. Am 20. Aug. 1846 wurde in L. die große Evangelische Allianz (s. d.) gestiftet. Vom Mai bis Oktober 1851 fand hier eine große Industrieausstellung aller Nationen statt. Am 1. Mai 1862 ward in L. die zweite Weltindustrieausstellung eröffnet. Vgl. Allen, History and antiquities of L. (Lond. 1829, 4 Bde.); Norton, History constitution etc. of the city of L. (3. Aufl. 1869); Arundell, Historical reminiscences of the city of L. (1869); Thornbury, Old and new L., a narrative of its history (1873-75, 3 Bde.); Jesse, L., its celebrated characters and remarkable places (3. Aufl. 1871, 3 Bde.); Doran, L. in the Jacobite times (1877, 2 Bde.); Walford, Greater L., a narrative of its history (1883-84, 2 Bde.); Loftie, History of L. (2. Aufl. 1884, 2 Bde.); Derselbe, Round about L. (4. Aufl. 1880); Rodenberg, Tag und Nacht in L. (Berl. 1862); Hare, Walks in L. (5. Aufl. 1883, 2 Bde.); Becker, Scientific L. (1876); Firth, Municipal L. (1876); Hutton, Literary landmarks of L. (1885); Dickens, Dictionary of L. (1886); Reisehandbücher von Ravenstein (in "Meyers Reisebüchern") u. Bädeker; Baumann, Londinismen (Wörterbuch der Londoner Volkssprache, Berl. 1886).

London, Stadt in der britisch-amerikan. Provinz Ontario, in schöner Lage an der Thames, mit breiten Straßen, schönen öffentlichen Gebäuden, Maschinenbauanstalten, Petroleumraffinerien und Mühlen und (1881) 19,746 Einw. Es ist Sitz der Western University (1881 eröffnet), einer anglikanischen Divinity School, des presbyterianischen Knox College und von 3 Lateinschulen.

London-clay (engl., spr. -kleh, Londonthon), s. Tertiärformation.

Londonderry (spr. londondérri, früher Derry, "Eichenwald"), Grafschaft in der irischen Provinz Ulster, breitet sich zwischen Lough Foyle und dem Fluß Bann aus und hat einen Flächengehalt von 2114 qkm (38,4 QM.) mit (1881) 164,991 (1871: 173,906) Einw. (wovon 44,4 Proz. protestantisch sind). Der Hügelzug von Carntogher, im White Mountain 541 m hoch, trennt die Grafschaft in zwei Teile und verzweigt sich westlich in das Sperringebirge mit dem Sawel (583 m). Östlich von diesen Hügeln liegt das Flußthal des untern Bann, westlich die Thäler des Roe, des Faughan und des Foyle. Die Ebenen und Thäler, welche etwa zwei Fünftel des Landes einnehmen, sind im ganzen fruchtbar, die Berggegenden meist rauh und wild. Von der Oberfläche sind 31 Proz. angebaut; 49 Proz. bestehen aus Weiden, 1 Proz. aus Wald und 16 Proz. aus Moor und wüsten Strecken. Hauptprodukte sind: Hafer, Kartoffeln, Flachs, Gerste und Weizen. Der Viehstand war 1885: 20,665 Pferde, 106,038 Rinder, 3737 Schafe und 34,553 Schweine. Eisen findet sich fast überall, hier und da auch Kupfer, Blei und Steinkohlen, alles noch unbenutzt. Die Industrie beschränkt sich wesentlich auf die Hauptstadt L. und die Städte Coleraine und Newtown Limavady. - Die Hauptstadt L. liegt malerisch am Foyle, der einen guten Hafen bildet, und wird durch eine Brücke mit der Vorstadt Waterside verbunden. Auf hohem Hügel inmitten der von bastionierten Wällen umringten Stadt thront die protestantische Kathedrale. L. hat eine schöne Gerichtshalle, ein Krankenhaus, ein Irrenhaus, ein Seminar der Presbyterianer (Magee College), eine Kunstschule, mehrere höhere Schulen und (1881) 29,152 Einw. Haupterwerbszweige sind: Flachsspinnerei, Gerberei, die Manufaktur von Hemden und Kragen, Brauerei, Brennerei, Schiffbau, Fischfang und Handel. Zum Hafen gehören (1886) 33 Seeschiffe von 8443 Ton. und 529 Fischerboote; 1533 Schiffe liefen 1886 ein. Die Einfuhr vom Ausland betrug 1886: 427,259 Pfd. Sterl., die Ausfuhr nur 6847 Pfd. Sterl. L. ist Sitz des protestantischen und des katholischen Bischofs von Derry sowie eines deutschen Konsuls. Es wurde 1612 von den zwölf "Companies" der City von London angelegt, denen Jakob I. das umliegende Gebiet