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Lunge (Bau der menschlichen L.; Erkrankungen).
führten leicht verständlich. Die Zerlegung des ursprünglich einfachen Lungensackes in Lappen und Läppchen ist so weit durchgeführt, daß die feinsten derselben die Gestalt von Bläschen annehmen; in demselben Maß muß die Luftröhre sich in immer zahlreichere Zweige und Zweiglein (Bronchien) teilen, an denen alsdann die Bläschen wie die Beeren einer Traube an ihren Stielen sitzen. In derselben Weise also, wie sich die Luftwege der L. zu einem Baum (die Bläschen sind gewissermaßen die Blätter desselben) gestalten, bildet sich aus der Arterie ein Gefäßbaum, welcher mittels seiner feinsten Haargefäße (Kapillaren) jedes Bläschen umspinnt und hier das Blut mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung kommen läßt. Die Haargefäße vereinigen sich zu einem andern, venösen Gefäßbaum, welcher das sauerstoffreiche Blut aus den Lungen herausführt. Auch die Nerven, Lymphgefäße und die Gefäße zur Ernährung der L. selbst sind im wesentlichen baumförmig verzweigt. Im Vergleich mit diesen äußerst zahlreichen Gebilden, welche sich vielfach kreuzen oder übereinander hinlaufen, ist das noch übrige Gewebe der L. sehr geringfügig und besteht nur aus Bindegewebsbalken u. -Bälkchen zur Stütze der genannten Röhren. Von den zwei Endästen der Luftröhre (s. d.), den Bronchen (bronchi, s. Tafel "Mundhöhle", Fig. 6) teilt sich der rechte in drei, der linke in zwei Zweige für ebenso viele Hauptlappen der L. Die nun immer feiner werdenden Verzweigungen derselben (Bronchien, bronchia) verlieren von den Bestandteilen ihrer Wandung die Knorpel und zum Teil auch die elastischen und Muskelfasern; sie sind innen von einer feinen Schleimhaut mit Flimmerzellen ausgekleidet und setzen sich alsdann in trichterförmige Blindsäcke (infundibula) fort, welche selbst wieder in Haufen von Bläschen (Lungenbläschen, Luftbläschen, Alveolen, alveoli pulmonales) zerfallen (vgl. Fig. 1 u. 2: a Bronchie, b einzelnes, c Haufen von Bläschen). Diese selbst, etwa 0,2 mm groß, durch gegenseitigen Druck vieleckig und mit ihren Nachbarn vielfach durch Bindegewebe verbunden, haben auf ihrer Innenfläche eine sehr dünne Zellschicht, unter welcher sich dicht die Kapillargefäße hinziehen. Auf diese Weise ist der Gasaustausch zwischen Blut und der eingeatmeten Luft durch die beiden äußerst feinen Wandungen des Kapillargefäßes und des Lungenbläschens leicht möglich (s. Atmung). Das Blut zur Ernährung der L. mittels der sogen. Bronchialarterien kommt aus dem großen Kreislauf (zum Teil aus der Aorta) und geht mittels der Bronchialvenen wieder zurück. Die Lymphgefäße und -Drüsen (Bronchialdrüsen) sind zahlreich. Die vielen Nerven stammen aus dem sogen. Lungengeflecht und rühren vom Vagus (s. d.) und Sympathikus (s. d.) her; ersterer scheint den chemischen Prozessen der L. und ihrer Empfindlichkeit vorzustehen, letzterer bei der Ernährung beteiligt zu sein. Die Empfindlichkeit des Lungengewebes ist so gering, daß selbst weit ausgedehnte Zerstörungen desselben ohne stärkern Schmerz stattfinden. Die sogen. Brustschmerzen sind fast stets auf einen entzündlichen Zustand des Lungen- und Brustfelles zu beziehen. Das oben erwähnte Flimmerepithel in den Luftwegen (L., Luftröhre, Kehlkopf) schafft durch das Schlagen feiner Wimpern in der Richtung von innen nach außen feinste Fremdkörperchen wieder langsam aus der L. fort.
Die L. ist im Verhältnis zu den andern Organen des Körpers ungemein häufig Erkrankungen ausgesetzt, welche stets sorgsamer Beachtung und rationeller Pflege bedürfen, da sie bei Vernachlässigung oft genug Siechtum und den Tod herbeiführen. Am häufigsten treten Blutüberfüllung (Lungenhyperämie), Katarrhe und die verschiedenen Formen der Lungenentzündung sowie Lungenschwindsucht auf, welch letztere mehr Opfer fordert als irgend eine andere Krankheit. Lungenemphysem bildet eine der gewöhnlichsten Ursachen des Asthmas, während krampfhafter Verschluß der feinern Luftröhrenäste das nervöse Asthma bedingt. Unter gewissen Verhältnissen entstehen Lungenabscesse und Lungenbrand, welcher größere Teile des Lungengewebes zum Absterben bringt. Funktionsunfähig wird die L. auch, wenn die Lungenbläschen zusammenfallen und luftleer werden, oder wenn sie sich mit einer Flüssigkeit füllen, wie bei dem Lungenödem, welches oft als direkte Todesursache auftritt. Einatmung von Staub bedingt schwere Schädigungen der L., auch wird dieselbe von Krebs, Sarkom, Syphilis und Echinococcus befallen. Vgl. Niemeyer, Die L., ihre Pflege und Behandlung (5. Aufl., Leipz. 1884). Auch die Haustiere sind mannigfachen Lungenkrankheiten unterworfen; bei Pferden kommen besonders vor: die infektiöse akute Lungen- und Lungen-Brustfellentzündung (Influenza), die einfache Erkältungs-Pneumonie oder katarrhalische Lungenentzündung, die durch Eindringen deletärer Flüssigkeiten in den Kehlkopf verursachten Lungenentzündungen (Fremdkörper- oder Schluckpneumonien), die hypostatische Lungenentzündung (bei anhaltendem krankhaften Liegen der Pferde). Dem anatomischen Charakter nach treten bei Pferden fibrinöse (krup-^[folgende Seite]
^[Abb.: Fig. 1. Eine Bronchie nebst ihren Luftbläschen, 14mal vergrößert.]
^[Abb.: Fig. 2. Innenfläche eines Lungenbläschens, 300mal vergrößert.]