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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Potenza - Pothenotsche Aufgabe.

Wortes sind potenzierende und depotenzierende Einflüsse alle diejenigen, welche eine Steigerung oder Minderung der vitalen Funktionen des Organismus hervorrufen. So wirken die Narkotika depotenzierend, die Excitantia potenzierend auf das Nervensystem. Der Ausdruck P. ward durch John Brown (s. d. 2) in die Medizin eingeführt und namentlich von der naturphilosophischen Schule häufig gebraucht.

Poténza (bis 1871 Basilicata genannt), eine Provinz Unteritaliens, wird westlich von den Provinzen Avellino und Salerno und vom Tyrrhenischen Meer, südlich von Cosenza, östlich vom Golf von Tarent und der Provinz Lecce, nördlich von Bari und Foggia begrenzt und umfaßt 10,676, nach Strelbitsky 10,354 qkm (188,05 QM.). Die Provinz liegt an der Ostseite der Apenninen, deren Hauptzug sich hier in die große westliche Halbinsel hinabwendet, und ist daher durchaus Gebirgsland, mit einem schmalen Küstenstrich am Meerbusen von Tarent, wohin in teils parallelen, teils fächerförmigen Längsthälern die Flüsse Bradano, Basento, Salandra, Agri und Sinno sich ergießen. Die bedeutendsten Höhen sind der Vultur (1328 m), Monte Serino (1819 m) und der Pollino, der südlichste Gipfel (2334 m). Fast ein Fünftel der Oberfläche bedecken Wälder von Eichen, Buchen, Ulmen, Ahornen etc.; auch grasreiche Weiden sind an den Abhängen der Berge zahlreich vorhanden. Mineral-, besonders Schwefelquellen gibt es an mehreren Orten. Das Klima ist im allgemeinen gesund, aber für Süditalien rauh. Die Provinz zählt (1881) 524,504 Einw. Der Boden ist ein zäher Thon, aber in der Kultur sehr vernachlässigt. Man baut Weizen (1886: 1¼ Mill. hl), Hafer, Hülsenfrüchte und Wein (½ Mill. hl) nach überlieferter Art der Ureltern; in den untern Regionen Öl und Süßholz. Sehr blühend ist die Viehzucht, namentlich die Zucht von Mauleseln, von Rindvieh, Ziegen und grobwolligen Schafen; auch werden Bienen und hier und da Seidenwürmer gezüchtet, ferner gute Käsesorten und treffliche Salami bereitet. Die Provinz zerfällt in die vier Kreise Lagonegro, Matera, Melfi, P. - Die gleichnamige Hauptstadt, in einem ausgedehnten Thal des Apennin (828 m ü. M.) unweit des Basento und an der Eisenbahn Neapel-Metaponto gelegen, ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs und einer Handelskammer, hat eine Kathedrale, ein Gymnasiallyceum mit Nationalkonvikt, ein Seminar, Ringmauern und ehemalige Befestigungswerke und (1881) 17,978 Einw. P. ist das alte Potentia und litt sehr durch wiederholte Erdbeben, namentlich im Dezember 1857. -

2) Fluß in Italien, entspringt am Abhang des Monte Pennino im Kreis Camerino der Provinz Macerata, durchfließt diese Provinz gegen NO. und mündet bei Porto Recanati ins Adriatische Meer. Südlich davon der Flecken P.-Picena, an der Eisenbahn von Ancona nach Brindisi, mit ehemaliger Abtei und (1881) 3048 Einw.

Potenziāl (neulat., auch potentiell, franz.), der Möglichkeit nach (aber noch nicht in der Wirklichkeit) vorhanden, virtuell; von Arzneien etc.: mittelbar oder später wirkend (Gegensatz: aktuell); potentielle Energie, s. Kraft, S. 133.

Potenziāl, magnetisches, s. Magnetismus, S. 88; elektrisches P., s. Elektrisches Potenzial.

Potenziālfunktion (früher auch Potenzial genannt), in der mathematischen Physik eine Funktion, durch deren Differentiation die Anziehung gefunden wird, die eine Masse auf einen Punkt ausübt. Sie ist gleich der Summe aller Massenteilchen, jedes dividiert durch seine Entfernung von dem Punkt. Vgl. Clausius, Die P. und das Potenzial (3. Aufl., Leipz. 1877); Hattendorf, Schwere, Elektrizität und Magnetismus. Nach den Vorlesungen von B. Riemann (Hannov. 1876); Betti, Lehrbuch der Potenzialtheorie (deutsch von Meyer, Stuttg. 1886). - Ferner heißen Potenzialfunktionen (hyperbolische Funktionen) die Größen ½(e^{x}+e^{-x}) und ½(e^{x}-e^{-x}), die man als Potenzial- oder hyperbolischen Kosinus und Sinus bezeichnet, sowie ihre reciproken Werte und Quotienten. Ihre Eigenschaften sind denen der trigeometrischen Funktionen analog. Sie sind zuerst von Lambert in Vorschlag gebracht worden. Vgl. Gudermann, Theorie der P. (Berl. 1832); Gronau, Theorie und Anwendung der hyperbolischen Funktionen (Danz. 1865); Heis, Theorie der hyperbolischen Funktionen (Halle 1875); Günther, Hyperbelfunktionen (das. 1881).

Potenzieren (lat.), auf eine Potenz erheben; erhöhen, verstärken, steigern.

Poterie (franz.), s. v. w. Thonwaren; auch die Herstellung von Kochgeschirr aus Gußeisen.

Poterĭum, s. Sanguisorba.

Poterne (franz., spr. -térn), zur Kommunikation dienender überwölbter oder sonst bombensicher eingedeckter Durchgang durch ein Festungswerk. Eine größere P. heißt Thor.

Potéstas (lat.), bei den Römern die gesetzliche Gewalt, welche der Staatsbeamte (magistrate) als Ausfluß der höchsten Volksgewalt ausübte, daher oft mit Imperium (s. d.) verbunden; dann die Gewalt, welche dem Hausvater (pater familias) zustand, namentlich seinen Kindern gegenüber (patria p.). S. Väterliche Gewalt.

Potgieter, Everhardus Johannes, niederländ. Kritiker und Dichter, geb. 27. Juni 1808 zu Zwolle, ward zu Antwerpen in Handelsgeschäften gebildet, ließ sich 1833 in Amsterdam nieder und kam hier bald in Beziehung zu den jungen Gelehrten und Litteraten, welche der veralteten Richtung in Kunst und Wissenschaft einen Damm entgegenzusetzen bestrebt waren. In Gemeinschaft mit ihnen gründete er die Monatsschrift "De Gids" (1837) und ward bald durch seinen kritischen Scharfblick und seine poetische Begabung mit Bakhuizen van den Brink das anerkannte Haupt der jungen Schule. 30 Jahre hat er die genannte Zeitschrift redigiert, welche einen Schatz kritischer Aufsätze, Novellen und Gedichte von seiner Hand (meistens mit der Chiffer W. D-s unterzeichnet) enthält. Später hat er diese zum Teil selbst gesammelt ("Proza", 1864, 2 Bde.; 4. Aufl. 1877; "Poëzy", 1868-69, 2 Bde.; 3. Aufl. 1881), zum Teil sind sie nach seinem Tod von Joh. C. Zimmermann neu herausgegeben worden ("Verspreide en nagelaten Werken", 1875 ff., 6 Bde.). Er starb 3. Febr. 1875 in Amsterdam. P. hat einen sehr wohlthätigen Einfluß auf die niederländische Litteratur ausgeübt. Die Weitschweifigkeit, der leere Wortschwall, die Liebedienerei in Dichtkunst und Kritik wurden scharf von ihm gegeißelt; doch läßt sein Stil hier und da die Klarheit vermissen.

Pothenotsche Aufgabe, die von Pothenot 1692, aber auch schon früher von Snellius gelöste geodätische Aufgabe, die Lage eines Punktes D zu finden, der mit drei der Lage nach bekannten Punkten A, B, C in derselben horizontalen Ebene liegt, wenn von D aus die Winkel ADC = α und BDC = β gemessen worden sind. Man bezeichnet diese Bestimmung von D auch als Rückwärtseinschneiden auf drei Punkte. Da D der Schnittpunkt der beiden über