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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mexiko

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Mexiko (Bundesrepublik: Geschichte).

ruhen. Der damalige (56.) Vizekönig, Don José Iturrigaray, reizte dadurch, daß er den reichen, bis jetzt unterdrückten Kreolen gleiche Rechte mit den Spaniern einräumte, die Spanier zu einem Aufstand und ward 16. Sept. 1808 von diesen gefangen genommen und nach Spanien geschickt. Die spanische Zentraljunta betraute 1810 Francisco Xavier de Venegas mit der Würde eines Vizekönigs von M. Dieser suchte das Land im Gehorsam gegen die Cortes und die Regentschaft in Cadiz zu erhalten, vermehrte aber nur die Unzufriedenheit der Kreolen, und bald bildete sich eine Verschwörung, an deren Spitze der Pfarrer zu Dolores, Don Miguel Hidalgo Castilla, stand. Dieser, von den Indianern unterstützt, eroberte Guanajuato und Valladolid (20. Okt.) und ließ sich zum Generalissimus ernennen, wurde bei Aculco vom General Calleja (7. Nov.) angegriffen und erlitt durch die Flucht der Indianer eine gänzliche Niederlage, die sich bei Guanajuato (24. Nov.) und bei Guadalajara (17. Jan. 1811) wiederholte, und wurde bald darauf von seinen eignen Genossen den Spaniern ausgeliefert (21. März), die ihn hinrichten ließen. Der Parteigängerkrieg dauerte in den Provinzen zwar fort, und namentlich entwickelte Morelos, der die Südküste beherrschte und sich von einer in Zitacuara errichteten Junta zum Oberfeldherrn über die Revolutionstruppen und später (19. April 1812) von einem in Oajaca zusammengetretenen Kongreß zum Diktator ernennen ließ, eine bedeutende Macht; doch ward auch er Anfang 1814 durch Llano und den Kreolenobersten Iturbide geschlagen, geriet durch Verrat in die Hände der Spanier und ward 21. Dez. 1815 kriegsrechtlich erschossen. Da jedoch die Kreolen, die zum Teil Führerstellen in der spanischen Armee bekleideten und zu deren seitherigen Erfolgen viel beigetragen hatten, sich nach wie vor gegen die Altspanier zurückgesetzt sahen und durch die Umwälzung in Spanien 1820 die Geistlichkeit dem Mutterland entfremdet wurde, faßten die gemäßigten Parteien mit Zustimmung des Klerus den sogen. Plan von Iguala (Grito d'Iguala), dem zufolge ein spanischer Prinz den Thron eines selbständigen Königreichs M. besteigen sollte. Das Werkzeug des Klerus, der Oberst Augustin Iturbide, erklärte sich (Januar 1821) zum Generalissimus der nationalen Streitkräfte und brachte in kurzem einen großen Teil von M. ohne Schwertschlag auf seine Seite. Ein königlicher Kommissar, der in Veracruz landete, um an Stelle des von den Spaniern selbst seiner Schwäche wegen abgesetzten Vizekönigs Apodaca die Regierung zu übernehmen, schloß 24. Aug. 1821 zu Cordova einen Vertrag mit Iturbide, worauf die spanische Besatzung die Hauptstadt räumte und Iturbide (27. Sept.) einzog.

Als die Nachricht einlief, daß die spanischen Cortes 13. Febr. 1822 den Vertrag von Cordova verworfen hatten, ließ sich Iturbide in der Nacht des 18. Mai als Augustin I. zum Kaiser von M. ausrufen. Die strenge Etikette, die der neue Kaiser annahm, die Finanznot und absolutistische Maßregeln erregten jedoch bald Unzufriedenheit im Volk und selbst unter den Truppen, so daß der General Santa Anna (Santana), früher Freund und Günstling Iturbides, 2. Dez. in Veracruz sich gegen ihn in einem Pronunciamiento für die Republik erhob. Augustin dankte 19. März 1823 ab, worauf der Kongreß M. zu einem Freistaat und 16. Dez. 1823 zu einem Bundesstaat erklärte, dessen Verfassung 4. Okt. 1824 ins Leben trat. Dieselbe war durchaus der nordamerikanischen nachgebildet. Zum ersten Präsidenten der Republik wurde 31. Jan. 1824 der General Guadalupe Vittoria erwählt. Die Republik M. ward zuerst von den Vereinigten Staaten, sodann von fast allen europäischen Mächten, Spanien ausgenommen, anerkannt; mit dem Fall des Forts San Juan d'Ulloa, das nach langer Belagerung 19. Nov. 1825 kapitulierte, verlor Spanien den letzten Punkt, den es in M. noch innegehabt.

Jedoch der junge Freistaat sollte zu keiner ruhigen Entwickelung gelangen. Die Parteien, die sich zunächst bekämpften, waren die der Escoceses oder die aristokratisch-kirchliche Partei, die eine reaktionäre, zentralisierende Regierung anstrebte, und die der Yorkinos oder die demokratische, die Anhänger der Konstitution, beide Parteien so genannt nach den rivalisierenden Freimaurerlogen. Als bei der neuen Präsidentenwahl 1. Sept. 1828 nicht der General Guerrero, als Mestize der Abgott der Patrioten, sondern der Kriegsminister Gomez Pedrazza, ein entschiedener Anhänger der Aristokratie, gewählt wurde, griff Santa Anna, Kommandant des Staats Veracruz, zu den Waffen; die Yorkinos erregten 30. Nov. 1828 in der Hauptstadt einen Aufstand und riefen Guerrero zum Präsidenten aus. Derselbe ward denn auch 1. Jan. 1829 vom wieder versammelten Kongreß in dieser Würde bestätigt. Ein Gesetz vom 20. März verbannte hierauf alle Spanier für immer von dem Boden des mexikanischen Gebiets. Am 27. Juli 1829 landete ein spanisches Invasionsheer unter General Barradas und bemächtigte sich der Stadt Punta de Jeres, wurde aber von Santa Anna eingeschlossen und zur Kapitulation und Rückkehr nach Havana gezwungen. Aber noch in demselben Jahr brach eine Verschwörung gegen Guerrero aus, an deren Spitze sich seine eignen Freunde Bustamente und Santa Anna stellten, und als Guerrero Mexiko verließ, um die Empörer zu bekämpfen, ging die Garnison der Hauptstadt zu denselben über. Eine provisorische Regierung berief nun den Kongreß, welcher 1. Jan. 1830 Bustamente zum Präsidenten erwählte. Zwar versuchte Guerrero im Juli 1830, sich wieder an die Spitze der Republik zu stellen; allein mehrmals geschlagen und endlich gefangen, ward er 17. Febr. 1831 zu Oajaca erschossen. Auch Bustamente beleidigte durch aristokratisches Regiment und besonders durch Aufhebung des Dekrets, welches die Spanier verbannte, das Nationalgefühl der Patrioten und Indianer, und 1832 erhob Santa Anna in Veracruz die Fahne der Insurrektion gegen ihn und den Kongreß, proklamierte Pedrazza als den allein rechtmäßigen Präsidenten und siegte über die Regierungstruppen bei Puebla (1. und 2. Okt. 1832). Im März 1833 wurden Santa Anna zum Präsidenten und der Arzt Valentin Gomez Farias zum Vizepräsidenten erwählt, dem Santa Anna bald darauf auch die Präsidentschaft übertrug. Da dieser aber mit Energie und Verstand auftrat und die Einziehung der geistlichen Güter ins Auge faßte, fiel Santa Anna von ihm ab, stellte sich an die Spitze der Zentralisten und führte nach blutigen Kämpfen 3. Okt. 1835 eine neue, zentralistische Konstitution ein. Verschiedene Aufstände der Föderalisten in einigen Departements wurden niedergeschlagen, nur Yucatan behauptete bis 1839 eine separatistische Stellung. Diese Ereignisse beschleunigten den Aufstand und den Abfall von Texas (s. d.), das sich 2. März 1836 für unabhängig erklärte, nachdem Santa Anna von den Texanern bei San Jacinto (20. April 1836) geschlagen und gefangen worden war. In M. entbrannten nun neue Kämpfe zwischen Santa Annas Anhängern