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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Magengrube; Mageninsuffizienz; Magenkatarrh

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Magengrube - Magenkatarrh.

Magenhäute durchbrochen hat. Es bildet sich dabei eine Narbe in der Magenwand, welche gewöhnlich ein strahlenförmiges Aussehen hat. War das Geschwür sehr groß, so kann die Heilung desselben zu einer Verengerung des Magens führen, indem die anfangs weiche Narbe sich später stark zusammenzieht. Eine solche Verengerung des Magens pflegt seinen Inhaber in hohem Grad zu belästigen. Häufig wird ein M. durch Verwachsung der Magenwand mit dem ihr zunächst benachbarten Organ (Bauchspeicheldrüse, Leber, Zwerchfell etc.) gleichsam verlegt, so daß es nicht nach der Bauchhöhle durchbrechen kann. Während das Geschwür um sich greift, werden durch dasselbe nicht selten größere oder kleinere Blutgefäße des Magens zerstört, und es kommt dann zu bedeutenden Blutergüssen in die Magenhöhle. Die Magenschleimhaut befindet sich übrigens beim chronischen Magengeschwür stets in dem Zustand des chronischen Magenkatarrhs. In manchen Fällen von chronischen Magengeschwüren sind nur so geringfügige Anzeichen einer Magenaffektion vorhanden, daß man die Krankheit ganz übersieht, bis plötzlich durch die Durchbohrung sämtlicher Häute und durch Austritt des Mageninhalts in die Bauchhöhle eine tödliche Unterleibsentzündung entsteht, oder bis durch Anfressung eines größern Blutgefäßes eine das Leben bedrohende Magenblutung eintritt. Merkwürdigerweise scheint es fast, als ob diese versteckten Fälle von chronischen Magengeschwüren am allerhäufigsten zur Durchbohrung der Magenwand und dadurch zum Tod führten, während die mit schweren Symptomen einhergehenden Magengeschwüre, welche übrigens viel häufiger vorkommen, nach längerer Zeit gewöhnlich mit Heilung enden.

Das gewöhnlichste Zeichen des Magengeschwürs sind Schmerzen in der Magengegend. Diese Schmerzen sind andauernd, vermehren sich bei Druck, sind an einer Stelle besonders heftig und steigern sich periodisch zu den heftigsten Anfällen, wobei sie in der Magengegend beginnen und nach dem Rücken hin ausstrahlen. Die Anfälle pflegen fast immer kurze Zeit nach der Mahlzeit sich einzustellen und stehen mit der Schwerverdaulichkeit und der reizenden Eigenschaft der genossenen Speisen in geradem Verhältnis. Durch Erbrechen tritt Erleichterung ein; die Schmerzen dauern aber oft stundenlang fort, wenn sich kein Erbrechen einstellt. In einzelnen Ausnahmefällen treten die Schmerzen gerade bei leerem Magen auf und werden durch Zufuhr von Speisen erleichtert, oder die Kranken bleiben, wenn sie schwerverdauliche Speisen genossen, von Schmerzen verschont, während leichter verdauliche Speisen heftige Schmerzen hervorrufen. Ganz gewöhnlich kommt bei dem chronischen M. auch ein periodisches Erbrechen vor. Dasselbe pflegt durch dieselben Veranlassungen, welche die Schmerzanfälle bedingen, hervorgerufen zu werden. Es erfolgt bald kürzere, bald längere Zeit nach der Mahlzeit, je nachdem das Geschwür näher oder entfernter vom Magenmund sitzt. Wenn zu den heftigen Magenschmerzen und zu dem Erbrechen, welche regelmäßig nach der Mahlzeit eintreten, sich noch Blutbrechen hinzugesellt, so besteht über das Vorhandensein eines chronischen Magengeschwürs kaum ein Zweifel. Manche Kranke leiden an Aufgetriebenheit der Magengegend, an häufigem Aufstoßen und heftigem Sodbrennen, ihr Appetit liegt gänzlich danieder; andre befinden sich in den schmerzfreien Stunden verhältnismäßig wohl, und selbst ihr Appetit ist kaum vermindert. Die Zunge der am chronischen M. Leidenden ist gewöhnlich mit einem dicken weißen Beleg versehen, manchmal auch rot und rissig und der Durst dabei ansehnlich vermehrt. Es ist fast stets eine habituelle Stuhlverstopfung vorhanden. Das chronische M. kann frühzeitig die Ernährung untergraben, in andern Fällen aber leidet die Ernährung weniger oder fast gar nicht. Der Verlauf der Krankheit ist meist ein sehr langwieriger, wenn man von den Fällen absieht, wo die Magenblutung oder die Durchbohrung der Magenwand scheinbar das erste Symptom der Affektion ist. Das Übel kann viele Jahre lang bestehen, während welcher die Beschwerden mannigfache Schwankungen darbieten. Nicht selten tritt mitten in der scheinbaren Genesung plötzlich Blutbrechen auf. Es können auch die Leiden mit aller Heftigkeit wieder zurückkehren, nachdem sie jahrelang ganz verschwunden waren. Am häufigsten endet das chronische M. mit Genesung. Dieselbe ist aber sehr oft unvollständig, wenn nämlich das M. durch eine Narbe heilt, welche die Bewegungen des Magens an einer bestimmten Stelle hemmt, oder wenn der Magen infolge des Geschwürs an ein benachbartes Organ angelötet wurde und nun bei Bewegungen von der Verwachsungsstelle aus gezerrt wird. Solche Störungen bedingen die Fortdauer der Schmerzanfälle, welche zuweilen noch heftiger sind als zuvor. Wenn das chronische M. zum Tod führt, so geschieht dies entweder durch Perforation der Magenwände und Austritt des Mageninhalts in die Bauchhöhle mit nachfolgender allgemeiner Unterleibsentzündung, oder es geschieht durch eine Magenblutung. Selten wird der Tod durch allmähliche Erschöpfung verursacht, wenn eine Verengerung des Magens durch Narbenkontraktion entstanden ist. In letzterm Fall bestehen nicht nur die heftigsten Schmerzen fort, sondern es wird auch alles, was die Kranken genießen, wieder ausgebrochen. Dabei bleibt der Stuhlgang wochenlang aus, die Kranken magern zum Gerippe ab und sterben infolge der unterbrochenen Nahrungszufuhr.

Bei der Behandlung des Magengeschwürs ist vor allen Dingen der daneben bestehende Magenkatarrh zu bekämpfen (s. Magenkatarrh). Ganz besonders empfehlen sich in dieser Hinsicht Milch- und Buttermilchkuren. Da reine Milch im Magen sofort zu festen Massen gerinnt, so ist zu empfehlen, der frischen Milch stets mehlhaltige Substanzen beizumischen. Sehr günstig wirkt der kurmäßige Gebrauch der kohlensauren Alkalien, namentlich die Brunnenkuren in Marienbad und Karlsbad. Reichen diese Mittel nicht aus, so kann man den Höllenstein und das basisch salpetersaure Wismutoxyd anwenden, welche meist selbst in großen Dosen gut vertragen werden; der Erfolg bleibt aber freilich stets ein ganz unsicherer. Die Schmerzanfälle werden durch Narkotika meist leicht und sicher gemildert; man gibt Extrakt von Belladonna oder Opiate. Auch das Erbrechen wird durch Narkotika gehoben; lassen diese aber im Stiche, so nützen zuweilen kleine Portionen Eiswasser oder Eispillen.

Magengrube, s. Magen.

Mageninsuffizienz, s. Magenerweiterung.

Magenkatarrh (Status gastricus, Gastrizismus, verdorbener Magen), Störung der Magensekretion und Steigerung der Schleimabsonderung. Der M. tritt in den verschiedensten Graden und Formen, mit sehr wechselnden Symptomen auf, und zwar richten sich die genannten Momente wesentlich nach der Dauer und den Ursachen der Krankheit sowie nach dem Alter und den sonstigen Verhältnissen des Patienten. Der M. ist bald ein akuter, bald ein chronischer; beide For-^[folgende Seite]