Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Meteorwasser; Meter

542

Meteorwasser - Meter.

wo 1. Jan. 1869 neben größern Steinen kleinste Körner und Staub meteorischen Ursprungs auf dem Schnee gesammelt werden konnten. Oft liefert ein Fall nur einen Stein, mitunter mehrere Stücke, die, offenbar erst im Moment des Herabstürzens durch Explosion voneinander gerissen, Fragmente eines ursprünglich zusammengehörigen Stückes darstellen. So ließen sich die drei etwa 3 km voneinander entfernt bei Butsura in Ostindien aufgefundenen Stücke aneinander fügen und zu einem Meteorstein vereinigen. Bisweilen fällt aber auch eine große Anzahl einzelner Steine verschiedener Dimensionen, so 1803 bei L'Aigle in der Normandie gegen 3000, 1808 bei Stannern in Mähren einige hundert, 1882 bei Mocz in Siebenbürgen über 1000, und die Zahl der 1868 zu Pultusk in Polen niedergefallenen Steine wird sogar auf 100,000 geschätzt. Die Gestalt der M. läßt trotz außerordentlicher Verschiedenheit mitunter insofern eine Gesetzmäßigkeit erkennen, als man die Richtung, in welcher der Meteorit die Atmosphäre durcheilte, bestimmen und eine Brust- und Rückenseite unterscheiden kann (Fig. 3). Durch die Verringerung der Geschwindigkeit der M. in der Erdatmosphäre und durch die Kompression der Luft wird eine den Schmelzpunkt der Bestandteile erreichende Steigerung der Temperatur erzeugt; der Stein überzieht sich mit einer dünnen, schwarzen, glasigen Schmelzrinde, welche bisweilen Vertiefungen (sogen. Fingereindrücke) zeigt, wohl teils durch Abtropfen leichter flüssigen Materials hervorgebracht, teils durch die Einwirkung der komprimierten Luft, wie dies von Daubrée ausgeführte Experimente über die Einwirkung stark komprimierter Gase auf feste Körper infolge von Pulver und Dynamitexplosionen sehr wahrscheinlich gemacht haben. Außerdem bilden sich Schmelzfalten, welche in der Richtung der Bewegung ähnlich in die Länge gezogen sind wie diejenigen auf der Oberfläche der in halb weichem Zustand von den Vulkanen ausgeworfenen Bomben.

Eine so merkwürdige Erscheinung wie das "Niederfallen der Steine vom Himmel" mußte schon in frühsten Zeiten die Aufmerksamkeit der Beobachter erregen, und so besitzen wir in den Schriften der Chinesen und der antiken Kulturvölker eine Anzahl auf M. bezügliche Stellen. Es ist ferner sehr wahrscheinlich, daß der in der Kaaba zu Mekka verehrte Stein ein Meteorstein ist. Der älteste urkundlich beglaubigte Fall, von dem der Stein noch vorhanden ist, ist der von Ensisheim im Elsaß 7. Nov. 1492; noch heute bewahrt die Gemeinde den Rest des durch mehrere Lostrennungen verkleinerten Steins. Ist so im Volk die Kunde von der Existenz und dem sich immer wiederholenden Niederfallen von Meteorsteinen wohl nie ganz erloschen, so hat sich merkwürdigerweise die gelehrte Welt gegen die Anerkennung des Faktums geradezu gesträubt, und besonders die französische Akademie kam im Ausgang des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts mehrfach in die Lage, gegenüber Berichten über Fälle und Einsendungen von Steinen ihre Zweifel an der meteorischen Herkunft des Steinmaterials mit einer gewissen Feierlichkeit zu formulieren, bis der Steinregen von L'Aigle in der Normandie 26. April 1803, zu dessen näherer Untersuchung sie eine besondere Kommission (mit Biot an der Spitze) absandte, die Zweifel zerstörte, während in Deutschland der berühmte Akustiker Chladni durch eine epochemachende Publikation über das von Pallas 1771 in Sibirien entdeckte Eisen schon 1794 für die meteorische Natur der Stein- und Eisenmassen eingetreten war. In neuester Zeit werden die M. allgemein in den engsten Bezug zu den Meteorschwärmen und Kometen gebracht, eine Theorie, von Schiaparelli und Weiß besonders ausgebaut, nach welcher unter dem Einfluß zu starker Annäherung an die Sonne sich die Kometen zu Meteorschwärmen auflösen, d. h. in eine große Anzahl fester, glühender, die Bahn des ehemaligen Kometen einhaltender, also uns periodisch erscheinender Körper zerfallen. Der Umstand, daß gerade für die bedeutendsten Sternschnuppenschwärme sich keine gleichzeitige Steigerung der Anzahl von Meteoritenfällen nachweisen läßt, wird durch die verschiedene Richtung, in welcher die Schwärme die Erdbahn schneiden, erklärt; nur Schwärme, welche mit der Erde in annähernd gleicher Richtung sich bewegen, werden M. auf die Erde liefern; die Geschwindigkeit, mit welcher in diesem Fall der Meteorstein in die Erdatmosphäre eintritt, ist als die Differenz zwischen der eignen und der der Erde eine geringere, während im Fall der entgegengesetzten Bewegung die enorme Geschwindigkeit, mit welcher der kleine Weltkörper in die Atmosphäre eintritt, eine viel größere Hitzeentwickelung im Gefolge haben muß, die zur Zerstörung des Meteorsteins führt, ohne daß ein Rest desselben die Erdoberfläche erreicht. Ein solcher zwar kleiner Meteorschwarm, dessen Bewegungsrichtung aber für die Lieferung von Steinen günstig ist, ist der im Anfang Dezember die Erdbahn schneidende, und in der That weist die Statistik für die gleiche Zeit besonders viele Meteoritenfälle auf. - Auch zur Begründung einer Hypothese über die Beschaffenheit des Erdinnern hat man die M. herbeigezogen. Aus der Ähnlichkeit gewisser M. mit Gesteinen unsrer Erde, deren Zahl durch Schmelzversuche, welche Daubrée und Meunier mit irdischen Gesteinen anstellten, noch bedeutend vermehrt wird, schloß man auf eine Ähnlichkeit der übrigen, namentlich der viel Eisen enthaltenden, M. mit dem Material des unbekannten Erdinnern und kam durch die Annahme der Existenz solcher eisenführender Gesteine in den Tiefen der Erde zu einer sehr annehmbaren Erklärung des auffallend hohen spezifischen Gewichts der Gesamterde (vgl. Erde, S. 746). Daß diese Hypothese durch die Beobachtung gediegenen Eisens in offenbar aus großen Tiefen der Erde stammenden basaltischen Gesteinen eine wesentliche Stütze gefunden hat, ist leicht erkennbar.

Die vollständigsten Meteoritensammlungen besitzen Wien, Paris, London, Kalkutta, Berlin, München, Tübingen (die einst als Privatsammlung bedeutendste des Freiherrn von Reichenbach), Bonn (die ehemalige Sammlung des bekannten Mineralienhändlers Krantz); berühmte Privatsammlungen besitzen Greg in Manchester und Shepard in New Haven (Nordamerika). Vgl. Chladni, Über den Ursprung der von Pallas gefundenen Eisenmasse (Riga 1794); Derselbe, Über Feuermeteore (Wien 1820); Rammelsberg, Die chemische Natur der Meteoriten (Berl. 1870, 2. Abhandlung 1879); Derselbe, Über M. (das. 1872); Buchner, Die Meteoriten in Sammlungen (Leipz. 1863); Müller, Die M. (Basel 1876); Tschermak, Die mikroskopische Beschaffenheit der M., photographische Abbildungen (Stuttg. 1885); Brezina u. Cohen, Die Struktur und Zusammensetzung der Meteoreisen (das. 1887 ff.).

Meteorwasser, das durch meteorische Niederschläge (Regen, Schnee, Hagel, Tau, Reif) auf die Erde gelangende Wasser.

Meter (franz. mètre, v. griech. metron, Maß), das Grundmaß des neuen französischen (metrischen) Maßsystems (s. Dezimalmaß), der zehnmillionte Teil