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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Moschĕles; Moscherosch; Moschin; Moscholatrīe; Moschonisia; Moschos; Moschus

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Moscheles - Moschus.

tur nur bei Nischen, Portalen und Gesimsen, dort aber oft meisterhaft zur Anwendung. Die M. dient nur zu Gebet, Predigt und Vorlesungen, nicht aber zu religiösen Zeremonien. Im Sommer halten die Professoren (Muderris) ihre theologischen und juristischen Vorlesungen mit Vorliebe in denselben. Als Einkünfte sind den Moscheen besondere liegende Gründe angewiesen. Bei den Moscheen sind in der Regel folgende Beamte angestellt: der Scheich (Hauptprediger), der Chatib (Vorbeter) und sein Stellvertreter, zwei bis vier Imame (dienstthuende Geistliche), 12 Muezzins (Gebetausrufer) und 20 Kaims (Wächter und Diener).

Moschĕles, Ignaz, Klavierspieler und Komponist, geb. 30. Mai 1794 zu Prag als Sohn eines israelitischen Kaufmanns, begann seine musikalischen Studien 1804 in Prag unter Dionys Weber, setzte sie 1808 in Wien unter Albrechtsberger und Salieri fort und wurde bald einer der beliebtesten Virtuosen und gesuchtesten Lehrer Wiens. 1816 unternahm er seine erste Kunstreise, 1820 eine zweite nach Holland, Frankreich und England und erregte überall durch seinen feurigen Vortrag, seine geistvollen und effektreichen Kompositionen und sein glänzendes Talent, frei zu phantasieren, Bewunderung. Von 1825 an in London ansässig, entfaltete er hier als Lehrer an der Akademie der Musik und als Mitdirektor der philharmonischen Konzerte eine rühmliche Thätigkeit und wirkte namentlich auch durch die von ihm veranstalteten Ausgaben der klassischen deutschen Meisterwerke zu deren Einführung in England mit. 1844 folgte er einem Ruf an das Konservatorium zu Leipzig, dem er bis zu seinem Tod 10. März 1870 in erfolgreichster Weise seine Kräfte widmete. M.' Kompositionen für sein Instrument, welche äußern Glanz mit Gedankentiefe und Gediegenheit vereinen, nehmen mit denen Hummels einen Ehrenplatz in der nachbeethovenschen Klavierlitteratur ein. Seine Etüden, mehrere Konzerte, darunter namentlich das dritte in G moll, eine "Sonate mélancholique" und viele kleinere Klavierwerke sind von bleibendem Wert. Auch als Schriftsteller hat sich M. mit Erfolg versucht; eine von ihm veröffentlichte englische Bearbeitung von Schindlers Biographie Beethovens (Lond. 1841) und sein nach seinem Tod von seiner Gattin unter dem Titel: "Aus M.' Leben" (Leipz. 1872, 2 Bde.) herausgegebenes Tagebuch lassen einen gewandten und gebildeten Stilisten erkennen. Sein Briefwechsel mit Mendelssohn-Bartholdy erschien 1888.

Moscherosch, Johann Michael, deutscher Satiriker, geb. 5. März 1601 zu Willstädt bei Straßburg, studierte in letzterer Stadt Jura, wurde 1626 Hofmeister bei dem Grafen von Leiningen-Dachsburg, 1629 Amtmann bei dem Grafen von Crichingen und 1636 Amtmann zu Finstingen a. d. Saar, wo er 1641 für seine Kinder das pädagogische Büchlein "Christliches Vermächtnis oder schuldige Vorsorge eines treuen Vaters" (Straßb. 1643) schrieb. 1645 unter die Mitglieder der "Fruchtbringenden Gesellschaft" aufgenommen, wurde er bald darauf in der Festung Benfelden, die damals im Besitz der Schweden war, als schwedischer Staatssekretär und Kriegsrat angestellt und später als Staatssekretär und Fiskal nach Straßburg versetzt, 1656 aber zum Präsidenten der Kanzleikammer und des Kriegs- und Kirchenrats in Buchsweiler ernannt. Später legte er dieses Amt nieder und diente dem Kurfürsten von Mainz und zugleich der Landgräfin von Hessen. Er starb 4. April 1669 während einer Reise in Worms. Nach Herz und Sinn war M. ein Deutscher, der wie kein andrer in seiner Zeit die sittlichen Gefahren ahnte, die von Frankreich her seinem Vaterland drohten. Sein Hauptwerk in dieser Beziehung, das in einer etwas schwerfälligen Form ein köstliches und wahrheitsgetreues Sittengemälde seiner Zeit enthält, ist seine satirische Schrift "Philander von Sittewalt. Wunderliche und wahrhaftige Gesichte etc." In der Form von 14 Gesichten, die er teilweise dem Spanier Quevedo (in dessen "Sueños y discursos") nachbildete, stellt er die Thorheiten und Laster seiner Zeit dar und geißelt sie auf die unbarmherzigste Weise. Die Nachäffung des Fremdländischen, namentlich des Französischen, in Tracht und Sprache, die ärztliche Charlatanerie, die Verwilderung des Soldatenlebens etc. werden mit der größten Wahrheit und Derbheit geschildert. Diese Flugschriften, die zuerst einzeln erschienen, kamen 1645 und 1648 in einer Sammlung heraus und wurden bald in Frankfurt a. M. nachgedruckt. Spätere Ausgaben sind die Straßburger von 1650, 1665 und 1677. Neue Ausgaben besorgten Dittmar (die vier ersten Gesichte, mit Biographie, Berl. 1830) u. Bobertag (Auswahl in Kürschners "Deutscher Nationallitteratur", Bd. 32, Stuttg. 1884). Vgl. Nickels, M. als Pädagog (Leipz. 1883).

Moschin, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Schrimm, am Obrakanal und der Linie Breslau-Posen der Preußischen Staatsbahn, hat (1885) 1616 meist kath. Einwohner.

Moscholatrīe (griech.), Anbetung eines Kalbes, insbesondere des goldenen durch die Israeliten (vgl. Goldenes Kalb).

Moschonisia (Muskonisi, im Altertum Hekatonnesi), Gruppe von mehr als 30 kleinen Inseln an der Westküste von Kleinasien, im Golf von Edremid, zum Wilajet von Brussa gehörig, meist von Griechen bewohnt, bringen Baumwolle und Südfrüchte hervor.

Moschos, griech. Bukoliker aus Syrakus, lebte um 150 v. Chr. Wir besitzen unter seinem Namen 4 größere Gedichte, von denen jedoch die Totenklage um Bion von einem Schüler des letztern herrührt, und 4 kleinere (hrsg. und übers. zusammen mit denen des Theokrit und Bion). Sein Ausdruck ist fast bis zur Geziertheit elegant und entbehrt der Natürlichkeit und dramatischen Kraft des Theokrit.

Moschus (Bisam), das Sekret, welches von dem männlichen Moschustier (s. d.) in einem besondern Beutel abgesondert wird. Man unterscheidet im Handel tongkinesischen (tibetischen, orientalischen) als besten, ferner kabardinischen (russischen, sibirischen), bengalischen und bucharischen M.; auch kommt die aus den Beuteln genommene Moschussubstanz (M. ex vesicis) für sich allein in den Handel; aber alle Sorten unterliegen oft arger Verfälschung. Der M. bildet eine anfangs salbenartige, später krümelige, körnige, braune, fettglänzende Masse von bitterlichem Geschmack und eigentümlichem, höchst durchdringendem und lange haftendem Geruch, welcher beim Trocknen der Substanz fast verschwindet, beim Befeuchten aber allmählich wieder stärker hervortritt und vielleicht auf einer eigentümlichen Selbstentmischung der Substanz beruht. Auch beim Zusammenreiben mit schwefelsauren und andern Metallsalzen, mit Sulfuraurat, Kampfer, Mutterkorn, Emulsionen etc. tritt der Geruch sehr zurück, doch nicht immer. Minimale Mengen von salzsaurem oder schwefelsaurem Chinin sollen den Geruch des M. völlig unterdrücken. An Wasser gibt M. 40-50, an Alkohol 8-10 Proz. lösliche Stoffe ab. M. gehört zu den flüchtigen Erregungsmitteln. Er steigert die Respiration, Zirkulation, Hautthätigkeit, Harnabsonderung; man gibt ihn als Arzneimit-^[folgende Seite]