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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Praetor; Praetorium; Pratincola; Prato; Prato magno; Prätorianer; Prätorius

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Pratincola - Prätorius.

in dessen Hintergrund die vergletscherte Silvrettagruppe emporragt, während auf der rechten Thalseite die Berghäupter des Rätikon, auf der linken die voralpinen Plessuralpen die Einfassung bilden. Bei der Alp Sardasca (1635 m) vereinigen sich die Berg- und Gletscherbäche zur Lanquart (fälschlich Landquart), deren Wassermasse sich durch den Vereina-Rhein verdoppelt. Erst weiter thalabwärts folgen permanente Wohnungen, in 1205 m Höhe die oberste Thalgemeinde, Klosters (s. d.), weiterhin die Bäder Serneus und Fideris (s. d.) und auf hohen Terrassen die Luftkurorte Seewis und Valzeina. Bei Schiers, dem größten Orte des Prätigaus, liegt die Thalsohle ca. 670 m, bei der Mündung, wo sich die Bahnstation Lanquart befindet, 520 m ü. M. Die neue Thalstraße, die bei Klosters am Stutz emporsteigt, führt nach Davos, während es nach dem Vorarlberg, Engadin und Schanvic nur Bergpfade gibt. Die Einwohner, (1880) 9111 Köpfe stark, ursprünglich rätoromanischer Zunge, aber seit Jahrhunderte germanisiert, sind protestantischer Konfession.

Pratincola, Wiesenschmätzer.

Prato, 1) (P. in Toscana) Stadt in der ital. Provinz Florenz, rechts am Bisenzio, an der Eisenbahnlinie Florenz-Pistoja und dem Dampftramway Florenz-P., gut gebaut, von Mauern mit fünf Thoren und einem Kastell umgeben, hat einen Dom, im romanischen Stil erbaut und um 1312 von Giov. Pisano umgebaut, mit Glockenturm, einer Kanzel von Donatello und Terrakottagruppe von A. Robbia (beide an der Außenseite), im Innern mit Fresken von Filippo Lippi im Chor und schöner Kapelle (della Cintola, nach dem hier aufbewahrten Gürtel der heil. Jungfrau benannt) mit Bronzegitter u. Fresken von A. Gaddi, eine schöne Kirche, Madonna delle Carceri, im Renaissancestil von G. da Sangallo und andre Kirchen, ein Stadthaus mit Gemäldegalerie, ein Konviktkollegium (Cicognini) mit Bibliothek von 12,000 Bänden, eine wissenschaftliche und musikalische Akademie, Papierfabrikation, Tuchmanufaktur, Messinggießerei, Strohhutfabrikation, Handel und (1881) mit den Vorstädten 15,510, als Gemeinde 42,190 Einw. - Das Bistum P. ist seit 1653 mit dem von Pistoja vereinigt. P. war im 13. Jahrh. unabhängig, gehörte dann zu Florenz und ward 1512 von den Spaniern unter Cardona mit Sturm genommen. Im NW. von P. liegt das malerische, zinnengekrönte Schloß Montemurlo, in dessen Nähe 1537 die Florentiner Republikaner der Macht Cosimos von Medici unterlagen. - 2) (P. vecchio) Flecken in der ital. Provinz Arezzo, im obern Arnothal (Casentino), hat eine technische Schule, Holzhandel und (1881) 1106 Einw. Westlich auf einem Hügel die Ruinen der von Dante erwähnten 14türmigen Burg Romena; nördlich der Touristenstandort Stia und der aussichtsreiche, 1649 m hohe Monte Falterona.

Prato magno (spr. mánjo), Gebirgsrücken des Etruskischen Apennin, vom Arno umflossen, 1580 m hoch, herrlich bewaldet und wegen seiner Naturschönheiten von den florentinischen Dichtern vielbesungen.

Praetor (lat.) war in der ersten Zeit der römischen Republik (bis 449 v. Chr.) der Name der nachher sogen. Konsuln. Diese vereinigten anfangs an höchster Stelle die ganze Staatsgewalt in ihrer Hand, auch die richterliche. Die letztere wurde aber 367, als die Plebejer durch die Licinischen Gesetze den Zugang zum Konsulat erlangten, von demselben abgetrennt und einem besondern, den Patriziern vorbehaltenen Magistrat, der nunmehr den Namen P. empfing, übertragen; indessen wurde 337 auch die Prätur zuerst von einem Plebejer bekleidet. Da Ein P. für die sich erweiternden richterliche Geschäfte nicht mehr hinreichte, so wurde 247 ein zweiter hinzugefügt; dem einen, dem P. urbanus, wurden die Prozesse der römischen Bürger untereinander, dem andern, dem P. peregrinus, die zwischen Bürgern und Fremden zugewiesen. 227 wurde dann die Zahl auf 4, 197 auf 6, von Sulla auf 8 und von Cäsar bis zu 16 vermehrt. Diese neuen Prätoren wurden zuerst zur Verwaltung der nach und nach erworbenen Provinzen verwendet; als aber 149 die Quaestiones perpetuae eingerichtet wurden, blieben sie von da an während ihres Amtsjahrs in Rom und gingen erst nach Ablauf desselben unter dem Namen Proprätoren als Statthalter in die ihnen zugewiesenen Provinzen. Die Prätoren galten als Kollegen der Konsuln und wurden in denselben Komitien wie diese gewählt; auch hatten sie und zwar an erster Stelle der P. urbanus während der Abwesenheit der Konsuln deren Stelle zu vertreten; ihre Standeszeichen waren die Toga praetexta und (zwei oder sechs) Liktoren. In der Kaiserzeit hörten die Quaestiones perpetuae bald auf, und auch die sonstige Gerichtsbarkeit wurde teils auf den Kaiser und auf besondere von diesem ernannte Beamte, teils auf den Senat übertragen; die Prätoren wurden daher, da ihre richterliche Thätigkeit hierdurch sehr beschränkt wurde, zu verschiedenen andern Geschäften verwendet. Ihre Zahl stieg bis zu 18, war aber häufig auch eine viel geringere.

Prätorianer (lat.), die Leibwache der römischen Kaiser, welche im Anschluß an die schon zur Zeit der Republik vorkommende Cohors praetoria, obwohl wesentlich von dieser verschieden, von Augustus eingesetzt wurde. Sie bestand anfangs aus 9 Kohorten von je 1000 Mann, von denen jedoch unter Augustus nur 3 in der Stadt, die übrigen in der Umgegend einquartiert waren; Tiberius vereinigte sie in einem festen Lager (castra praetoria) zwischen dem viminalischen und esquilinischen Thor der Stadt; Vitellius vermehrte die Zahl der Kohorten bis zu 16, nach ihm wurde die Zahl derselben auf 10 herabgesetzt; von Konstantin d. Gr. ward das Institut der P. völlig aufgelöst. Dieselben standen unter einem oder mehreren Präfekten (praefecti praetorio) und waren vor den übrigen Truppengattungen durch höhern Sold und kürzere Dienstzeit ausgezeichnet. Hauptsächlich infolge der erwähnten Einrichtung des Tiberius gewannen sie großen politischen Einfluß, so daß sie Kaiser ab- und einsetzten und 193 n. Chr. sogar den Thron an den Meistbietenden verkauften.

Praetorium (lat.), das Hauptquartier im römischen Lager, ein großer Platz, auf dem sich die Zelte des Oberfeldherrn und seiner höhern Offiziere, ferner der Opferaltar und das Tribunal befanden, von dem der Feldherr zu den Truppen redete und Recht sprach; auch Bezeichnung des hier versammelte Kriegsrats. In den Provinzen führte das Amtsgebäude des Statthalters den Namen P.

Prätorius, Michael, Komponist und Musikschriftsteller, geb. 15. Febr. 1571 zu Kreuzberg bei Eisenach, war erst kurfürstlich sächsischer, dann herzoglich braunschweigischer Kapellmeister in Wolfenbüttel und zuletzt Prior des Klosters zu Ringelheim. Er starb 15. Febr. 1621 in Wolfenbüttel und hinterließ eine große Zahl wertvoller Kirchenkompositionen (Messen, Motetten, Hymnen, Kirchenlieder etc.) sowie musikwissenschaftlicher Schriften, deren bedeutendste, das "Syntagma musicum" (Bd. 1, Wittenb. 1615; Bd. 2 u. 3, Wolfenb. 1619), noch bis zur Gegenwart mit Recht als ein unentbehrliches Hilfsmittel zum Stu-^[folgende Seite]