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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mythus; Mytilēne; Mytĭlus; Myūs; Mývatn; Myxogastĕres; Myxōma; Myxomycēten

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Mythus - Myxomyceten.

Sicherheit herrscht, nicht einmal darüber, ob einer indopersischen Gruppe gegenüber eine europäische, aus den sechs andern Völkern bestehende Familie anzunehmen sei, desgleichen darüber, ob die Griechen und Italer mit oder ohne Kelten nach der Trennung von den Germanen und Slawo-Letten noch eine Einheit gebildet haben. Gerade hier vermag vielleicht eine in dieser Richtung angestellte Mythenvergleichung der Sprachforschung in die Hände zu arbeiten, und jedenfalls ist die insbesondere von W. H. Roscher ("Apollon und Mars", Leipz. 1873; "Juno und Hera", das. 1875; "Hermes der Windgott", das. 1878; "Die Gorgonen und Verwandtes", das. 1879; "Nektar und Ambrosia", das. 1883) gepflegte Vergleichung griechischer und italischer Mythen als sehr verdienstvoll zu bezeichnen. Was nun den Inhalt der Mythen betrifft, so ist es auch nach der Trennung und nach der erfolgten Sonderexistenz der Völker die Natur gewesen, welche ihrem Mythentrieb die mächtigsten Impulse gegeben hat. Es wurden nicht nur die mitgebrachten Naturanschauungen auf die neuen Wohnsitze übertragen, wobei größere oder kleinere Veränderungen derselben eintraten, sondern auch die neuen Wohnsitze selbst riefen durch die Besonderheit ihrer landschaftlichen und klimatischen Verhältnisse neue Mythen hervor. Da diese Verhältnisse aber von den unsrigen vielfach abweichen, so ist es für denjenigen, welcher in das Wesen dieser Mythenschicht eindringen will, unerläßlich, womöglich durch eigne Beobachtung sich die größtmögliche Bekanntschaft mit jenen Verhältnissen zu verschaffen. Dadurch sind nach denen O. Müllers die Arbeiten von Forchhammer ("Hellenika", Berl. 1837; "Daduchos", Kiel 1875) und Aug. Mommsen ("Zur Kunde des griechischen Klimas", Schlesw. 1870; "Griechische Jahreszeiten", das. 1873-76) besonders wichtig. A. Mommsen ("Delphika", Leipz. 1878), Heinr. Dietr. Müller ("M. der griechischen Stämme", Götting. 1857-69, 2 Bde.; "Hermes Argeiphontes und Io-Demeter", das. 1866) und Ernst Curtius ("Griechische Geschichte") haben, wiederum O. Müllers Anregung folgend, die Aufhellung der Mythen der einzelnen griechischen Stämme unternommen, während die Arbeiten von Bernh. Schmidt ("Das Volksleben der Neugriechen und das hellenische Altertum", Leipz. 1871; "Griechische Märchen", das. 1877) und Usener ("Italische Mythen", im "Rheinischen Museum für Philologie", Bd. 30, S. 182 ff.; "Legenden der heil. Pelagia", Bonn 1879) vorzugsweise der Aufdeckung des Nachlebens griechischer und römischer Mythen in Legenden, Sagen und Gebräuchen der Jetztzeit gewidmet sind. Über Kunstwerke als Quellen von Mythen handelt Milchhöfer in den "Mitteilungen des Archäologischen Institus ^[richtig: Instituts] in Athen" (Bd. 4, S. 42 ff.).

Außer den bereits genannten Werken über M. sind noch zu erwähnen: Moritz, Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten (Berl. 1791, 10. Aufl. 1851; neue Ausg., Leipz. 1879); Lange, Einleitung in das Studium der griechischen M. (Berl. 1825); Schmieder, M. der Griechen und Römer (3. Aufl., Kassel 1830); Geib, Handbuch der griechischen und römischen M. (Erlang. 1832); Eckermann, Lehrbuch der M. der vorzüglichsten Völker des Altertums (Halle 1845-47, 3 Bde.); Mundt, Die Götterwelt der alten Völker (2. Aufl., Berl. 1854); Geppert, Die Götter und Heroen der alten Welt (Leipz. 1842); Petersen, Religion oder M., Theologie und Gottesverehrung der Griechen (in Ersch und Grubers "Encyklopädie", Sekt. 1, Bd. 82); Lauer, System der griechischen M. (Berl. 1853); A. Maury, Histoire des religions de la Grèce antique (Par. 1857-59, 3 Bde.); Greg. Wilh. Nitzsch, Die Heldensage der Griechen (Kiel 1841); Derselbe, Die Sagenpoesie der Griechen (das. 1852); Gerhard, Griechische M. (Berl. 1854-55, 2 Bde.). Populäre Zwecke verfolgen: Seemann, Die Götter und Heroen der Griechen (Leipz. 1869); Derselbe, M. der Griechen und Römer (3. Aufl., das. 1885); Stoll, Die Götter und Heroen des klassischen Altertums (7. Aufl., das. 1885); Derselbe, Handbuch der Religion und M. der Griechen u. Römer, für Gymnasien (6. Aufl., das. 1875). Die ausschließlich auf römische M. und auf die germanische Mythenwelt bezüglichen Werke sind unter den Artikeln "Römische Mythologie", "Deutsche Mythologie" und "Nordische Mythologie" angeführt. Ein "Ausführliches Wörterbuch der griechischen und römischen M." gibt Roscher heraus (Leipz. 1884 ff.). Von den ältern Werken nennen wir die Lexika von Moritz (Berl. 1794), Nitsch-Klopfer (Leipz. 1821, 2 Bde.), Jacobi (Koburg 1830-35, 2 Bde.), Nork (Stuttg. 1843-45, 4 Bde.), Vollmer (3. Aufl. von Binder, das. 1874) und Minckwitz (6. Aufl., Leipz. 1883).

Mythus (griech. Mythos), s. Mythologie.

Mytilēne, im Altertum die wichtigste Stadt der Insel Lesbos, auf deren Ostseite, hatte zwei Häfen (einen Kriegs- und einen Handelshafen) sowie starke Befestigungen und war durch ihre hohe Bildung wie eifrige Förderung von Kunst und Wissenschaft von alters her berühmt (s. Lesbos). Nachdem die Insel 428 unter Mytilenes Leitung von dem Attischen Seebund abgefallen war, wurde die Stadt nach langer Belagerung von den Athenern erobert, grausam bestraft und ihrer Mauern und Seemacht beraubt. Zur Zeit Alexanders d. Gr. litt M. sehr infolge der Einnahme durch die Perser und der spätern Eroberung durch die Mazedonier. Indessen erholte es sich von diesen und spätern Schlägen immer schnell wieder und wurde später von den römischen Kaisern, besonders von Tiberius und Nerva, wesentlich begünstigt. Im Mittelalter ging der Name M. (türk. Midüllü) auf die ganze Insel über. Die heutige Hauptstadt M. (bisher bloß Kastro genannt) ist Sitz des Kaimakams und eines griechischen Metropoliten, hat ein großes mittelalterliches Schloß, 16 Moscheen und angeblich 15,000 Einw.

Mytĭlus, Miesmuschel.

Myūs, die kleinste der zwölf ionischen Städte in Karien, am Mäandros, war eine der drei Städte, welche Themistokles vom Perserkönig geschenkt erhielt. In der Nähe erlitten die Athener während des Peloponnesischen Kriegs eine Niederlage durch die Karier. Heute Ruinen Avschar Kalessi.

Mývatn ("Mückensee"), einer der größten Seen auf Island, im nördlichen Teil der Insel, etwa 22 km lang und 18 km breit, mit 34 Inseln und einer Menge kleiner Holme, friert wegen der vulkanischen Wärme an einzelnen Stellen nie zu und fließt durch den Lara in den Skjálfandafjord ab. In der Nähe finden sich heiße Quellen und Schwefelablagerungen.

Myxogastĕres, s. v. w. Myxomyceten, s. Pilze.

Myxōma (griech.), s. Schleimgewebsgeschwulst.

Myxomycēten (Myxomycetes, Schleimpilze, Mycetozoa, Pilztiere), eine von den ältern Mykologen zu den Bauchpilzen gerechnete, jetzt wegen ihrer von allen übrigen Pilzen wesentlich abweichenden Organisation als selbständige Gruppe zwischen Tierreich und Pilze gestellte, von andern auch zum Tierreich gezogene Klasse von Organismen. Die M. entwickeln kein Mycelium und bestehen überhaupt nicht aus Pilzhyphen, besitzen aber echte Sporen. Bei der