Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Meritōrisch; Merĭtum; Merivale; Merkantīlisch; Merkantīlsystem

495

Meritorisch - Merkantilsystem.

m." entstand aus dem 1667 vom Prinzen Friedrich gestifteten Orden pour la générosité, der die Verpflichtung auferlegte, sich der Generosität zu befleißigen, und dessen Dekoration ein kleines goldenes Kreuz mit einem Edelstein in der Mitte war. Friedrich II. verwandelte den Orden nach seinem Regierungsantritt 1740 in den Orden pour le m., seine Bestimmung einzig durch die Devise aussprechend, ohne ihm Statuten zu geben, indem er ihn anfangs an Militär- und Zivilpersonen, später nur an letztere verlieh. Die Dekoration bestand aus einem Kreuz aus blauem Schmelz mit dem Wort: "Générosité" der Länge und Quere nach, später mit goldenen Adlern zwischen den Kreuzarmen und seit 1740 mit der Inschrift: "Pour le m." Die Erweiterungsurkunde vom 18. Jan. 1810 bestimmte den Orden ausdrücklich für das Verdienst im Kampf mit dem Feind. Am 31. Mai 1842 errichtete Friedrich Wilhelm IV. eine besondere Klasse des Ordens für Wissenschaften und Künste für 30 Deutsche und eine unbestimmte, diese nicht überschreitende Zahl Ausländer, von welchen erstere durch die Ritter, letztere durch die beiden Akademien vorgeschlagen werden, wenn ein Ritter stirbt. Die Kriegsdekoration, welche in vier Arten: mit oder ohne Krone, mit oder ohne Eichenlaub, verliehen wird, besteht in einem achtspitzigen goldenen, blau emaillierten Kreuz, in dessen oberm Balken F mit der Königskrone, in den drei andern Pour-le-Mé-rite steht, während in den Winkeln goldene Adler ihre Flügel ausbreiten; die Zivildekoration besteht aus dem doppelt gekrönten Namenszug Friedrichs II., viermal wiederholt in Kreuzesform, einem runden goldenen Schild mit dem preußischen Adler, während die Devise auf blauem Grunde, die Namenszüge mit den Kronen verbindend, das Ganze umgibt. Die beiden Orden werden an schwarzem Band mit silbernen Streifen am Rand getragen. Für den Kronprinzen und Prinz Friedrich Karl wurde ein Großkreuz der Militärdekoration mit Stern 1871 geschaffen. Vgl. Tafel "Orden", Fig. 4 u. 21.

Meritōrisch (lat.), nach Verdienst, verdienstlich; der Bedeutung entsprechend.

Merĭtum (lat.), Verdienst; in der Theologie besonders vom Verdienst des Menschen vor Gott verstanden, welches die römische Kirche innerhalb gewisser Schranken zuläßt, die evangelischen Kirchen aber durchaus verwerfen. Über den Begriff des M. erhob sich im 5. Jahrh. ein heftiger Streit zwischen den Pelagianern (s. d.) und Augustinus (s. d.). Zur Versöhnung dieser Gegensätze unterscheiden die Scholastiker seit Thomas zwischen einem M. de condigno (Verdienst im strengen Sinn), bei welchem die göttliche Gnade wirkt, der menschliche Wille aber freithätig mitwirkt (eigentlich nur bei Christus vorhanden gewesen), und M. de congruo (Verdienst im weitern Sinn), welches sich die Menschen erwerben können, das aber um des Mißverhältnisses zwischen Schöpfer und Geschöpf willen nur von der göttlichen Gnade (s. d.) für vollgültig angesehen wird.

Merivale (spr. mérriwehl), Charles, engl. Geschichtschreiber, geb. 8. März 1808, studierte in Cambridge, graduierte daselbst und wurde 1869 Dekan von Ely. Er schrieb: "Fall of the Roman republic" (1853), "History of the Romans under the empire" (1859-1862, 7 Bde.; 2. Aufl. 1865, 8 Bde.; deutsch, Leipz. 1866-74, 4 Bde.), "General history of Rome" (1874), "The Roman triumvirates" (1876), "Four lectures on epochs of early church history" (1879) und übersetzte Homers "Ilias" in gereimten Versen (1869, 2 Bde.). - Sein Bruder Herman M., geb. 8. Nov. 1806, seit 1837 Professor der Nationalökonomie in Oxford, seit 1848 Unterstaatssekretär für die Kolonien und 1858 für Indien, starb 8. Febr. 1874; schrieb: "Lectures on colonizations and the colonies" (2. Aufl. 1860); "Historical studies" (1865).

Merkantīlisch (lat.), den Handel betreffend, kaufmännisch; Merkantilist, Anhänger des Merkantilsystems (s. d.).

Merkantīlsystem (Handelssystem, auch Colbertismus genannt, weil Colberts Verwaltung auf merkantilistischen Grundlagen ruhte), der zusammenfassende Name für diejenigen volkswirtschaftlichen Anschauungen und Bestrebungen, welche vom 16. bis gegen Ende des 18. Jahrh. in Theorie und Praxis die herrschenden waren. Demselben war auch in seinen gemäßigtern Richtungen eine Überschätzung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Geldes eigentümlich. Wenn man auch erkannte, daß das Geld Tauschmittel sei und ein isoliertes Land auch ohne Gold und Silber reich werden könne, so erfordere doch der heutige Zustand der Welt ein allgemeines Vergütungsmittel, und es könne deshalb ein Land jetzt nicht für reich gehalten werden, das nicht eine genügende Menge von Edelmetall besitze (Justi). Einen Beleg hierfür bot den Merkantilisten die Thatsache, daß seefahrende Nationen und Handelsstädte zu Macht und Wohlstand gelangt waren. Frühere Ausfuhrverbote für edle Metalle, welche mehrere europäische Länder erlassen hatten, waren freilich schon lange nicht mehr in Kraft, als das M. in Blüte stand. Statt ihrer wurden, um den Reichtum eines Landes zu erhalten und zu mehren, als die drei vornehmsten Mittel empfohlen: 1) Ausnutzung der vorhandenen Edelminen, 2) Vermehrung der produzierenden Kräfte, 3) richtige Regelung und Hebung des Handels und der heimischen Produktion. Ein Staat, der seinen wahren Vorteil versteht, meinte ein Merkantilist, soll Gold- und Silberbergwerke bauen, auch wenn sie nur eine geringe Ausbeute geben, ja die sogar mit Verlust gebaut werden müssen. Dieser Verlust ist nichts weniger als ein Verlust in Ansehung des gesamten Staats. Die darauf gewendeten Kosten bleiben im Land und ernähren eine Menge Menschen. Das Land hingegen wird allemal um so viel reicher, als Gold und Silber mit diesem vermeintlichen Verlust aus der Erde gegraben werden. Darum sollen die Unterthanen durch allerlei Freiheiten und Unterstützungen zum Bergbau aufgemuntert und angereizt werden; die Regierung soll armen Werken auf alle Art zu Hilfe kommen etc. Fast allen Merkantilisten war eine Überschätzung der Bedeutung der Volkszahl eigen. Ein Land, meinte man, könne "nie zu viel Einwohner" haben. Denn die Bevölkerung enthalte "alle Mittel, den gemeinschaftlichen Wohlstand zu fördern". Deshalb sollen sich "alle Maßregeln und Anstalten des Regenten darauf zuspitzen, die Volksmenge zu erhalten und zu mehren". Als solche werden angeführt: 1) Maßregeln zur Förderung des ehelichen Lebens (z. B. Hagestolzensteuer, Belohnung des Kinderreichtums, Unterstützung Neuverheirateter), 2) Sorge für eine gesicherte Existenz (Förderung von Gewerbe und Landeskultur, Anstalten zur Sicherung des Lebens etc.), 3) Beeinflussung von Aus- und Einwanderung, insbesondere Anziehung von reichen Fremden durch Gewährung von Titeln und Würden, Freiheiten u. dgl. Diese Überschätzung war teils eine Folge oberflächlichen Denkens (wies man doch auf große Städte hin, um eine Vergrößerung der Bevölkerung als möglich hinzustellen), teils aber war sie in den damaligen poli-^[folgende Seite]