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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Naumburg

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Naumburg (Hochstift) - Naumburg (Städte).

(Stuttg. 1880-85) u. a. Seit 1874 lebt N. in Dresden, wo er als Lehrer der Musikgeschichte am Konservatorium wirkt.

Naumburg (N.-Zeitz), früher selbständiges, später zu Kursachsen gehöriges Hochstift im obersächsischen Kreis, in zwei getrennten Teilen an der Saale und an der Elster gelegen, im ganzen 500 qkm (9 QM.) groß mit 40,000 Einw., zerfiel in die Ämter N., Zeitz und Hainsburg. Das Wappen war: Degen und Schlüssel, kreuzweise übereinander gelegt, im roten Felde. Das von Kaiser Otto I. 968 gestiftete Bistum zu Zeitz wurde wegen der fortwährenden Beunruhigungen durch die Böhmen und Wenden um 1029 nach N. verlegt, während in Zeitz nur ein untergeordnetes Kollegiatstift blieb. Wenn die Bischöfe von N. den Zeitzer Bischofstitel beibehielten, so nahm das Zeitzer Kapitel Mitwirkung an der Bischofswahl in Anspruch und verzichtete erst 1230 darauf. Der Bischof war Suffragan von Magdeburg und Reichsfürst; sein Sprengel erstreckte sich im W. bis zur Saale, im N. bis Weißenfels, im O. bis zur Weißen Elster und Zwickauer Mulde, im S. bis zum Fichtelgebirge. Zur Zeit der Reformation setzte Johann Friedrich der Großmütige einen lutherischen Bischof, Nikolaus von Amsdorf, in N. (1542) ein; allein das Domkapitel erkannte ihn nicht an und wählte den katholischen Domherrn Julius Pflug als Gegenbischof, welcher nach Amsdorfs Vertreibung (1546) als der letzte Bischof zu N. bis zu seinem Tod (1564) regierte. Kraft Vertrags ging nunmehr das weltliche Stiftsregiment an den Kurfürsten August I. von Sachsen als Administrator über, während das Domkapitel als geistliche Körperschaft fortbestand. Herzog Moritz, des Kurfürsten Johann Georg I. vierter Sohn, stiftete 1650 die Zeitzer Nebenlinie des Kurhauses Sachsen (s. d.). Da sich sein Sohn Moritz Wilhelm 1717 öffentlich zur römisch-katholischen Kirche bekannte, erklärte das evangelische Domkapitel das Hochstift für erledigt und wollte zur Wahl eines neuen Bischofs schreiten. Friedrich August I., König von Polen und Kurfürst von Sachsen, nahm es aber mit bewaffneter Hand in Besitz, einigte sich mit Moritz Wilhelm, der 1718 wieder lutherisch wurde und unmittelbar darauf starb. Nun kam das Stift wieder an das Kurhaus Sachsen. Am 18. Mai 1815 wurde es an Preußen abgetreten und bildet einen Teil des Regierungsbezirks Merseburg, das Domkapitel aber besteht noch. Vgl. Philipp, Geschichte des Stifts N. und Zeitz (Zeitz 1800); Lepsius, Über das Altertum und die Stifter des Doms zu N. (Naumb. 1822); Derselbe, Geschichte der Bischöfe des Hochstifts N. (das. 1846, Bd. 1).

Naumburg, 1) N. an der Saale, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, an der Saale, Knotenpunkt der Linien Neudietendorf-Weißenfels und N.-Artern der Preußischen Staatsbahn, 108 m ü. M., besteht aus der eigentlichen Stadt und der Vorstadt Grochlitz, hat 5 evang. Kirchen (darunter der Dom, 1207-42 im spätromanischen und frühgotischen Stil erbaut und gegenwärtig restauriert, mit 3 Schiffen, einer Krypte, 3 Türmen [der vierte ist nur bis zum Kirchdach aufgeführt] und zahlreichen Denkmälern altdeutscher Kunst etc., die Wenzeslaus- und die Moritzkirche) u. eine kath. Kirche, ein sogen. Schloß oder Residenzhaus auf dem Markt, ein Rathaus mit Verkaufsgewölben und (1885) mit der Garnison (eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 4 und ein Jägerbataillon Nr. 4) 19,107 meist evang. Einwohner, die Fabrikation von Kämmen, Elfenbeinwaren, Spielkarten, Bürsten-, Zigarren-, Leder-, Strumpfwaren, Essig, Schaumwein etc. betreiben. Bedeutend ist der Weinbau, der Handel mit Wein und den oben genannten Erzeugnissen und die Holzflößerei auf der Saale und der 2 km von der Stadt in die Saale einmündenden Unstrut. Alljährlich findet zu Palmarum ein fünftägiger Markt sowie am 11. Aug. ein Gurkenmarkt statt. N. ist Sitz eines Oberlandesgerichts für die acht Landgerichte der Provinz Sachsen, eines Landgerichts, eines Hauptsteueramtes, eines Domkapitels, einer Reichsbanknebenstelle und hat ein Gymnasium, ein Realprogymnasium, mehrere Hospitäler, andre Wohlthätigkeitsanstalten etc. Zum Landgerichtsbezirk N. gehören die 15 Amtsgericht zu Eckartsberga, Freiburg a. U., Heldrungen, Hohenmölsen, Kölleda, Lützen, Mücheln, N., Nebra, Osterfeld, Querfurt, Teuchern, Weißenfels, Wiehe und Zeitz. Das bekannte, noch jährlich durch einen öffentlichen Auszug der Schuljugend gefeierte Hussiten- oder Kirschfest soll seine Entstehung der Belagerung der Stadt durch die Hussiten unter Procopius (28. Juli 1432) verdanken, der sich durch eine Prozession der Kinder von N. zum Abzug bewegen ließ; doch wird die ganze Thatsache von neuern Geschichtschreibern bezweifelt. - N. war schon im 10. Jahrh. eine den Markgrafen von Meißen gehörige Domäne, die sie dem Stift Zeitz schenkten unter der Bedingung, daß der bischöfliche Stuhl hierher verlegt werde; Kaiser Konrad II. erteilte dem Orte das Stadt- und Marktrecht, und 1029 ward das Zeitzer Bistum wirklich nach N. verlegt. Auf dem hier 27. Jan. 1451 gehaltenen Fürstentag wurde der sogen. Bruderkrieg beendigt und durch den Naumburger Schied vom 25. Juni 1486 die Teilung der Wettinschen Lande zum Abschluß gebracht. Am 28. April 1457 wurde der Naumburger Erbvertrag zwischen Brandenburg, Schlesien und Sachsen und 24. Febr. 1554 ein Vertrag (Naumburger Vertrag) zwischen dem seiner Länder beraubten Johann Friedrich dem Großmütigen und dem Kurfürsten August abgeschlossen, durch welchen ersterer einen Teil seiner Länder zurückerhielt, worauf beide daselbst im März 1555 mit Brandenburg die Erbverbrüderung erneuerten. 1554 starb der letzte Bischof, und das Stift fiel an das kursächsische Haus. Vom 20. Jan. bis 8. Febr. 1561 fand hier eine Versammlung evangelischer Fürsten und Stände statt, auf der die Augsburgische Konfession von 1530 von neuem anerkannt ward. Am 29. Aug. 1631 wurde N. von Tilly, 29. Okt. 1632 von Gustav Adolf erobert, 1642 aber von dem schwedischen General Königsmark vergeblich belagert. 1814 wurde N. preußisch. Vgl. Puttrich, N. an der Saale, sein Dom und andre altertümliche Bauwerke (Text von Lepsius, Leipz. 1841-43; Mitzschke, Naumburger Inschriften (Naumb. 1876-81, 6 Hefte). -

2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Wolfhagen, an der Elbe (Nebenfluß der Eder), 298 m ü. M., hat ein Amtsgericht, Fabrikation von Thon-, Zucker-, Holzwaren und Mühlsteinen und (1885) 1329 meist kath. Einwohner. N. gehörte bis 1266 den Grafen von N. und war dann bis 1802 zwischen Kurmainz und Hessen streitig. -

3) N. am Queis, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Bunzlau, am Queis, hat 2 kath. Kirchen, eine schöne neue evang.

^[Abb.: Wappen von Naumburg a. d. S.]