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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nettement; Nettesheim; Netto; Nettūno; Netz; Netze

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Nettement - Netze.

seine Erfahrung, seine Ratschläge und seine Opferwilligkeit hauptsächlich das von den Franzosen belagerte Kolberg retteten. Im guten Einvernehmen mit der Bürgerschaft und in Verbindung mit seinem Freund Schill bildete er vom Anfang der Belagerung an durch Vorstellungen und selbst Drohungen der Unentschlossenheit und dem vorurteilsvollen Dünkel des Festungskommandanten, Obersten v. Loucadou, gegenüber ein wirksames Gegengewicht wodurch allein dieser zu Maßregeln, welche den Fall des Platzes verhüteten, gezwungen wurde. Seinem schriftlichen Gesuch beim König verdankte die Stadt die Zusendung eines neuen tüchtigen Befehlshaber, des Majors Gneisenau, dem N. sofort als Bürgeradjutant zur Seite trat. In dieser Stellung leitete er die Überschwemmungen, das Löschwesen, die Verproviantierung der Truppen und wußte die Eintracht zwischen der Bürgerschaft und der Besatzung sowie den Mut und die Ausdauer beider aufrecht zu erhalten. Nachdem infolge des Abschlusses des Waffenstillstandes zu Tilsit die Belagerung aufgehoben war, ehrte ihn sein König unter anderm durch Erteilung der Erlaubnis, die preußische Marineuniform zu tragen, und 1817 bewilligte er ihm eine lebenslängliche Pension von 200 Thlr. N. starb 29. Jan. 1824 in Kolberg. Seine sehr interessante Lebensbeschreibung, von ihm selbst aufgezeichnet, gab Haken (Leipz. 1821 bis 1823, 3 Bde.; 4. Aufl. 1878) heraus.

Nettement (spr. nett'māng), Alfred François, franz. Geschichtschreiber, geb. 22. Juli 1805 zu Paris, begann seine journalistische Laufbahn 1829 und veröffentlichte 1838 eine "Histoire du Journal des Débats" (2. Aufl. 1842). Nach der Februarrevolution rief er das Blatt "L'Opinion publique" ins Leben, welches die Anschauungen der Legitimität verfocht. In dem Departement Morbihan wurde er 1848 als Abgeordneter zur Gesetzgebende Versammlung erwählt. Von dem öffentlichen Leben zog er sich nach dem Staatsstreich zurück und beschäftigte sich nur noch litterarisch. Er starb 15. Nov. 1869 in Paris. Größere Leistungen Nettements sind: "Histoire de la révolution de juillet" (1833, 2 Bde.); "Vie de Suger" (1842, neue Ausg. 1868); "Vie de Marie-Thérèse de France, fille de Louis XVI" (1842, 3. Aufl. 1872); "Henri de France, ou histoire des Bourbons de la branche aînée" (1845, 3. Aufl. 1872); "Histoire de la littérature française sous la Restauration" (1853, 2 Bde.; 3. Aufl. 1874); "Histoire de la littérature française sous le gouvernement de juillet" (1855, 2 Bde.; 2. Aufl. 1859); "Histoire de la conquête d'Alger" (1856, 3. Aufl. 1870); "Vie de Mad. la marquise de la Rochejacquelin" (1858, 2. Aufl. 1865); "Histoire de la Restauration" (1860-72, 8 Bde.).

Nettesheim, s. Agrippa von Nettesheim.

Netto (ital., "rein"), das nach Abzug der Produktionskosten, Spesen, des Gewichts der Umhüllung etc. Übrigbleibende, dem Brutto (s. d.) entgegengesetzt. So ist Nettoertrag der Ertrag einer Einnahmequelle nach Abzug der Kosten der Gewinnung des Bruttoertrags, Nettopreis der Preis, von dem der Rabatt bereits abgezogen ist, oder bei welchem überhaupt kein solcher gegeben wird, reiner, genauer Preis, im Buchhandel der Preis, zu welchem der Verleger dem Sortimentshändler seine Verlagsartikel abläßt (abgekürzt: n, während n.n = netto-netto), Nettogewicht das Gewicht der Ware ohne Emballage etc. Über Nettobudget (Nettoetat) vgl. Budget (S. 598). Über Nettotara s. Tara.

Nettūno, Städtchen in der ital. Provinz Rom, nahe der Meeresküste, mit einem Palast der Doria, alten Befestigungen und (1881) 1883 Einw.; berühmt durch die Schönheit seiner Mädchen und deren Tracht.

Netz, aus weiten Maschen bestehendes Gestrick, dessen man sich beim Fang von Fischen und Wild bedient (über die Netze, welche zum Fischfang benutzt werden, s. Fischerei); in der Geometrie eine in eine Ebene gezeichnet Figur, welche die Oberfläche eines Körpers darstellt und so beschaffen ist, daß sie, um den Körper gelegt, denselben genau umschließt; bei der Land- und Feldmeßkunst die im Innern einer aufzunehmenden Gegend mit zuverlässigen Instrumenten genau bestimmten Punkte und ihre durch gerade Linien angegebenen Entfernungen voneinander; bei Landkarten die einander durchkreuzenden Parallel- und Meridiankreise, in welche die Länder und Orte eingezeichnet werden; auf Zeichnungen in gleichen Entfernungen gezogene und einander rechtwinkelig durchschneidende gerade Linien zur Erleichterung des genauen Nachzeichnens.

Netz (Omentum), beim Menschen derjenige Teil des Bauchfelles (s. d.), welcher den Magen und den Quergrimmdarm bedeckt, beide Organe an die Rückenwand der Bauchhöhle anheftet, den Magen ferner mit der Leber und der Bauchwand der Bauchhöhle verbindet und vor ihm noch wie eine Schürze über einen Teil des Dünndarms herabhängt. Durch diese in ihren Einzelheiten ohne Zeichnung und lange Beschreibung nur schwerverständliche Anordnung bildet das Bauchfell gewissermaßen einen weiten Sack, das große N., in welchen ein engerer, das kleine N., hineinragt; die Öffnung des letztern, mittels deren feine Höhlung (Netzsack) mit der Bauchhöhle in Verbindung steht, heißt das Winslowsche Loch. Solange im Embryo der Magen noch senkrecht in der Leibeshöhle herabhängt, ist das N. eine einfache Falte des Bauchfelles; erst mit der Querstellung des Magens und der Verlängerung des Darms im Lauf der weitern embryonalen Entwickelung treten die bezeichneten Komplikationen auf. S. Tafel "Eingeweide des Menschen I", Fig. 1. - Wie alle Organe des Unterleibs, kann auch das N. den Inhalt von Bruchsäcken bilden; besonders häufig tritt es in Leisten- und Nabelbrüche ein. Solche Netzbrüche fühlen sich teigig, oft strangartig an, haben eine mehr cylindrische Gestalt mit breiterer Basis, entwickeln sich langsam, sind schwer zurückzubringen, und es wird dabei nicht das Gurren gehört, welches bei der Zurückbringung gashaltiger Darmschlingen vernommen wird. Der Netzbruch verursacht lästiges Ziehen am Magen, aber nicht leicht so gefährliche Zufälle wie die Einklemmung andrer Brüche. Bei der Tuberkulose des Netzes wird die zarte Haut zu einem dicken, wurstförmigen Strang zusammengerollt und ist meist schon durch die Bauchdecken hindurch zu fühlen. Zuweilen entstehen im N. Einrisse und Spaltbildungen, durch welche Darmschlingen hindurchtreten und so einer Verschlingung anheimfallen können.

Netze, schiffbarer rechter Nebenfluß der Warthe in Preußen, entsteht aus zwei Quellflüssen, der Montwey und Netze, von denen letztere, erst in neuerer Zeit so benannt, ihren Ursprung in dem Skorzenciner See zwischen Powidz und Wittkowo hat, jene bei Kruschwitz dem Goplosee entfließt, in den sie in Polen als Notez eintritt. Beide vereinigen sich im Trlonger See, aus dessen Nordende bei Pakosch die N. austritt. Diese fließt in nordwestlicher Hauptrichtung bis Nakel, wo sie schiffbar wird, speist dann den zur Brahe und durch diese zur Weichsel führenden Bromberger Kanal und durchfließt in westsüdwestlicher Hauptrichtung das moorgrundige, aber urbar gemachte Netze-^[folgende Seite]