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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mora; Moradabad; Morāl; Morāles; Moral insanity; Moralisch; Moralische Person; Moralist

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Mora - Moralist.

Mora (Morra, ital., franz. Mourre), ein schon im Altertum bekanntes Spiel, wobei die beiden Spieler die geschlossene Faust bis zur Gesichtshöhe emporheben und plötzlich zu gleicher Zeit eine beliebige Anzahl Finger ausstrecken, indem jeder dabei die Zahl nennt, die er der Summe aller hingehaltenen Finger entsprechend glaubt. Wer diese richtig erraten hat, gewinnt, während das Spiel ungültig ist, wenn beide richtig raten oder keiner die wirkliche Zahl trifft. Die alten Römer nannten das Spiel Micare digitis (Fingerfunkeln). In Italien wird es jetzt mit wahrer Leidenschaft gespielt; auch in China und bei den Südseeinsulanern ist es üblich.

Mora, Don José Joaquin de, span. Schriftsteller, geb. 1783 zu Cadiz, studierte in Granada, kämpfte 1808 gegen die Franzosen, wurde gefangen genommen und kehrte erst 1814 in sein Vaterland zurück. Politisch verdächtig, mußte er 1823 flüchten und ging nach London, wo er das Taschenbuch "No me olvides" (1824-27), die "Gimnastica del bello sexo" (1824, 2. Aufl. 1827), "Cuadro de la historia de los Arabes" (1826, 2 Bde.) und "Meditaciones poeticas" (1826) herausgab. Seit 1827 in Buenos Ayres, redigierte er die "Cronica politica" und lebte später in verschiedenen Stellungen nacheinander in Chile, Peru und Bolivia, von wo er 1856 als Generalkonsul dieser Republik nach London ging, wo er Ende 1863 starb. Von Schriften sind noch seine "Leyendas españolas" (Lond. 1840) zu erwähnen, durch welche er sich als Dichter besonders bekannt gemacht hat. Auch hat er eine Abhandlung über die spanischen Synonymen geschrieben.

Moradabad, Distrikt in den Nordwestprovinzen des englisch-ind. Kaiserreichs, zwischen dem Ganges im W. und Ramganga im O., 5910 qkm (107 QM.) groß mit (1881) 1,155,173 Einw., davon 767,844 Hindu, welche bedeutenden Getreidebau treiben, aber infolge von Dürren auch häufig von Hungersnot heimgesucht werden. Die Stadt M., am Ramganga, mit Fort, Garnison und 67,387 Einw., ist berühmt durch ihre vorzüglichen tauschierten Metallarbeiten.

Morāl (Moralität, v. lat. mores, die Sitten), der Inbegriff der Grundsätze der Sittlichkeit und ihre Ausführung im Leben, als Lehre oder Wissenschaft gleichbedeutend mit Sittenlehre oder Ethik (s. d.), als Betragen gleichbedeutend mit einem deren Vorschriften gemäßen Leben, insofern dasselbe sowohl auf Bewußtsein des sittlich Gebotenen als auf dem Willen, dem Gebot gemäß zu handeln, beruht. Ein Mensch ohne M. ist ein solcher, dem entweder das Bewußtsein eines Gebotenen überhaupt, oder der Wille, einem solchen gemäß zu handeln, fehlt; ein unmoralischer dagegen ein solcher, der zwar nach Grundsätzen, aber nach schlechten, handelt. Moralisch nennt man alles, was dem Sittengesetz gemäß, oder auch, was dem Physischen entgegengesetzt ist. So spricht man von einem moralischen Zwang, d. h. einer Einwirkung auf den Willen durch Beängstigung des Gewissens, Furcht vor zukünftigen Übeln u. dgl., und nennt einen Menschen, dessen sittliche Ehre vernichtet ist, moralisch tot. Anderseits wieder bilden die moralischen oder praktischen Fähigkeiten als die des bewußten Handelns den Gegensatz zu den intellektuellen oder theoretischen als den Fähigkeiten des Erkennens. Moralische Wissenschaften, im Gegensatz zu den sogen. exakten Wissenschaften, sind alle diejenigen Disziplinen, welche die Erforschung und Ergründung des geistigen Lebens des Menschen, seiner Gesetze und Äußerungen zur Aufgabe haben, z. B. die Psychologie, Kultur- und Religionsgeschichte, Litteratur- und politische Geschichte etc. Unter moralischer Überzeugung versteht man eine zwar nicht beweisbare, aber doch im Gefühl so festgewurzelte Überzeugung, daß uns das Gewissen nicht erlaubt, von ihr abzugehen. Hieraus hat man einen "moralischen Beweis" für das Dasein Gottes abzuleiten versucht. Mit dem Ausdruck Moralprinzip bezeichnet man einen bestimmten praktischen Grundsatz, aus welchem sich andre Grundsätze und Pflichtgebote ableiten lassen, und deren von der Philosophie der alten und neuern Zeit sehr verschiedene aufgestellt worden sind (s. Ethik). Moralische Weltordnung nennt man denjenigen (wirklichen oder angeblichen) Zusammenhang der Welt, nach welchem Glückseligkeit die notwendige Folge der Tugend, diese selbst die ausreichende Bedingung der erstern sein soll, Moralphilosophie, die Wissenschaft der philosophischen M. Unter M. einer Fabel oder Parabel versteht man die Lebensregel, welche darin veranschaulicht werden soll. Vgl. Baumann, Handbuch der Moral (Leipz. 1879).

Morāles, 1) Luis de, span. Maler, genannt el Divino, "der Göttliche", weil er nur heilige Geschichten malte, geboren um 1509 zu Badajoz, lebte meist in Sevilla und seit 1564 in Madrid und starb 1586 in seiner Vaterstadt. Seine Gemälde, unter welchen Darstellungen der Schmerzensmutter mit dem toten Heiland den Schwerpunkt bilden, haben einen fanatisch-asketischen Zug, der später für die spanische Malerei maßgebend wurde. Seine Zeichnung ist manieriert, seine Modellierung in der Magerkeit der Formen übertrieben, aber seine Färbung zart verschmolzen. Das Madrider Museum besitzt einen Ecce homo, eine Mater dolorosa und eine Madonna, das Louvre in Paris die Halbfigur eines kreuztragenden Christus und die Dresdener Galerie einen Ecce homo.

2) Cristofano, Komponist, geb. 1520 zu Sevilla, erhielt seine Ausbildung als Chorknabe an der dortigen Kathedrale und kam 1540 nach Rom, wo er vom Papst Paul III. in dessen Sängerkapelle aufgenommen wurde. Ort und Zeit seines Todes sind unbekannt. In der strengen Zucht der sogen. niederländischen Kontrapunktistenschule aufgewachsen, ermangelt doch M. nicht der Freiheit und Selbständigkeit, welche die Arbeiten dieser Schule in ihrer letzten fruchtbarsten Entwickelungsepoche kennzeichnen. In diesem Sinn darf er unter den Vorgängern Palestrinas eine der ersten Stellen beanspruchen. Seine Kompositionen (Messen, Motetten, mehrere "Magnificat" etc.), in denen sich bereits der Stil des letztern deutlich ankündigt, erschienen größtenteils im Druck zu Venedig von 1542 bis 1614.

Moral insanity (engl., "moralischer Irrsinn"), von Prichard zuerst unterschiedene Geisteskrankheit, eine Form von Schwachsinn mit mehr oder weniger vollständigem Fehlen moralischer Gefühle und Begriffe. Die Kranken erscheinen als Verbrecher und sind unheilbar, weil ihnen das wichtigste Hilfsmittel zur Unterdrückung ihrer Triebe mangelt. Meist ist die M. angeboren (moralische Idiotie), doch wird sie auch durch Trunksucht erworben, und selbst dann ist selten Heilung möglich.

Moralisch, s. Moral.

Moralische Person, veraltete Bezeichnung für Juristische Person (s. d.).

Moralist (franz. moraliste), s. v. w. Sittenlehrer, aber im Gegensatz zum Moralphilosophen (Ethiker) Lehrer derjenigen sittlichen Grundsätze, nach welchen die Menschen zu handeln pflegen, statt derjenigen, nach welchen sie handeln sollen. Jener wird daher