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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Piacenza - Piana dei Greci.

Bologna durchschnitten, an welche sich bei der Hauptstadt die von Mailand kommende Linie anschließt, und zerfällt in die beiden Kreise P. und Fiorenzuola.

Die gleichnamige Hauptstadt liegt nahe am rechten Ufer des Po, unterhalb der Mündung der Trebbia an einem strategisch und kommerziell wichtigen Punkt. Bei P. ist der letzte bequeme Übergang über den Po, der von dort an langsamer fließt und von Sümpfen begleitet ist; dort vereinigten sich daher alle Straßen von Piemont und der Lombardei, um den Strom zu überschreiten und sich in der Via Aemilia fortzusetzen. Mit gewohntem Scharfblick legten deshalb die Römer dort eine starke Militärkolonie an und seitdem hat P. bis in die neueste Zeit als Festung seine hohe strategische wie auch seine kommerzielle Bedeutung für den Handel zwischen der Lombardei und der Emilia geltend gemacht. Strategisch bildet es einen Stützpunkt für die Verteidigung der Trebbialinie, und Österreich wahrte sich, solange es in der Lombardei gebot, auch das Besatzungsrecht von P. Es ist mit Mauern und zwölf Bastionen und im weitern Umkreis mit einer Reihe von Außenforts umgeben. Kommerziell hat es in neuester Zeit als Knotenpunkt des italienischen Eisenbahnnetzes erhöhte Wichtigkeit gewonnen. Die Stadt macht mit ihren Festungswerken, ihren Kirchen und Palästen einen malerischen Eindruck. Die Straßen sind regelmäßig, gerade und breit. Unter den öffentlichen Plätzen zeichnen sich namentlich der Hauptplatz (Piazza dei Cavalli) mit den ehernen Reiterstatuen Alessandro Farneses und seines Sohns Ranuzio (beide von Mocchi) und der Statue des Strafrechtslehrers Romagnosi (von Marzaroti), dann die Piazza del Duomo aus. Die 1122 im romanischen Stil begonnene, 1233 vollendete Kathedrale hat eine lombardische Fassade, eine hundertsäulige Krypte, einen 68 m hohen Turm, eine Kuppel mit Fresken von Guercino, Gemälde von Procaccini, L. Carracci und meisterhaft Chorstühle von Genovese. Bemerkenswerte Kirchen sind außerdem: die gotische Kirche San Francesco; die ehemalige Kathedrale Sant' Antonino mit schönem gotischen Portikus; San Sisto, ein schöner Renaissancebau von 1499 (einst durch Raffaels Sixtinische Madonna verherrlicht); Madonna di Campagna, ein schöner Renaissancezentralbau mit einer achteckigen Mittelkuppel und schönen Fresken von Pordenone u. a. Von Palästen sind zu nennen: das Stadthaus (Palazzo del Comune), eins der prachtvollen Backsteinbauwerke des 13. Jahrh., der Palazzo del Governo, Palazzo Farnese (1558 von Vignola erbaut, aber nur zur Hälfte vollendet, seit 1800 Kaserne), der Gerichtspalast, die Privatpaläste der Grafen Costa und Marazzani mit Gemäldegalerie und Pallastrelli mit Bücher- und Manuskriptsammlung. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 34,987, welche sich, abgesehen von der Bodenkultur, mit der Fabrikation von Seiden-, Woll- und Baumwollwaren, gedruckten Geweben, Hüten, Töpferwaren etc. sowie mit Handel beschäftigen. Außer den oben erwähnten Eisenbahnen laufen von P. auch Dampftramways nach Cremona und Borgonure aus. An Bildungsanstalten besitzt die Stadt: ein königliches Lyceum, ein Gymnasium, ein Seminar, ein Gewerbeinstitut, eine technische Schule, das Institut Gazzola mit Zeichen- und Kunstschule, eine städtische Bibliothek mit 120,000 und eine zweite öffentliche Bibliothek (Landi) mit 50,000 Bänden und ein öffentliches Archiv. Sonstige öffentliche Anstalten sind: 3 Theater, eine Filiale der Nationalbank, ein Kranken-, Gebär- und Findelhaus und andre (zusammen 19) Wohlthätigkeitsinstitute. P. ist der Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Zivil- und Korrektionstribunals, des Generalkommandos des 4. Armeekorps, einer Finanzintendanz und einer Handelskammer. 3 km westlich von der Stadt führt über die Trebbia eine schöne, 460 m lange Steinbrücke mit 23 Bogen, welche Marie Luise 1825 erbauen ließ. 2½ km östlich von der Stadt liegt die Ortschaft San Lazzaro Alberoni mit einem vom Kardinal Alberoni gestifteten Seminar. - P., als Placentia von den Römern 219 gegründet, bald nachher von den Galliern zerstört, hat namentlich im Mittelalter als Sitz zweier Kirchenversammlungen von 1095 und 1132 unter Urban II. und Innocenz II. eine Rolle gespielt. Nachmals war es im rasch wechselnden Besitz kleiner Herren, kam 1313 an die Visconti und 1545 als Herzogtum mit Parma (s. d.), dessen politische Schicksalen fortan teilte, an die Farnese. In den Kriegen Österreichs im vorigen und in diesem Jahrhundert wird es oft genannt; hier erfocht Fürst Liechtenstein 16. Juni 1746 einen Sieg über die vereinigten Franzosen und Spanier unter Gages und Maillebois. Vgl. Rossi, Storia di P.

Piacenza, Herzog von, s. Lebrun 3).

Piacevole (ital., spr. pjatschéwole), musikal. Vortragsbezeichnung: gefällig, lieblich, leicht.

Piacŭlum (lat.), Sühnopfer (s. Opfer).

Pia desidēria (lat.), fromme Wünsche, d. h. solche, welche keine Aussicht auf Erfüllung haben; ursprünglich Titel einer Schrift Jakob Speners (1675), worin derselbe seine Wünsche in betreff einer Reform der Kirche aussprach.

Piaffe (franz.), Großthuerei; in der Reitkunst der "stolze Tritt", eine trabmäßige Bewegung der Gliedmaßen im künstlichen Gleichgewicht auf der Stelle; das Pferd muß sich dabei auf die Hanken setzen und die Vorderarme frei und hoch erheben. Daher piaffieren, hoch traben, stumpfen (von Pferden), prahlerisch auftreten; Piaffeur, Prahlhans.

Pīa fraus (lat., "frommer Betrug"), Betrug in vermeintlich guter Absicht, namentlich Volkstäuschung für religiöse Zwecke.

Piaggia (spr. pĭaddscha), Carlo, Afrikareisender, geboren zu Lucca um 1830, kam 1852 nach Ägypten, wo er als Gärtner, Uhrmacher etc. einige Jahre lebte. 1856 ging er nach Chartum und bereiste wiederholt die Länder des Weißen Nils, gesellte sich dann zu Lejean und befuhr 1860 mit Antinori den Bahr el Ghazal: 1863 unternahm er seine wichtigste Reise zu den Niam-Niam, bei denen er bis März 1865 verblieb. Später verweilte er in den obern Nilländern und Abessinien, befuhr 1873 den Weißen Nil bis Mruli und kehrte dann nach Europa zurück, um 1878 sich wieder nach Afrika und zwar nach Fazogl zu wenden. 1880 kam er nach Chartum, wohin ihm von der Italienischen Geographischen Gesellschaft die Weisung zuging, die verschollenen Reisenden Chiarini und Cecchi aufzusuchen. Auf der Reise nach Jadussi begriffen, starb er 17. Jan. 1882 in Karkodje (Senaar).

Piagnonen (spr. pjanjō-, "Weiner, Heuler"), Anhänger Savonarolas (s. d.), im Gegensatz zu der weltlich gesinnten Partei der sogen. Arrabiati.

Pia mater (lat.), die innerste der drei Gehirnhäute (weiche Hirnhaut), s. Gehirn, S. 2.

Pīae memorĭae (lat.), frommen Andenkens.

Piāna dei Greci (spr. dē-i grehtschi), Stadt in der ital. Provinz Palermo (Sizilien), mit (1881) 8847 Einw., hat ihren Beinamen von einer griechisch-albanischen Kolonie, welche 1488 hier gegründet wurde und sich bis zum heutigen Tag in Sitten, Sprache und Religion erhalten hat.