Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ministránt; Minitation; Minĭum; Mink; Minn.; Minne; Minneapolis; Minnehöfe; Minnesänger

662

Ministrant - Minnesänger.

Ministránt (lat.), s. v. w. Meßdiener; daher ministrieren, die Funktion des Meßdieners versehen.

Minitation (lat.), Drohung, Bedrohung.

Minĭum, bei den Römern s. v. w. Zinnober, jetzt s. v. w. Mennige.

Mink, s. Nörz.

Minn., Abkürzung für Minnesota (Staat).

Minne (althochd. minja, minna), ursprünglich s. v. w. Erinnerung, Gedenken. Die alten Deutschen pflegten bei festlichen Gelagen dem Andenken eines Abwesenden oder einem Gott beim Opfer einen Becher zu weihen und nannten dies "M. trinken". Im deutschen Mittelalter waren es dann vorzugsweise drei Heilige, denen zu Ehren M. getrunken wurde: der Evangelist Johannes, der die Gefahr der Vergiftung abwenden sollte, die heil. Gertrud, die Nachfolgerin der germanischen Erd- und Totengöttin, deren M. besonders Scheidende und Reisende tranken (s. Gesundheittrinken), und die heil. Walpurgis, in deren Namen man den Maitrank genoß (s. Maifest). Bald aber entwickelte sich in Deutschland für das Wort M. die Bedeutung persönlicher und besonders geschlechtlicher Zuneigung, während "Liebe" nur das Erfreuliche, Angenehme, das Wohlgefallen (im Gegensatz zu Leid) bezeichnete. In den Liebesliedern des Mittelalters, bei den Minnesängern (s. d.), erscheint die M. als Verehrung der Frauen auch personifiziert als Frau M. Später erhielt das Wort M. den Nebensinn des bloß sinnlichen Genusses, so daß es seit etwa 1500 als ein unanständiges ganz gemieden wurde und außer Gebrauch kam; erst die Dichter des 18. Jahrh. führten das fast vergessene Wort in seiner edlen Bedeutung wieder in die Dichtersprache ein.

Minneapolis, Stadt im nordamerikan. Staat Minnesota, auf hohem Bluff am Mississippi, bei den Fällen von St. Anthony, die eine ergiebige Wasserkraft liefern, mit dem gegenüberliegenden St. Anthony durch eine 205 m lange Brücke vereinigt, ist Sitz der Universität des Staats und eines lutherischen theologischen College, hat Säge- und Kornmühlen, zahlreiche andre Fabriken und (1880) 46,887 Einw.

Minnehöfe (Liebeshöfe, franz. Cours d'amour), gesellige Vereine von geistreichen Leuten beiderlei Geschlechts, welche gegen Ende des 12. Jahrh. in der Provence entstanden und von dort aus weitere Verbreitung fanden. Ihr ursprünglicher Zweck war, die bei den Zusammenkünften vorgelesenen Gedichte der Troubadoure (s. d.), namentlich die Tensons, zu besprechen und die darin enthaltenen Sprüche über Liebe und Ehre zum Gegenstand der Polemik zu machen. Um dergleichen Fragen endgültig zu entscheiden, bildete man scherzweise eine Art Gerichtshof, bei welchem jedes Mitglied der Gesellschaft irgend eine Stellung zugeteilt erhielt und die Präsidentschaft in der Regel Damen übertragen wurde, und behandelte nun den Streit der Parteien mit der in jener Zeit üblichen spitzfindigen Dialektik in aller Form des damaligen Rechtswesens. Später wurden auch nicht selten wirkliche Zwistigkeiten, Eifersüchteleien und Beschwerden von Liebespaaren den Minnehöfen vorgetragen und von diesen in höchster Instanz geschlichtet und entschieden. Daher ward es hier und da üblich, Gott Amor selbst als König der Liebe, umgeben von einem vollständigen Hofstaat oder Parlament, darzustellen und ihn ein regelrechtes Minnegericht halten zu lassen. An manchen Orten Frankreichs wurden dergleichen Minnegerichte (unter dem Vorsitz eines "prince d'amour" oder "prince de puy") sogar öffentlich aufgeführt und ihre Urteile und Aussprüche sorgfältig gesammelt, woraus allmählich ein förmliches Liebesgesetzbuch entstand, das Martial von Auvergne herausgab ("Arresta amorum") und ein berühmter Rechtsgelehrter, Benoît de Court, 1533 mit einem sehr gelehrten lateinischen Kommentar versah. Einer der glänzendsten M. war der la Court amoureuse genannte, den Isabella von Bayern 1392 in Flandern ins Leben rief, und an welchem zahlreiche Mitglieder der vornehmsten Familien teilnahmen. Er zählte 2 Oberjägermeister, 188 Bewahrer der Liebesregister, 59 Ehrenkavaliere, 52 Schatzmeister, 57 Bittschriftenmeister, 32 Sekretäre, 8 Substituten des Generalanwalts etc. Noch ist zu bemerken, daß sich die Mode der M. sogar in die Klöster einschlich; die Schilderung eines solchen Liebeshofs, wie er in einem Nonnenkloster der Diözese von Toul am Maifest abgehalten wurde, ist uns noch in einem lateinischen Gedicht: "Das Liebeskonzil" (hrsg. von Waitz in Haupts "Zeitschrift für deutsches Altertum", Bd. 7), aufbewahrt. Vgl. v. Aretin, Aussprüche der Minnegerichte etc. (Münch. 1803); Diez, Beiträge zur Kenntnis der romantischen Poesie (Berl. 1825); Capefigue, Les cours d'amour (Par. 1863); Méray, La vie au temps des cours d'amour (das. 1876).

Minnesänger (Minnesinger) werden, mit besonderer Hervorhebung des von ihnen vorzugsweise behandelten poetischen Stoffes, die deutschen Lyriker des 12. und 13. Jahrh. in ihrer Gesamtheit genannt. Eigentlich lyrische Dichtungen treten in Deutschland erst in diesem Zeitraum auf; alles, was Laien und Geistliche früher gesungen, trägt im ganzen epischen Charakter, dessen Spuren auch den frühsten lyrischen Hervorbringungen noch anhaften. Mehr als die höfische deutsche Epik des Mittelalters darf der Minnegesang als originales Erzeugnis des deutschen Volksgeistes gelten. Zwar hat auch er erhebliche Einwirkungen von der romanischen Kunstpoesie erfahren; doch ist diese Beeinflussung, die vorzüglich von der provençalischen und nordfranzösischen Liebespoesie ausging, eine mehr oder minder formelle geblieben. Die unsern germanischen Vorfahren schon von Tacitus zugesprochene Empfindung für das "Heilige und Ahnungsvolle" in der Frauennatur und das Feingefühl für das Mysterium des weiblichen Wesens mußten dem im Geleit des Rittertums auftretenden Frauendienst in Deutschland ganz natürlich, der chevaleresken Galanterie der Romanen gegenüber, einen tiefern und innigern Charakter verleihen. Derselbe äußert sich im deutschen Liebesleben, wie es die Minnepoesie darstellt, als eine fast blöde Scheu des Liebenden vor der Geliebten, als ein zagendes Sehnen und schüchternes Verlangen aus der Ferne nach der Erkornen, als eine zu dem Marienkultus in unverkennbarer Beziehung stehende demütige Anschauung des geliebten Weibes als eines in reinerer Lebenssphäre als der Mann heimischen Wesens. Darum erscheint der deutsche Minnegesang, verglichen mit der mehr auf frischen Lebensgenuß, auf Waffenfreude und Fehdeluft, auf galante Abenteuer und sinnlichen Liebeslohn gerichteten Troubadourpoesie, nach J. Grimms treffendem Ausdruck "frauenhafter", und wenn er auch sinnlicher Elemente keineswegs ganz entbehrt, vielmehr solche hier und da stark hervortreten läßt, so ist doch im großen und ganzen die deutsche Liebeslyrik des Mittelalters von ungleich idealerer Haltung als die romanische. Auch noch ein andrer Grundzug des Minnegesangs kennzeichnet diesen als echt germanisches Geisteskind: das überall aus ihm hervorklingende tiefsinnige Naturgefühl. Die ältesten Überbleibsel dieser mittelalterlichen Lyrik sind der Form nach noch ganz volksmäßig; bald aber