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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Niederlande

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Niederlande (Seen, Kanäle, Inseln, Klima, Areal, Bevölkerung).

land, Tholen und Philipsland steht die Osterschelde in Verbindung mit dem Krammer und deshalb auch mit der Maas. Die N. sind überdies sehr reich an kleinern Flüssen, welche darum von Bedeutung sind, weil sie oft fruchtbares Marschland in der Mitte des dürren Landes ins Leben riefen, den Bau von Kanälen erleichterten und die Verstärkung der Festungen durch Inundation ermöglichten. Außer der Ems, deren Mündung in den Dollart die Grenze gegen Preußen (Hannover) bildet, sind zu nennen: die Westerwolder Aa, in den Dollart mündend, die Hunse in Drenthe und Groningen, das Schwarze Wasser in Overyssel, die Eem in Utrecht, die Amstel in Nordholland, die Holländische Yssel in Südholland etc.

In den nördlichen Provinzen finden sich trotz der Trockenlegungen noch bedeutende Seen (Süßwasserseen), so in Friesland: der Sloter, Sneeker, Tjeuke-, Bergumer, Heeger und Fluessensee; in Groningen: der Südlaarder und Schildsee; in Overyssel: der Giethoornsche See, das Belter, das Beulakker Wyde; in Nordholland: der Naarder und der Alkmarer oder Lange See. Auch findet man eine Menge seeartiger Torfpfuhle (veenplassen). Kein Land besitzt so zahlreiche Kanäle zur Beförderung der Schiffahrt und der Abfuhr zu Wasser wie die N. Die bedeutendsten sind: der große Nordholländische Kanal (s. d.); der neue (1876 eingeweihte) Nordseekanal, zur kürzern Verbindung Amsterdams mit der Nordsee; der Kanal, welcher Amsterdam mit der Utrechter Vecht verbindet, die durch den Vreeswijker Kanal, Rheinische Fahrt genannt, wieder mit der Lek verbunden ist; der Zederikkanal (s. d.); der Kanal von Voorne in Südholland (1827-29 angelegt), der bei Helvoetsluys in die Nordsee mündet, genügte nicht für die Schiffahrt von Rotterdam, weshalb man den Kanal durch die "Ecke von Holland" gegraben hat; die Süd-Wilhelmsfahrt (s. d.); die Wilhelmsfahrt in Overyssel, nur ca. 3 km lang, zur Verbindung des Schwarzen Wassers bei Zwolle mit der Yssel; die Dedemsfahrt (s. d.); das Damster Diep (s. d.) und der Emskanal von Groningen nach Delfzyl; das Winschoter Diep von Groningen nach Winschoten, zum Teil das Schuitendiep genannt; der Stadtkanal, der Kommunikationsweg für die Torfkolonien in der Provinz Groningen; das Hoendiep von Groningen nach den friesischen Grenzen und dessen Fortsetzung in Friesland; das Kolonels- oder Kaspar Robles-Diep, die Verbindung der friesischen Seen mit dem Zuidersee; der Nord-Wilhelmskanal (s. d.) und dessen Fortsetzung, die Drenther Haupt- oder Smildefahrt, von Assen nach Meppel mit ihren Zweigen, dem Oranjekanal und der Hoogeveenschen Fahrt; der Kanal von Terneuzen (in Zeeland), welcher letzteres mit der belgischen Stadt Gent verbindet; der Kanal durch die Insel Walcheren von Vlissingen über Middelburg nach Veere; der Südbevelandkanal (s. oben) etc. Zu den niederländischen Inseln gehören die in dem Scheldedelta: Walcheren, Nordbeveland, Südbeveland, Schouwen und Duiveland, St. Philipsland und Tholen; die in dem Maasdelta: Ysselmonde, Voorne und Putten, Rosenburg, Beierland, Goeree und Overflakkee, die Insel von Dordrecht, Tien-Gemeten und einige kleinere, durch Trockenlegung gewonnene; die vor dem Eingang des Zuidersees und nördlich von Friesland und Groningen liegenden: Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland (jetzt durch einen Damm mit dem Festland verbunden), Schiermonnikoog und Rottum oder Rottumer Oog; die im Zuidersee: Wieringen, Marken und Urk und die Overysseler Insel Schokland (seit 1859 verlassen); ferner das Ysseldelta in Overyssel: Kamper Insel, Mandjes- und Katjeswaard und die durch Rhein und Waal gebildete Betuwe; endlich die Inseln des Biesbosch.

Das Klima der N. ist im allgemeinen milder als das von Norddeutschland. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 9,89° C. und stimmt somit überein mit der von Koblenz, Teplitz, Krakau, Odessa und dem südlichen England. Im W. des Landes ist die Luft wegen der Nähe des Meers feuchter und wärmer als im östlichen Teil. An vier verschiedenen Punkten des Landes beträgt die mittlere Wärme:

Winter Sommer Jahresdurchschnitt

Groningen 2,2° C. 17,2° C. 9,5° C.

Amsterdam 3,1° C. 16,7° C. 9,7° C.

Utrecht 2,4° C. 17,7° C. 9,89° C.

Maastricht 3,4° C. 19,7° C. 11,2° C.

Die jährliche Regenmenge betrug von 1848 bis 1886 zu Utrecht im Durchschnitt 705,6 mm, und zwar war der Regenfall im Juli, August und September resp. 75,5, 82,8, 67,5, im Februar, März, April resp. 45,7, 43,7 und 38,6 mm. Im Winter fällt eine erhebliche Menge Schnee, und die zahlreichen Flüsse, Kanäle, Seen, sogar bisweilen der Zuidersee, gefrieren. In heißen, trocknen Sommern sind die Ausdünstungen der Kanäle und stehenden Gewässer der Gesundheit sehr nachteilig; aus diesem Grund gelten einige sumpfige Strecken von Zeeland, Nordholland, Südholland und Friesland für ungesund. Ein besseres Klima haben die innern Provinzen. Die vorherrschenden Winde sind der Nord- und der Südwestwind; Stürme aus dem Westen sind bei hohem Wasserstand gefährlich, weil sie oft Deichbrüche und Überschwemmungen herbeiführen.

Areal und Bevölkerung.

Die N. hatten nach der Volkszählung vom 31. Dez. 1879: 4,012,693 Einw. und zerfallen in elf Provinzen (s. Karte "Niederlande"), deren Größe (nach dem Kataster von 1877) und Einwohnerzahl folgende sind:

Provinz QKilometer QMeilen Einw. 1879 Einw. 1887

Drenthe 2662,50 48,4 118845 127309

Friedland 3320,34 60,3 329877 335597

Gelderland 5088,96 92,4 466805 502049

Groningen 2297,70 41,7 253246 270608

Limburg 2204,30 40,0 239453 254846

Nordbrabant 5127,73 93,1 466497 500315

Nordholland 2739,56 49,8 679990 786116

Overyssel 3344,95 60,7 274136 291462

Südholland 3022,86 54,9 803530 911534

Utrecht 1384,11 25,1 191679 212454

Zeeland 1778,60 32,3 188635 198567

Summa: 32971,61 598,8 4012693 4390857

Die Bevölkerung, welche 1829 erst 2,613,491 Seelen betrug, hat sich in 50 Jahren um 1,399,206 Einw. vermehrt und wurde (Januar 1887) auf 4,390,857 Seelen berechnet. Die Zahl der Auswanderer, die sich meist nach Nordamerika wandten, ist 1882-86 von 34,321 auf 11,924 Personen gesunken, doch waren davon nur 7304, resp. 2024 Niederländer. Am dichtesten sind die Provinzen Nord- und Südholland bevölkert, indem hier die städtische Bevölkerung die ländliche überwiegt. Sie beträgt im ganzen Reich 121 (neuerdings 133) Seelen auf das QKilometer. Nach dem Geschlecht unterschied man 1879: 49,5 Proz. Männer und 50,5 Proz. Frauen. Auf 100 Personen entfielen unter den

Männern Frauen

Ledige 62,4 59,4

Verheiratete 33,9 33,1

Verwitwete 3,7 7,4