Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Luxemburg

1034

Luxemburg (Stadt).

ßert. Nach dem Ausbruch der belgischen Revolution von 1830 schloß sich ganz L., mit Ausnahme der Bundesfestung und ihres Rayons, der Bewegung an und ward auch von der provisorischen Regierung zu Brüssel 28. Okt. 1830 für einen Bestandteil Belgiens erklärt. Doch blieb nur der westliche französische Teil mit Arlon belgisch. Durch den Londoner Traktat (19. April 1839) kam der deutsche Teil des Großherzogtums wieder an den König der Niederlande, sollte jedoch nicht mit den Niederlanden vereinigt, sondern als selbständiger Staat verwaltet werden und ein Staat des Deutschen Bundes bleiben. Auch schloß sich L. 1842 dem Zollverein an. Wilhelm II. oktroyierte 12. Okt. 1841 L. eine ständische Verfassung, welche jedoch 9. Juli 1848 einer neuen, der belgischen Konstitution nachgebildeten Platz machen mußte. Letztere wurde wiederum beseitigt durch die von Wilhelm III. 1. Dez. 1856 verliehene Verfassung, worin der Kammer nur ein Zustimmungsrecht in der Gesetzgebung gelassen wurde. Die Wahl war indirekt, die Zahl der Abgeordneten 31 und wurde alle drei Jahre zur Hälfte erneuert. Während der deutschen Kämpfe im Sommer 1866 bewahrte L. Neutralität, blieb aber im Zollverein und die Festung in den Händen Preußens. Dieses wünschte zwar den Eintritt des Ländchens in den Norddeutschen Bund durchaus nicht; ebensowenig wollte es L. an Frankreich überlassen und dem Vertrag vom 21. März 1867 zustimmen, durch welchen der König der Niederlande L. an Napoleon III. verkauft hatte. Es betrachtete sein Besatzungsrecht in L. durch das Ausscheiden des Landes aus dem Deutschen Bund nicht als erloschen. Indes trug Bismarck auch Bedenken, dieses Rechts wegen es auf einen Krieg mit Frankreich ankommen zu lassen. Als daher 15. April die französische Regierung auf die Erwerbung Luxemburgs verzichtete, wenn Preußen die Festung räume, erklärte sich Preußen mit dem von Rußland gemachten Vorschlag einer Konferenz einverstanden (26. April). Diese trat 7. Mai in London zusammen; außer den Großmächten nahmen Holland und Belgien daran teil. Schon 11. Mai wurde der Londoner Vertrag unterzeichnet, welcher die Neutralität Luxemburgs aussprach und dieselbe unter die kollektive Garantie der unterzeichnenden Mächte stellte, anderseits die Räumung der Festung L. seitens der preußischen Truppen und die Schleifung der Werke festsetzte. Am 9. Sept. verließen die letzten preußischen Truppen die Festung; länger ließ die Demolierung der Werke auf sich warten, die erst 1872 ausgeführt wurde. Während des deutsch-französischen Kriegs war L. neutral, jedoch den Franzosen geneigt und mußte durch eine energische Note des Grafen Bismarck (3. Dez. 1870) zur gewissenhaften Beobachtung der Neutralität ermahnt werden. Am 10. Juni 1872 übernahm Deutschland die Eisenbahnen von L. auf 40 Jahre in Pacht, und damit ward die Französische Ostbahngesellschaft aus dem Land verdrängt. Das Militär wurde 1881 abgeschafft und nur ein kleines Gendarmeriekorps errichtet. Beim bevorstehenden Erlöschen des oranischen Mannesstamms in den Niederlanden wird L. von denselben getrennt werden und an das herzoglich nassauische Haus fallen. Vgl. Grövig, L., Land und Volk (Luxemb. 1867); Schotter, Geschichte des Luxemburger Landes (das. 1882); Gläsener, Le grand-duché de L. (das. 1885); van Werveke, Beiträge zur Geschichte des Luxemburger Landes (das. 1886 ff.); "Das Luxemburger Land", Organ für vaterländische Geschichte etc. (das. 1882 ff.).

Luxemburg (ehemals Lützelburg), die Hauptstadt des gleichnamigen Großherzogtums, im engen, malerisch schönen Felsenthal der Alzette und Knotenpunkt an der Wilhelmsbahn, zerfällt in die auf einer steil abfallenden Hochebene erbaute Oberstadt, die nur im W. zugänglich ist, und in die Unterstädte: Pfaffenthal (nördliche), Klausen (östliche) und Grund (südliche Vorstadt) im Thal, über welches seit neuerer Zeit vier großartige Viadukte führen. Die zum großen Teil in den Felsen eingearbeiteten berühmten Festungswerke, welche L. zu einer der stärksten Festungen Europas gemacht haben, wurden seit 1867 geschleift. Über 500 Jahre ist an diesen Werken gebaut worden; von allen Besitzern der Festung, von Heinrich IV., Grafen von L. (als deutscher Kaiser Heinrich VII. genannt, gest. 1313), und seinem Sohn Johann (gest. 1346) an durch die Zeiten der burgundischen, spanischen, französischen, österreichischen und wieder französischen Herrschaft bis auf unsre Tage, hat jeder ein Neues hinzugefügt. Ein weit in das Alzettethal vorspringendes schmales Felsriff, der "Bock", ist von oben bis unten ausgehöhlt und kasemattiert; am östlichen Abhang desselben steht der sogen. Melusinenturm, ein Überbleibsel der im 14. Jahrh. erweiterten Befestigung. Unter den Gebäuden der Stadt sind der Palast des Statthalters, das Ständehaus, das städtische Rathaus sowie die Liebfrauen- und die St. Alfonskirche die bedeutendsten. Erwähnung verdient außerdem der auf den abgetragenen Festungswerken angelegte prächtige Park. Von dem prächtigen Schloß des spanischen Statthalters Grafen Ernst von Mansfeld (1545-1604) sind nur noch wenige Mauern und zwei Thorwege mit einigen eingemauerten römischen Reliefs und Inschriften vorhanden; die ehemals berühmten Mansfeldschen Gärten sind bis auf den Namen verschwunden. Neue Stadtteile sind im S. der alten Stadt jenseit des Petersbachs projektiert. L., dessen Bevölkerung 1885: 17,964 Seelen betrug, hat ein Athenäum, ein Priesterseminar, Normalschulen für Lehrer und Lehrerinnen, ein Taubstummeninstitut, ein archäologisches Museum, eine Bildergalerie, Stadtbibliothek, Fabriken für Maschinen, Leder, Handschuhe, Fayencewaren, Essig etc., Handel mit Wollwaren und Leder und ist Sitz der Regierung und eines Bischofs. - An der Stelle der jetzigen Festung L. soll schon unter dem Kaiser Gallienus (253-268) ein Kastell erbaut worden sein, eine Annahme, für welche Funde römischer Münzen sprechen. 738 wurde Lucilinburch (wohl von luzil, klein, herzuleiten) von Karl Martell der Abtei Trier geschenkt, 963 vom Grafen Siegfried erworben. An das Schloß reiht sich seit dem 10. Jahrh. die Stadt L. an, welche dann mit Benutzung des Felsenbodens befestigt wurde. In der Nacht zum 22. Nov. 1443 erstiegen die Burgunder auf Sturmleitern die Mauern und eroberten die Stadt. 1479 von den Franzosen genommen, ward sie noch in demselben Jahr vom Markgrafen von Baden wieder befreit. Seit 1503 entstand das bastionierte Tracee der Festung. 1542 und 1543 mußte sie sich wieder an die Franzosen ergeben, wurde ihnen aber 1544 nochmals entrissen. Dagegen eroberte der Marschall von Créqui mit einer französischen Armee 1684 die Festung nach hartnäckiger Verteidigung; Vauban leitete den Angriff

^[Abb.: Wappen von Luxemburg.]