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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marcello; Marcellus; Marcère; Marc-Fournier; Marcgraviaceen

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Marcello - Marcgraviaceen.

wegen offener Bereuung dieses Schrittes auf Befehl des Kaisers hingerichtet worden sein.

Marcello (spr. -tschello), 1) Benedetto, Komponist, geb. 1. Aug. 1686 zu Venedig, bekleidete nach vollendeten wissenschaftlichen Studien das Amt eines Richters unter den sogen. Vierzigern der Republik, wurde dann Proveditore zu Pola und endlich Kanzler oder Schatzmeister zu Brescia, wo er 24. Juli 1739 starb. Von frühster Kindheit an der Musik eifrig ergeben und unter Leitung Gasparinis künstlerisch ausgebildet, entfaltete er von 1724 an eine so erfolgreiche Thätigkeit als Komponist und Musikschriftsteller, daß er mit Recht als einer der vornehmsten Vertreter der Nachblüte gelten darf, welche die zwei Jahrhunderte zuvor durch Willaert (s. d.) begründete venezianische Schule im 18. Jahrh. erlebte. Von seinen durch edle Einfachheit und Erhabenheit, besonders aber durch innigen Zusammenhang zwischen Wort und Ton ausgezeichneten Kompositionen sind zu erwähnen: die Musik zur Giustinianischen Bearbeitung von 50 Psalmen Davids; ferner eine Messe, mehrere Lamentationen, ein Miserere, ein Salve Regina, die Oper "Psyche" (1711) und das Oratorium "Giuditta" (1710), zu welchem er selbst den Text geschrieben. M. war auch ein ausgezeichneter Gesanglehrer; seine namhafteste Schülerin war Faustina Bordoni (s. Hasse 1). Unter seinen schriftstellerischen Arbeiten ist die bedeutendste: "Il teatro alla moda" (1720), eine geistvolle Satire auf die Mißbräuche im Opernwesen seiner Zeit. Vgl. Arrigo Boito, M. (in den "Great musicians", Lond. 1881); Busi, Benedetto M. (Bologna 1884).

2) Pseudonym, s. Colonna de Castiglione.

Marcellus, röm. plebejische Familie des Claudischen Geschlechts. Die namhaftesten Glieder derselben sind:

1) Marcus Claudius, begann seine kriegerische Laufbahn in Sizilien und wurde später kurulischer Ädil und Augur. Während seines ersten Konsulats (222 v. Chr.) führte er in Gemeinschaft mit seinem Kollegen Gnäus Cornelius Scipio den Krieg gegen die Insubrer in Oberitalien, die durch zwei siegreiche Schlachten völlig unterworfen wurden; in einer derselben tötete er den feindlichen Anführer und gewann dadurch die Auszeichnung der Spolia opima. 216, nach der Schlacht bei Cannä, brachte er als Prätor durch einen Ausfall aus Nola dem Hannibal zuerst einen Verlust bei, was wesentlich dazu beitrug, den gesunkenen Mut der Römer wieder zu heben. Seitdem hat er bis zu seinem Tod an dem Kriege gegen Hannibal ununterbrochen als Anführer teilgenommen und zwar mit der größten Kühnheit und mit vielen glücklichen Erfolgen, so daß er das Schwert Roms genannt wurde. 215 wurde er zum zweitenmal zum Konsul gewählt, mußte aber abdanken, weil seine Wahl wegen eines Formfehlers (in Wahrheit aber, weil zwei Plebejer gewählt worden waren) für ungültig erklärt wurde. Er führte aber den Oberbefehl fort und schlug Hannibal 215 nochmals bei Nola, wurde 214 wieder zum Konsul gewählt, schlug als solcher Hannibal zum drittenmal, begab sich aber dann nach Sizilien, wo er den Krieg gegen Syrakus nach einer langen, durch die Mitwirkung des Archimedes berühmten Verteidigung 212 durch die Eroberung dieser Stadt beendigte. In seinem vierten Konsulat 210 lieferte er Hannibal ein unentschiedenes Treffen bei Numistro in Lukanien; 209 kämpfte er bei Canusium in Apulien drei Tage hintereinander mit Hannibal, am ersten Tag mit unentschiedenem Erfolg, am zweiten wurde er geschlagen, am dritten aber gewann er einen vollständigen Sieg. 208, zum fünftenmal zum Konsul gewählt, wurde er, mehr als 60 Jahre alt, bei Venusia von Hannibal in einen Hinterhalt gelockt und nebst zahlreichen Begleitern erschlagen.

2) Marcus Claudius, Konsul 51 v. Chr., Gegner Cäsars, begleitete 49 nach Ausbruch des Bürgerkriegs Pompejus und floh nach der Schlacht bei Pharsalus nach Mytilene. Er wurde 46 von Cäsar begnadigt (bei welcher Gelegenheit Cicero im Senat die Rede "Pro Marcello" hielt), aber auf der Rückkehr zu Athen im Mai 45 ermordet.

3) Gajus Claudius, Konsul 50 v. Chr., Vetter des vorigen, war anfangs ebenfalls Gegner Cäsars, nahm aber an dem Bürgerkrieg keinen Teil und lebte nach demselben, von Cäsar und dann von Oktavian geehrt, in Rom bis 40. Er war mit Octavia der jüngern, der Schwester Oktavians, vermählt.

4) Marcus Claudius, der von Vergil und Horaz gefeierte und betrauerte Sohn des vorigen, geboren um 43 v. Chr., wurde von Augustus, seinem Oheim, 25 mit Julia, der Tochter des Kaisers, vermählt, starb aber schon 23 in Bajä. Augustus ließ ihn auf dem Marsfeld begraben, hielt ihm selbst die Leichenrede und weihte seinem Andenken das Theatrum Marcelli.

Marcellus, Name von zwei Päpsten: 1) M. I., Bischof von Rom 308-310, soll auf Befehl des Kaisers Maxentius den Märtyrertod gestorben sein; sein Gedächtnistag ist der 16. Januar.

2) M. II., vorher Cervini, geboren zu Fano, war unter Paul III. Kardinal und päpstlicher Gesandter auf dem Konzil von Trient und bestieg 9. April 1555 als Nachfolger Julius' III. den päpstlichen Stuhl, starb aber schon 30. April 1555. Die "Missa Marcelli" von Palestrina ist nach ihm genannt.

3) Bischof von Ankyra in Galatien, eifriger Gegner der Arianer, wurde von den Orientalen wegen seiner dem Sabellianischen System verwandten Darstellung der Lehre vom Sohn und Logos zu Konstantinopel 336 und zu Sirmium 351 exkommuniziert, aber von der Synode zu Sardica 343 in Schutz genommen. Dennoch blieben er und seine Partei, die Marcellianer, immer im Verdacht der Häresie. Er starb 374. Vgl. Th. Zahn, M. von Ankyra (Gotha 1863).

Marcère (spr. -ssähr), Emile Louis Gustave Deshayes de, franz. Staatsmann, geb. 16. März 1828 zu Domfront (Orne), studierte die Rechte, trat 1848 in den Justizdienst und wurde Prokurator in St.-Pol, dann Gerichtspräsident in Avesnes und endlich Rat am Appellhof von Douai: 1869 machte er sich zuerst politisch bekannt durch eine Broschüre gegen das Kaiserreich: "La politique d'un provincial". 1871 in die Nationalversammlung gewählt, schloß er sich dem linken Zentrum an und verteidigte 1874 geschickt und mit Würde die munizipalen Freiheiten gegen Broglies Willkür. 1876 von neuem in die Deputiertenkammer gewählt, ward er bei der Bildung des neuen Ministeriums Dufaure Ricards Generalsekretär und nach dessen frühem Tod im April dessen Nachfolger als Minister des Innern. Er brachte sofort ein Munizipalgesetz ein, welches die Selbständigkeit der Gemeinden wiederherstellen sollte und auch von den Kammern im August 1876 angenommen wurde. Jedoch schon im Dezember mußte er infolge einer Kabinettskrisis Simon weichen. In dem zweiten Ministerium Dufaure vom 13. Dez. 1877 bis 3. März 1879 war er wiederum Minister des Innern. Seit 1884 ist er Senator.

Marc-Fournier, Schriftsteller, s. Fournier 1).

Marcgraviaceen, dikotyle, etwa 36 Arten umfassende, in den Urwäldern des tropischen Amerika, be-^[folgende Seite]