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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Neuseeland

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Neuseeland (Naturprodukte, Bewohner etc.; Geschichte).

doch auffallend still, finster und tot. In der Südinsel sind Graswiesen häufig und begünstigen das Betreiben der Viehzucht; in der Nordinsel sind die waldlosen Stellen meist mit einem Farnkraut (Pteris esculenta) bedeckt, dessen Wurzel den Ureinwohner früher zur Hauptnahrung diente. Die Fauna von N. ist sehr arm. Von Säugetieren gab es ursprünglich nur zwei Arten Fledermäuse und eine einheimische Ratte. Von zahmen Tieren besaßen die Eingebornen bloß den Hund, jetzt sind auch Rind und Schwein verwildert. Zahlreicher sind die Vögel, darunter der merkwürdige Kiwi (Apteryx australis). Der Riesenvogel Moa (Palapteryx) ist längst ausgestorben. Von Reptilien gibt es mehrere Eidechsenarten und einen Frosch, Insekten verhältnismäßig wenig. Der Reichtum an Mineralien ist bedeutend; außer Gold, das hauptsächlich im Alluvium seit 1857 gefunden wird, und von dem man bis Ende 1885 für 42,327,907 Pfd. Sterl. gewann, findet man Kupfer, Silber, Eisen (im Meeressand), Kohle (1885: 511,063 Ton.), Petroleum (auf der Nordinsel), Graphit, Antimon, Mangan.

Die Ureinwohner (Maori) gehören zum polynesischen Volksstamm (s. Tafel "Ozeanische Völker", Fig. 24) und wanderten nach ihren Überlieferungen vor 400 Jahren von Hawaiki (Samoa) in ihre jetzige Heimat ein. Sie sind gut gebaut, von mittlerer Größe, die Haut hat eine hellbraune Farbe, das Haar ist schwarz. Ihre geistigen Fähigkeiten stehen hoch. Nicht ohne eine gewisse Ritterlichkeit, sind sie im höchsten Grad rachsüchtig und grausam. Wenn sie jedoch nicht durch Leidenschaften erregt werden, ist ihr Benehmen ruhig und würdevoll. In Bildsamkeit überragen sie die übrigen Polynesier weit; als Menschenfresser standen sie aber auch den schlimmsten Volksstämmen nicht nach. Eine staatliche Ordnung existierte gar nicht; die zahlreichen Häuptlinge waren stets in Kriege untereinander verwickelt, und die Bevölkerung ist daher sehr gesunken. Auch die durch Europäer eingeführten Krankheiten, selbst ihre nur zum Teil adoptierte Zivilisation trugen zum allmählichen Aussterben der Rasse bei. Sie sind jetzt sämtlich zum Christentum bekehrt. Die in großer Zahl errichteten Schulen sind gut besucht, und nicht wenige Maori unterscheiden sich kaum von Europäern. Der bei weitem größere Teil wohnt auf der Nordinsel. Die Gesamtzahl wurde 1886 auf 41,432 angegeben, wovon 17,711 weiblichen Geschlechts.

Die Kolonisten (1886: 589,386 Seelen) sind fast durchweg britischer Abstammung; unter 489,983 Einw. befanden sich 1881 nur 4819 in Deutschland Geborne und 5033 Chinesen. Der Konfession nach zählte man 1881: 200,861 Anglikaner, 113,038 Presbyterianer, 5773 Lutheraner, 68,349 Katholiken u. a. Für Ackerbau ist das Land vorzüglich geeignet, und die Ernten geben mehr als doppelt so hohe Erträge wie auf dem australischen Festland. Gebaut werden vornehmlich Weizen, Gerste, Hafer und Kartoffeln. Noch bedeutender ist die Viehzucht; 1886 zählte man 187,382 Pferde, 853,358 Rinder, 16,564,595 Schafe und 277,901 Schweine. Die eingeführten Kaninchen sind den Ansiedlern im höchsten Grad verderblich geworden, und jährlich werden zu ihrer Ausrottung, freilich vergeblich, Tausende von Pfunden Sterling verausgabt. Die Industrie ist durch hohe, seitens der Regierung ausgesetzte Prämien sehr gefördert worden; nennenswert sind die Flachs- und Getreidemühlen, die Brauereien, Fleischkonservefabriken, Sägemühlen, Ziegelbrennereien, die Schlächtereien zur Verschiffung von Fleisch in gefrornem Zustand, die Wollzeugfabriken, Gerbereien, Gießereien und Maschinenwerkstätten. Der Export (1886 für 6,759,013 Pfd. Sterl.) besteht vornehmlich in Wolle (3,072,971 Pfd. Sterl.), Gold (939,648 Pfd. Sterl.), Getreide (434,640 Pfd. Sterl.), frischem Fleisch (474,642 Pfd. Sterl.), Kauriharz (257,653 Pfd. Sterl.), außerdem Talg, Butter, Holz, Kaninchenfellen, Flachs (Phormium) etc., die Einfuhr (6,759,013 Pfd. Sterl.) in Schnittwaren, Kleidern, Zucker, Spirituosen, Thee, Eisenwaren, Schuhzeug, Bier, Eisenbahnmaterial, Maschinen, Säcken, Kohle, Büchern, Papier, Zement, Leder, Zaundraht etc. Der Schiffsverkehr in den verschiedenen Häfen, von denen Auckland, Wellington, Napier, Nelson, Lyttelton, Dunedin und Invercargill die wichtigsten sind, betrug 1885: eingelaufen 786 Schiffe von 519,700 Ton., ausgelaufen 780 Schiffe von 543,000 T. Auckland wird von der großen Postdampferlinie Sydney-Honolulu-San Francisco berührt; alle wichtigern Häfen sind durch Dampferlinien verbunden, regelmäßiger Dampferverkehr besteht auch mit Hobart und mit Melbourne. Die Handelsflotte der Kolonie besteht (1886) aus 422 Segelschiffen von 57,068 T. und 167 Dampfern von 37,034 T. Eisenbahnen sind von allen bedeutendern Hafenplätzen in das Innere hinein gebaut; 1886 waren 2904 km Linien in Betrieb und 417 km im Bau. Die Post beförderte in 1043 Postämtern 37,149,788 Briefe und Postkarten, 3,265,960 Pakete und 14,233,878 Zeitungen. Die Telegraphenlinien hatten eine Länge von 7360 km, die Leitungen von 17,592 km. Ein Kabel geht nach Botanybai, ein andres verbindet die Nord- und Südinsel. Es bestehen 6 Banken, darunter 3 Filialen auswärtige Institute. In 261 Postsparkassen hatten 1885: 13,797 Personen (darunter 16 Maori) 427,647 Pfd. Sterl. eingezahlt. Die Zahl der Wohlthätigkeitsanstalten ist groß; 1885 gab es 44 Krankenhäuser, 7 Waisenhäuser, 8 Irrenhäuser, 9 Industrieschule. Für den Unterricht ist im allgemeinen gut gesorgt, obschon der Staat sich meistens auf Unterstützung der Schulen beschränkt. Die Neuseeland-Universität zu Christchurch hat keine Lehrkurse, sie erteilt nur akademische Grade auf Grund abgehaltener Prüfungen; dagegen entfalten die Otago-Universität und das University College in Auckland eine lehrende Thätigkeit. Aus der Gründung von Kolonien in verschiedenen Gegenden bildete sich anfangs ein Bundesstaat, der aus 9 selbständig nebeneinander stehenden Provinzen bestand. Seit 1876 bildet aber N. einen einheitlichen Staat, geteilt in 63 Grafschaften (32 auf der Nordinsel, 30 auf der Südinsel, 1 auf der Stewartinsel) mit der Hauptstadt Wellington. Der Gouverneur wird von der englischen Krone ernannt, ihm stehen 8 Minister zur Seite. Das Oberhaus hat 45 (3 Maori) von der Krone auf Lebenszeit ernannte Mitglieder, das Abgeordnetenhaus wird auf 5 Jahre gewählt und zählt 88 (4 Maori) Mitglieder. Die Staatseinkünfte betrugen 1885: 3,859,996, die Ausgaben 4,282,901, die Staatsschulden 35,790,422 Pfd. Sterl. Zur Verteidigung des Landes haben sich verschiedene Korps (Infanterie, Kavallerie, Artillerie) von Freiwillige gebildet, im ganzen 8253 Mann. Zugleich wurden die Häfen von Auckland, Wellington, Lyttelton und Port Chalmers (Dunedin) durch Batterien gesichert; auch besitzt die Kolonie 4 Torpedoboote. Über die Flagge Neuseelands s. Tafel "Flaggen I", mit Text.

[Geschichte.] Der holländische Seefahrer Tasman entdeckte zuerst 1642 die Westküste der Südinsel von N. und nannte sie Staatenland; doch gaben die holländischen Geographen ihr schon im 17. Jahrh. den Namen Nova Zelandia. Am 8. Okt. 1769 landete