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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Nikolaus von Clemanges - Nikomedes.

die mathematischen Disziplinen als Fachstudium, trat in das Geniekorps und widmete sich ganz seinen militärischen Pflichten. 1856 ward er bereits Generalinspektor des Geniekorps, 1860 Ingenieurgeneral und 1865 Generalinspektor der Kavallerie, Oberkommandeur sämtlicher Garden und des Petersburger Militärbezirks sowie Präsident des obersten Komitees für Organisation und Ausbildung der Truppen. Er galt als das Muster eines berufsmäßigen Befehlshaber, obwohl ihm jede Kriegserfahrung mangelte. Außerdem bildeten seine galanten Abenteuer öfters das Stadtgespräch der Residenz. 1877 zum Oberbefehlshaber der Donauarmee ernannt, führte er den Krieg nach Überschreitung der Donau anfangs mit Glück, zersplitterte aber seine Streitkräfte so, daß er nach Vertreibung der Russen aus Rumelien und nach den vergebliche Angriffen auf Plewna im Juli u. August in große Bedrängnis geriet. Es wurde ihm daher wenn auch nicht dem Namen nach, doch thatsächlich der Oberbefehl entzogen. Die Siege seiner Unterfeldherren verschaffen ihm den Triumph des Waffenstillstandes von Adrianopel und des Friedens von San Stefano. Hierauf ward er zwar zum Generalfeldmarschall ernannt, sein Ansehen war aber schwer geschädigt, und da er außerdem durch einen Prozeß gegen betrügerische Militärlieferanten bloßgestellt wurde und 1880 in einer Rechtfertigung seiner Kriegführung in der Pariser "Nouvelle Revue" russische Staatsmänner und Feldherren in indiskreter Weise angriff, wurde er seiner militärischen Ämter enthoben, ja 1882 seiner zerrütteten Vermögensverhältnisse halber unter Kuratel gestellt. Vermählt ist er seit 6. Febr. 1856 mit der Prinzessin Alexandra von Oldenburg, welche ihm zwei Söhne: Nikolaus (geb. 18. Nov. 1856) und Peter (geb. 22. Jan. 1864), gebar.

Nikolaus von Clemanges, s. Clemanges.

Nikolaus von Cusa, s. Cusa.

Nikolaus von Damaskus (N. Damascenus), griech. Historiker und peripatetischer Philosoph, aus dem 1. Jahrh. n. Chr., stammte aus einer angesehenen Familie in Damaskus, war Freund und Ratgeber des Königs Herodes d. Gr. und stand auch später in Rom bei Kaiser Augustus in hoher Gunst. Er schrieb erläuternd oder paraphrasierend über die Aristotelische Philosophie und verfaßte (nach einigen) die sonst dem Aristoteles beigelegte Schrift über die Pflanzen (hrsg. von Meyer, Leipz. 1841). Auch Tragödien von N. werden genannt. Am bekanntesten aber wurde er durch seine Weltgeschichte in 144 Büchern, von der bedeutende Bruchstücke erhalten sind, und seine fast vollständig vorhandene panegyrische Biographie des Augustus. Die historischen Fragmente gaben Orelli (Leipz. 1804) und Dindorf (in "Historici graeci minores", Bd. 1, Par. 1870) heraus; Fragmente andrer Schriften Feder (Darmst. 1850). Vgl. Navet, N. von Damaskus (Simmern 1853); Trieber, De Nicolai Damasceni Laconicis (Berl. 1867).

Nikolaus von Lyra (Doctor planus et utilis), ausgezeichneter biblischer Theolog des Mittelalters, geboren zu Lyra in der Normandie, wurde 1291 Franziskaner und später Lehrer der Theologie zu Paris, wo er als Ordensprovinzial 23. Okt. 1340 starb. Seine hebräischen und rabbinischen Kenntnisse riefen die Sage von seinem jüdischen Ursprung hervor. Der von ihm herrührende fortlaufende Kommentar zur Bibel: "Postillae perpetuae" (Rom 1471, 5 Bde., u. öfter) hat es, mehr als dies sonst im Mittelalter der Fall ist, auf Erhebung des Wortsinns abgesehen und ist auch von Luther benutzt worden ("Si Lyra non lyrasset, Lutherus non saltasset").

Nikolsburg (tschech. Mikulov), Stadt im südlichen Mähren, am Fuß der weinreichen Polauer Berge, an der Lundenburg-Zellerndorfer Bahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein großes fürstlich Dietrichsteinsches Schloß mit Bibliothek und Naturalienkabinett, 3 bemerkenswerte Kirchen, 2 Synagogen, ein Obergymnasium, ein Kollegiatstift, Piaristenkollegium, starken Weinbau, Dampfmühle, besuchte Märkte und (1880) 7642 Einw. (darunter 1594 Juden). N. ist Geburtsort des Staatsmanns Joseph v. Sonnenfels. In N. waren im Dezember 1805 nach der Schlacht von Austerlitz Friedensunterhandlungen, die mit dem Preßburger Frieden (26. Dez.) endeten. 1866 verlegte König Wilhelm von Preußen 17. Juli sein Hauptquartier nach dem Schloß von N. In diesem fanden nun sofort Verhandlungen statt, welche 21. Juli zur vorläufigen Waffenruhe zwischen Österreich und Preußen und zu dem Präliminarfriedensvertrag von N. vom 26. Juli führten, in welchem Österreich auf Venetien und seine Anrechte an die Elbherzogtümer verzichtete, aus dem Deutschen Bund ausschied und seine Zustimmung zu den preußischen Annexionen in Norddeutschland gab. Derselbe wurde im wesentlichen durch den Frieden von Prag (s. d.) 23. Aug. bestätigt.

Nikolsk, 1) Kreisstadt im russ. Gouvernement Wologda, am Jug, mit 2 Kirchen und (1881) 1882 Einw. -

2) Dorf im russ. Gouvernement Woronesh, Kreis Bogutschar, mit 2 Kirchen und gegen 10,000 Einw.

Nikomăchos, Neupythagoreer und Mathematiker, um 150 n. Chr., aus Gerasa in Arabien, verfaßte ein Handbuch der Harmonik, von welchem noch das erste Buch vollständig erhalten ist, und ein wertvolles arithmetisches Werk (hrsg. von Ast, Leipz. 1817; von Hoche, das. 1866), von welchem Nesselmann eine eingehende Analyse ("Die Algebra der Griechen", Berl. 1842) gibt. Vgl. Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1, S. 362 (Leipz. 1880).

Nikomedeia, die Hauptstadt Bithyniens, ward von Nikomedes I. am nordöstliche Winkel des Meerbusens von Astakos (Golf von Ismid) 264 v. Chr. erbaut und schwang sich bald zu einer der blühendsten Städte des Altertums empor. Von den spätern römischen Kaisern, wie Diokletian und Konstantin d. Gr., der daselbst starb, wurde sie öfters zur Residenz gewählt; sie war auch Schauplatz der Diokletianischen Christenverfolgung. Wiederholt durch Erdbeben zerstört, wurde sie immer wieder aufgebaut. N. ist Vaterstadt des Schriftstellers Arrianos. Ruinen beim heutigen Ismid (s. d.).

Nikomēdes, Name von drei bithynischen Königen:

1) N. I., Sohn des bithynischen Fürsten Zipoetes, machte sich nach dem Tode des Lysimachos 281 v. Chr. unabhängig, vereinigte die thrakischen Stämme zum Königreich Bithynien mit der von ihm erweiterten Hauptstadt Nikomedeia (früher Astakos), führte glückliche Kriege mit Syrien und eroberte 275 mit Hilfe der aus Europa herbeigerufenen keltischen Söldner, denen er dann Galatien einräumte, einen bedeutenden Teil Phrygiens. Er starb 246. -

2) N. II., Epiphanes, Sohn des Prusias II., ermordete diesen 148 v. Chr., folgte in der Herrschaft über Bithynien und starb wahrscheinlich 91. -

3) N. III., Philopator, Sohn des vorigen, wurde, nachdem er schon vorher einmal von Mithridates vertrieben, aber von den Römern wieder eingesetzt worden war, 88 v. Chr. beim Beginn des ersten Mithridatischen Kriegs von Mithridates von neuem vertrieben und erst 84 nach Beendigung des Kriegs wieder in dem Besitz seines