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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Philadelphia; Philadelphie; Philadélphos; Philadélphus

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Philadelphia - Philadelphus.

154 km entfernten Ozean in den Delaware einlaufen und an den Kais der Stadt anlegen, wo alle für das Ein- und Ausladen der Schiffe erforderlichen Vorrichtungen vorhanden sind. Im Winter wird das Fahrwasser durch drei mit Dampfkraft versehene "Eisboote" offen gehalten. P. besaß 1886: 869 Seeschiffe von 231,121 Ton. Gehalt; 1348 Schiffe von 1,155,066 T. liefen vom Ausland ein, und die Einfuhr betrug 36,561,313 Doll., die Ausfuhr aber 33,753,317 Doll. Hauptartikel der Ausfuhr waren: Petroleum (704 Mill. Lit., 12½ Mill. Doll.), Weizen und Weizenmehl (4,3 Mill. Doll.), Baumwolle (12,973 metr. T.) und Tabak (8620 metr. T.). Dagegen betrug 1886-1887 die Einfuhr 40 Mill., die Ausfuhr 35,4 Mill. Doll. Der Küsten- und Landhandel ist ebenfalls von Bedeutung, namentlich mit New York und Baltimore. Eisenbahnen und Kanäle verbinden die Stadt mit allen Teilen der Union. Unter den dem Handel gewidmeten Anstalten sind zwei Börsen (Merchants und Commercial Exchange), zahlreiche Banken und Versicherungsanstalten. Die Verwaltung der Stadt ruht in den Händen eines auf drei Jahre gewählten Bürgermeisters (mayor), eines Magistrats (select council) von 31 Mitgliedern (je eins für jeden der 31 Stadtteile) und einer Stadtverordnetenversammlung, in welcher je 1200 Steuerzahler durch ein Mitglied vertreten sind. Die Polizei ist 3174 Mann stark, die Feuerwehr besitzt 34 Spritzen. Die städtischen Ausgaben beliefen sich 1886-87 auf 16 Mill. Doll., und die städtische Schuld betrug 60 Mill. Doll. P. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Unter den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten (man zählt an 40 Kranken- und Versorgungshäuser) sind hervorzuheben: die Blockley's Alms-Houses (Versorgungshaus) in West-Philadelphia (mit 3500 Pfleglingen); das 1755 gegründete Pennsylvania Hospital (mit anatomischem Museum), ein Zufluchtshaus (600 Pfleglinge), eine Blindenschule (1833 gegründet), eine Taubstummenanstalt (1821 gegründet) und 2 Irrenhäuser. Die Stadt besitzt zahlreiche wissenschaftliche und Bildungsanstalten. Obenan steht die 1749 gegründete Universität von Pennsylvanien (in einem neuen, 1872 eingeweihten Gebäude aus Serpentinmarmor mit 2 hohen Türmen, in West-P.) mit 56 Professoren, 800 Studenten, einer Bibliothek von 18,000 Bänden und wertvollen wissenschaftlichen Sammlungen. Daneben bestehen noch 5 medizinische Schulen (darunter eine für Frauen), 2 Schulen für Zahnärzte, eine Apothekerschule, eine polytechnische Schule (1853 gegründet), das von Professor Wagner gegründete technologische Institut und 3 theologische Seminare. Das großartige Girard College, eine von einem Schweizer, Etienne Girard, 1833 durch Vermächtnis von 2 Mill. Doll. gegründete und 1848 eröffnete Erziehungsanstalt für 550 Waisenknaben aller Konfessionen, darf nach einer dem Vermächtnis beigefügten Klausel niemals von einem Geistlichen betreten werden. Es steht inmitten eines 17 Hektar großen Gartens, und sein Hauptbau ist Nachbildung eines griechischen Tempels. Die 500 städtischen Schulen (darunter eine Zentralhochschule für Knaben und eine Normalschule für Mädchen) mit 2500 Lehrern wurden 1886 von 107,981 Schülern besucht. Die wichtigste unter den 19 größern Bibliotheken ist das 1731 von Franklin gestiftete Philadelphia Library (jetzt 150,000 Bände), doch wird es an Bändezahl von dem Mercantile Library (152,000 Bände) übertroffen; außerdem sind vorhanden die Bibliothek des Athenäums (25,000 Bände), die Bibliothek für Lehrlinge (21,000 Bände), die deutsche Bibliothek (15,000 Bände), eine Freibibliothek (Ridgway Library). Unter den wissenschaftlichen Vereinen verdienen Beachtung: die 1740 gegründete Amerikanische Philosophische Gesellschaft (Bibliothek von 50,000 Bänden), die Historische Gesellschaft von Pennsylvanien, die Akademie der Naturwissenschaften (1817 gegründet, mit bedeutendem Museum und Bibliothek von 40,000 Bänden), das Franklin Institute, ein Verein zur Beförderung von Kunst und Gewerbe und ein Gartenbauverein mit Ausstellungshalle. Die Kunstakademie (1805 gegründet) hat eine Sammlung von Gemälden. 1885 erschienen in P. 79 Zeitungen, wovon 16 (3 deutsche) täglich. - P. wurde 1682 von William Penn (s. d.) gegründet und zwar auf einem Grund, welchen er von den Indianern käuflich erworben hatte. Am 5. Sept. 1774 versammelte sich hier der erste Kongreß der Staaten, welcher über Maßregeln gegen die Willkür Englands beriet, und 4. Juli 1776 wurde hier die Unabhängigkeit der amerikanischen Kolonien proklamiert. Am 26. Sept. 1777 ward P. von den Engländern unter Howe eingenommen und blieb bis 18. Juni 1778 in deren Besitz. Am 17. Mai 1787 versammelte sich hier die Konvention, welche sich 17. Sept. über die jetzige Konstitution der Vereinigten Staaten einigte. Bis 1800 war die Stadt der Sitz der Regierung des Staats Pennsylvanien, die jetzt in Harrisburg residiert, 1790-1810 auch Bundesstadt. Vom 10. bis 13. Mai 1844 fand hier ein Aufruhr gegen die irischen Katholiken statt, wobei die meisten irischen Wohnungen, katholischen Kirchen etc. zerstört und viele Irländer getötet und verjagt wurden, bis die Nationalmiliz einschritt. 1876 war P. Schauplatz einer Weltausstellung, zur Erinnerung an das 100jährige Bestehen der Republik. Vgl. "P. und seine Umgebung" (engl. und deutsch, Philad. 1876); Frank, Das heutige P. (Philad. 1885); Allinson, P. 1681-1887 (Baltim. 1887); Woolsey, History of the city of P. (Boston 1887).

2) Ort in Brasilien, s. Mucury.

Philadelphia, Jakob, berühmter Taschenspieler, geboren im Anfang des 18. Jahrh. zu Philadelphia von jüdischen Eltern, trat später zur christlichen Kirche über, nahm den Namen seiner Vaterstadt an, gab seit 1757 als "Künstler der Mathematik" in England mathematisch-physikalische Vorstellungen und bereiste sodann fast alle Länder Europas, namentlich an den Höfen durch seine Taschenspielerkünste großes Aufsehen erregend. Seine prahlerischen Ankündigungen verspottete Lichtenberg in dem "Anschlagzettel im Namen von P." Ort und Zeit seines Todes sind unbekannt.

Philadelphie (griech.), Bruderliebe. Philadelphische Societät, s. Leade.

Philadélphos (griech., "der seine Geschwister Liebende"), Beiname von Königen aus der Diadochenzeit, so des Ptolemäos II.; s. Ptolemäos.

Philadélphus L. (Pfeifenstrauch), Pflanzengattung aus der Familie der Philadelpheen, Sträucher mit gegenständigen, meist gesägten Blättern, weißen, kurzgestielten, oft wohlriechenden Blüten im Winkel der zum Teil am Ende der Zweige in Deckblätter verwandelte Blätter und vier- oder fünffächeriger, vielsamiger Kapsel. Zwölf Arten in Südeuropa, Nordamerika, Japan und im Himalaja. P. coronarius L. (wohlriechender Pfeifenstrauch, wilder Jasmin, Zimtröschen), aus der Mandschurei, China und Japan, in Mitteleuropa verwildert, hat elliptische, unbehaarte Blätter und gelbliche oder weiße, ansehnliche Blüten und wird, wie auch mehrere andre Arten aus Mittel- und Ostasien und