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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Magdeburg

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Magdeburg (Herzogtum, Burggrafschaft, Stadt).

1598 erst unter der Vormundschaft des Domkapitels, seit 1608 selbständig und nahm am Dreißigjährigen Kriege gegen den Kaiser teil, weswegen er 1628 vom Kapitel entsetzt und sein Koadjutor, Herzog August von Sachsen, zweiter Sohn des Kurfürsten Johann Georg, zum Erzbischof und Administrator erwählt wurde. Nach dem Restitutionsedikt 1629 ernannte Ferdinand II. seinen Sohn, Erzbischof Leopold Wilhelm, zum Erzbischof, der auch nach Magdeburgs Eroberung 1631 kurze Zeit das Stift innehatte. Der Streit zwischen den drei Prätendenten wurde im Prager Frieden 1635 so geschlichtet, daß Leopold Wilhelm Halberstadt, Christian Wilhelm, der 1632 in kaiserlicher Gefangenschaft katholisch geworden, 12,000 Thlr. Rente erhielt und das Erzstift dem Herzog August von Sachsen übergeben wurde. Infolge einer Bestimmung des Westfälischen Friedens (1648) wurde es nach Augusts Tod 1680 säkularisiert und als ein erbliches Herzogtum dem Haus Brandenburg zum Ersatz für Vorpommern gegeben. Die Würde des Primas von Deutschland kam an den Erzbischof von Salzburg. Das ganze Herzogtum, ohne die 1780 dazu geschlagene preußische Grafschaft Mansfeld, umfaßte 1773 auf 5400 qkm 29 Städte, 7 Flecken und 418 Dörfer. Die Zahl der Einwohner belief sich auf 234,050, später 260,000, meist protestantischer Konfession. Die gesamten landesfürstlichen Einkünfte des Herzogtums betrugen jährlich 1,400,000 Reichsthaler. Das Wappen war ein mit Rot und Silber quer geteilter Schild. Das Herzogtum war in vier Kreise geteilt: den Holzkreis, den Jerichowschen Kreis, den Saalkreis und den Ziesarschen Kreis. S. die "Geschichtskarten von Deutschland". Vgl. Lentzen, Stifts- und Landeshistorie von M. (Köthen 1756); "Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis" (hrsg. von v. Mülverstedt, Magdeb. 1877-86, Bd. 1-3); Großfeld, De archiepiscopatus Magdeburgensis originibus (Münst. 1856); Opel, Die Vereinigung des Herzogtums M. mit Kurbrandenburg (Halle 1880).

[Burggrafschaft Magdeburg.] Ganz verschieden vom Erzbistum und Herzogtum M. war die Burggrafschaft M. Schon zu Karls d. Gr. Zeit bestand die alte kaiserliche Statthalterschaft zu M. Unter Kaiser Otto I. erhielt dieses Amt Bedeutung durch seine Verbindung mit der Vogtei über das neugegründete Erzbistum. Nachdem mehrere Mitglieder der Häuser Walbeck und Plötzke die Burggrafschaft besessen hatten, kam sie 1118 an den Grafen Wiprecht von Groitzsch. Nach dem Tod von Wiprechts Sohn Heinrich von Groitzsch, Markgrafen der Lausitz, kam sie 1136 an Burkhard von Querfurt, bei dessen Geschlecht sie bis 1269 blieb. In diesem Jahr erkaufte Erzbischof Konrad II. das Burggrafentum mit dem damit verbundenen magdeburgischen Erzschenkenamt von dem Grafen Burkhard zu Mansfeld und überließ es den Herzögen Johann von Lauenburg und Albrecht II. von Wittenberg für 12,000 Mark, aber als Lehen des Erzstifts. Die Burggrafschaft umfaßte damals die burggräflichen Rechte zu Magdeburg und Halle sowie die Ämter Gommern, Ranis, Elbenau und Grottau. Indes 1294 wurde das Burggrafentum wieder an das Erzstift verpfändet und blieb mit diesem vereinigt, bis es 1538 Kurfürst Johann Friedrich mit schweren Kosten wieder einlöste, um es zu gunsten der Evangelischen gegen Albrecht V. geltend zu machen. Doch gab es darüber noch viele Streitigkeiten, die endlich 10. Juni 1579 durch den Magdeburger Permutationsrezeß zu Eisleben zwischen dem Kurfürsten August von Sachsen und dem Erzstift M. dahin entschieden wurden, daß das Erzstift an Kursachsen einen großen Teil der Grafschaft Mansfeld abtrat, wogegen das Kurhaus Sachsen auf das Burggrafentum verzichtete, aber sich und seinen Nachkommen den Titel und das Wappen desselben nebst den vier oben genannten Ämtern vorbehielt.

Magdeburg (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der preuß. Provinz Sachsen wie des gleichnamigen Stadtkreises und eine der wichtigsten Festungen des Deutschen Reichs, liegt am Nordende der fruchtbaren Magdeburger Börde (s. d.) und an der Elbe, die sich hier in drei Arme, die Strom-, Zoll- und Alte Elbe, teilt, unter 11° 40' östl. L. v. Gr. und 52° 8' nördl. Br., 41 m ü. M., und besteht aus der eigentlichen alten Stadt und der Sudenburg und den früher selbständigen, seit 1886 und 1887 mit dem Stadtgebiet vereinigten Städten Neustadt und Buckau am linken Elbufer sowie der Citadelle und dem Werder auf den Inseln in der Flußteilung und der befestigten, von König Friedrich Wilhelm I. 1731 gegründeten Friedrichstadt am rechten Ufer der Alten Elbe. Durch die Abtragung der bei der nach 1866 erfolgten Erweiterung der Festung von der Stadtgemeinde angekauften alten Festungswerke ist im S. und W. ein Raum gewonnen worden, welcher ungefähr der Hälfte des ganzen alten bebauten Terrains gleichkommt, und auf welchem jetzt ein neuer Stadtteil entstanden ist, der vorzüglich an der breiten und vornehmen Kaiserstraße mit sehr eleganten Bauten besetzt ist. Ein Teil der alten Festungswerke und Glacis ist in Promenaden und parkartige Anlagen umgewandelt worden, von denen namentlich der Friedrich Wilhelms-Garten, an der Stelle des 968 gegründeten, 1809 aufgehobenen, 1813 von den Franzosen geschleiften Klosters Berge gelegen, die ehemalige Bastion Kleve mit dem schönen Kriegerdenkmal und der Fürstenwall sich auszeichnen. Die alten Festungsthore sind größtenteils geblieben; nur das frühere Schrotdorfer Thor im NW. ist entfernt, während das Ulrichs- und Sudenburger Thor weiter hinausgerückt sind. Da nach dem Brand von 1631 die alte Stadtanlage mit all den engen und winkeligen Gassen beibehalten wurde und zudem das Terrain nach der Elbe hin erheblich abfällt, macht der eigentliche Kern der Stadt abseits von der Hauptverkehrsader derselben, dem denselben in seiner ganzen Ausdehnung durchschneidenden Breiten Weg, keinen angenehmen Eindruck, doch wird in der neuesten Zeit viel für Verbreiterung enger Gassen und Anlage neuer Straßenzüge gethan. Von Plätzen sind hervorzuheben: der Neue Markt oder Domplatz und der Alte Markt. Auf dem an letztern stoßenden kleinen Platz vor der Hauptwache steht die 1857 errichtete Bronzestatue des frühern Oberbürgermeisters Franke; den Alten Markt selbst ziert das merkwürdige Reiterstandbild Kaiser Ottos I., das jedoch kein Denkmal im heutigen Sinn, auch nicht, wie die Inschrift des 16. Jahrh. besagt, schon 973, sondern erst gegen Ende des 13. Jahrh. errichtet worden ist. Wie die beiden weiblichen Figuren zu Seiten des Kaisers, welche irrigerweise als dessen beide Frauen bezeichnet werden, so hat auch das Standbild symbolische Bedeutung und wurde, wie die Rolande, jedenfalls als Sinnbild für die erworbene Gerichtsbarkeit der Stadt aufgestellt. Die zahlreichen

^[Abb.: Wappen von Magdeburg.]