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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Oberkirch - Oberlin.

eine evang. Kirche, ein adliges Fräuleinstift im ehemaligen Benediktiner-Nonnenkloster, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Spielwarenfabrikation, Schneide- und Mahlmühlen, Braunkohlengruben und (1885) 2110 Einw.

Oberkirch, Stadt im bad. Kreis Offenburg, an der Rench und der Linie Appenweier-Oppenau der Badischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine neue kath. Kirche, ein Waisenhaus, eine Hochquellwasserleitung, ein neues Schlachthaus mit Viehhof, ein Bezirksamt, ein Amtsgericht, Papier- und Pergamentfabrikation, eine Glaceeleder-, eine Maschinen- und eine Nägelfabrik, Schlauchweberei, vorzüglichen Weinbau, Bereitung von Kirschwasser, Bierbrauerei und (1885) 2806 meist kath. Einwohner. In der Nähe die Schloßruinen Schauenburg, Fürsteneck und Ullenburg.

Oberkirchenrat, in manchen Staaten, wie in (Alt-) Preußen, Österreich, Baden, Oldenburg, Sachsen-Meiningen und Mecklenburg-Schwerin, eine kollegialische Oberbehörde, welche mit der Ausübung der in der evangelischen Kirche dem Landesherrn vorbehaltenen obersten Kirchengewalt betraut ist. S. Kirchenrat.

Oberkonsistorium, s. Konsistorium.

Oberlahnstein, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis St. Goarshausen, an der Mündung der Lahn in den Rhein, Knotenpunkt der Linien Frankfurt a. M.-Lollar und O.-Koblenz der Preußischen Staatsbahn, ist mit alten Mauern und Türmen umgeben, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein ehemals kurmainzisches Schloß, die merkwürdige Marien- oder Wenzelskapelle, bei welcher 20. Aug. 1400 König Wenzel abgesetzt wurde, ein Realprogymnasium, ein Hauptsteueramt, Silber- und Bleigruben, Farbewarenfabrikation, Sägemühlen, Eisengießerei, Maschinenfabriken, Schiffahrt, Fischerei, Weinbau und Weinhandel, 2 Sauerbrunnen und (1885) 5833 meist kath. Einwohner. Dabei die 1854 aus ihren Ruinen restaurierte Burg Lahneck (um 1290 erbaut) und am rechten Ufer der Lahnmündung Niederlahnstein (s. d.). Lahnstein, ursprünglich ein königliches Hofgut, kam um 900 an das Erzstift Mainz, das 1292 auch die Vogteirechte darüber erhielt.

Oberlandesgerichte, Gerichte zweiter Instanz. Nach der neuen deutschen Gerichtsordnung sind die O. die den Landgerichten unmittelbar übergeordneten Gerichte. Sie werden durch den Präsidenten und die erforderlichen Senatspräsidenten und Oberlandesgerichtsräte gebildet. Bei denselben bestehen Zivil- und Strafsenate. Die Zivilsenate entscheiden über die gegen die erstinstanzlichen Erkenntnisse der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eingewendete Berufung und über Beschwerden gegen Verfügungen derselben. Die Strafsenate dagegen haben über das Rechtsmittel der Revision zu entscheiden, welches gegen Strafurteile der Landgerichte eingelegt wird, die von den letztern in zweiter Instanz als Berufungsgerichten im Verhältnis zu den Schöffen- und Amtsgerichts erteilt worden sind. Die Revision gegen erstinstanzliche Strafurteile der Landgerichte geht nur dann an die O., wenn das Rechtsmittel lediglich auf Verletzung landesgesetzlicher Bestimmungen gestützt wird, außerdem an das Reichsgericht. Endlich entscheiden sie auch über die Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen erster Instanz, soweit nicht die Strafkammern der Landgerichte zuständig sind, und ebenso über die Beschwerde gegen Entscheidungen der Strafkammern in der Beschwerde- und in der Berufungsinstanz. Vgl. Deutsches Gerichtsverfassungsgesetz, § 119-124. Auch in Österreich führen die Gerichte zweiter Instanz die Bezeichnung O.

Oberlandeskulturgericht, Berufungs- und Beschwerdeinstanz für die preußischen Auseinandersetzungsangelegenheiten. Das O. hat seinen Sitz in Berlin und entscheidet nach Maßgabe des Gesetzes vom 18. Febr. 1880 über die Berufung und das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidungen der Generalkommissionen und Spruchkollegien im Auseinandersetzungsverfahren (Ablösungen, Separationen etc.).

Oberlastig (topplastig) heißt ein Schiff, wenn sein Systemschwerpunkt (der des gesamten Schiffs) zu nahe an dem Deplacementsschwerpunkt (dem der verdrängten Wassermasse) liegt. Das Schiff hat alsdann eine geringe Stabilität und läuft Gefahr, bei Gelegenheit zu kentern (s. d.). Der Übelstand kann durch einen Konstruktionsfehler des Schiffs selbst oder durch ungünstige Stauung (s. d.), z. B. große Deckladung, entstanden sein.

Oberlausitz, s. Lausitz.

Oberleutensdorf, Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Brüx, am Fuß des Erzgebirges, Kreuzungspunkt der Bahnlinien Dux-Bodenbach und Brüx-Moldau, mit Schloß, gewerbliche Fachschule, Baumwollspinnerei und mechanischer Weberei (Rauschengrund), Spielwarenfabrikation (auch Hausindustrie in der ganzen Umgegend), Fabrikation von Tuch, Hüten und Möbeln aus gebogenem Holz, Braunkohlenbergbau und (1880) 3813 Einw.

Oberleutnant, s. v. w. Premierleutnant, s. Leutnant.

Oberlicht, von oben einfallendes Licht, wird in Gebäuden zur Beleuchtung von Vorsälen, Lichtschlöten, Sälen, in welchen wie bei Gemäldegalerie etc. alle Wandflächen benutzt werden sollen, in Kirchen etc. angewendet. Man unterscheidet Seitenoberlicht, welches durch Öffnungen im obern Teil senkrechter Wandungen einfällt, und Deckenoberlicht, bei welchem oft über einer untern horizontalen und dekorativ behandelten Deckenverglasung noch eine geneigte Dachverglasung angewandt wird. Um den obern Raum über der Deckenverglasung benutzen zu können, verwendet man starke gegossene Glasplatten, die durch Eisenkonstruktion unterstützt werden. Bei Kuppeln bleibt das O. gewöhnlich offen und wird durch einen durchbrochenen Aufbau, die Laterne, abgeschlossen.

Oberlin, Dorf bei Elyria (s. d.) im nordamerikan. Staat Ohio, mit (1880) 3242 Einw. und einem 1834 gegründeten College, in welchem Zöglinge ohne Unterschied von Farbe und Geschlecht unterrichtet werden.

Oberlin, Johann Friedrich, Philanthrop, Sohn des Straßburger Archäologen Jeremias Jakob O. (gest. 1806), geb. 31. Aug. 1740 zu Straßburg, studierte hier Theologie und ward 1763 Doktor der Philosophie, 1766 protestantische Pfarrer zu Waldersbach im Steinthal, damals einem der wildesten Vogesenthäler, dessen Wohlthäter er wurde. Er verbesserte den Obstbau, die Wiesenanlagen und die Landwirtschaft, legte Brücken und Straßen an, die er mit seinen Bauern selbst baute, und führte die Industrie im Steinthal ein, worin ihn sein Freund Legrand aus Basel treulich unterstützte. O. ist auch der Urheber der Kleinkinderschulen; er gründete die erste (salle d'asile) in Waldersbach, die seine Magd Luise Scheppler nach seiner Anweisung leitete. Als O. ins Steinthal kam, hatte er in den fünf Dörfern seiner Gemeinde 80-100 verkommene Familien angetroffen; zu Anfang des 19. Jahrh. zählte die Bevöl-^[folgende Seite]