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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Quecksilberbranderz; Quecksilber, versüßtes

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Quecksilber, versüßtes - Quecksilberbranderz.

tierischen Organismus höchst schädlich wirken, ist empfohlen, Schwefelblumen oder noch besser Chlorkalk in den betreffenden Räumen aufzustellen, Waschen der Arbeiter mit schwach chlorhaltigem Wasser, öfteres Räuchern der Kleidung mit Chlor und innerlich Jodkalium. Das Q. des Handels enthält Blei, Zinn, Wismut, Kupfer um so mehr, je weniger sich die Tropfen des Metalls runden, und je träger sie fließen; unreines Q. bildet beim Schütteln mit Luft eine an das Glas sich anhängende Haut. Man filtriert es durch ein Filter von starkem Papier, in dessen Spitze man ein feines Loch gestochen hat, destilliert es zu weiterer Reinigung und erhält dann ganz reines Q. durch wochenlange Einwirkung kalter konzentrierter Schwefelsäure, durch Digerieren mit sehr verdünnter Salpetersäure, salpetersaurem Quecksilberoxydul oder Quecksilberchlorid oder durch Zusammenreiben mit Eisenchlorid, Waschen, Spülen und Trocknen. - Reines Q. ist fast zinnweiß, in sehr dünnen Schichten violettblau durchscheinend, es hängt sich nicht an die Wandungen des Gefäßes, und seine Oberfläche bleibt beim Fließen vollkommen abgerundet. Es erstarrt bei -39,5°, ist dann geschmeidig, weich wie Blei, auch kristallisierbar, siedet bei 357°, verdampft aber schon bei gewöhnlicher Temperatur und sehr bemerkbar bei 40°, spez. Gew. 13,59, im starren Zustand 14,39, Atomgewicht 199,8. Durch Verreiben mit Zucker, Schwefel, Fett und durch Schütteln mit Chlorcalciumlösung, Salpeterlösung oder Essigsäure kann es äußerst fein verteilt werden. Es hält sich an der Luft unverändert, bildet aber bei längerm Erhitzen an der Luft rotes Quecksilberoxyd; es verbindet sich leicht mit Chlor und Schwefel, löst sich in verdünnter Salpetersäure und in heißer, konzentrierter Schwefelsäure und wird durch Kohle, Phosphor, Zink, Eisen, Zinn, Blei, Kupfer aus seinen Lösungen gefällt. Q. bildet zwei Reihen von Verbindungen; in den Quecksilberoxydverbindungen ist nur ein zweiwertiges Atom Q. enthalten, in den Quecksilberoxydulverbindungen enthält das Molekül die zweiwertige Atomgruppe Hg2 ^[Hg_{2}]. Man kennt nur zwei Oxydationsstufen, das Oxydul Hg2O ^[Hg_{2}O] und das Oxyd HgO. Quecksilberdämpfe sind sehr giftig, die im Magen löslichen Verbindungen gehören zu den heftigsten Giften.

Man benutzt das Q. zu Barometern, Thermometern, Manometern und zu analytischen Arbeiten, zur Gewinnung von Gold und Silber, zu Feuervergoldung, zu Spiegeln und zur Darstellung zahlreicher Quecksilberpräparate, die in der Technik vielfache Anwendung finden. In der Medizin wurde Q. schon von den arabischen Ärzten, aber nur äußerlich, angewandt; erst van Swieten verallgemeinerte die innerliche Anwendung, und seitdem sind Quecksilberpräparate die wichtigsten Arzneimittel geworden. Metallisches Q. gibt man in Dosen bis zu 500 g und darüber bei Darmverschlingungen, wo es rein durch die mechanische Wirkung des schweren Körpers die dislozierten Gedärme wieder in die richtige Lage bringen soll. In seiner Verteilung mit Kreide erscheint es in den von den Engländern als mildes Abführmittel gebrauchten blue pins. Mit Fett verrieben, als graue Salbe, wird es zu Einreibungen in die Haut angewendet als Mittel gegen Parasiten (dieselben werden sehr schnell dadurch getötet), ferner als entzündungswidriges Mittel bei Entzündungen der Haut und innerer Organe. Von seinen Verbindungen werden Kalomel, roter und weißer Quecksilberpräzipitat gegen Krankheiten der äußern Haut und der Schleimhäute verwendet; Kalomel dient als starkes Abführmittel. Ein unschätzbares und wahrhaft spezifisches Mittel ist Q. gegen Syphilis. Auf gesunder Haut und Schleimhaut wirkt Q. als Reizmittel, verursacht Entzündung der äußern Haut, der Schleimhaut der Luftwege, stärkere Absonderung von der Magen- und Darmschleimhaut mit vermehrter und beschleunigter Bewegung des ganzen Darms. Die Wirkung auf erkrankte Gewebe dagegen ist eine umstimmende und bei Entzündungen, die zur Eiterung neigen, eine Entzündung bekämpfende. Wird Q. in einigermaßen erheblichen Gaben angewendet, so tritt mit der Aufnahme desselben in die allgemeine Blutmasse die Allgemeinwirkung (Merkurialismus) hervor und zwar besonders ausgesprochen im Gebiet des Verdauungskanals. Zu dem sogen. Speichelfluß, bedingt durch die intensive Reizung der Speicheldrüsen, gesellt sich eine Entzündung der Mundschleimhaut, das Zahnfleisch schwillt an, an seinem Rand gegen die Zähne bildet sich ein gelblicher, später schmutzig grauer Belag, die Zähne werden gelockert. Erfolgt die Wirkung noch weiter, so bilden sich ausgedehnte Geschwüre und weiterhin eine von scheußlichem Gestank aus dem Mund begleitete, wirklich brandige Entzündung der Mundschleimhaut. Gleichzeitig gesellt sich dazu ein Leiden des Magens und Darms sowie Erscheinungen allgemeiner Schwäche (s. Quecksilbervergiftung). Auf welche Weise die spezifische Wirkung des Quecksilbers bei Syphilis zu erklären ist, weiß man nicht. Das in die allgemeine Säftemasse aufgenommene Q. wird bald schneller, bald langsamer ausgeschieden und zwar durch die Leber, die Darmabsonderung, die Nieren, Speicheldrüsen und durch die Haut. Unter Umständen kann es ein Jahr und darüber im Körper verharren.

Q. wird zuerst von Theophrast erwähnt, welcher auch die Darstellung aus Zinnober mit Hilfe von Essig und Kupfer kannte; Dioskorides nannte das Metall hydrargyros und spricht von der Zersetzung des Zinnobers durch Erhitzen mit Eisen. Die Alchimisten knüpften an das Q. viele Spekulationen, und auch die medizinischen Chemiker beschäftigten sich viel mit demselben, so daß seine Verbindungen nächst denen des Antimons am frühsten bekannt wurden. Seit Lavoisier gilt es für einen einfachen Körper. Die Griechen bezogen schon 700 v. Chr. Zinnober aus Spanien, und die Quecksilberminen von Almaden wurden vielleicht schon von den Phönikern betrieben. In der Römerzeit gewann man jährlich 5000 kg und verschloß dann die Minen. Nach der Entdeckung der amerikanischen Silberminen steigerte sich die spanische Quecksilberproduktion sehr stark. Die peruanischen Zinnoberminen von Huencavelica (im 18. Jahrh. geschlossen) gaben wenig Ausbeute, und was in Idria über den eignen Bedarf in Österreich hinaus produziert wurde, kauften die Spanier von der Regierung und blieben mithin Monopolisten. 1525-1645 bereicherte sich die Familie Fugger an diesem ihr überlassenen Monopol. Während das Vorkommen in Toscana und China für den Weltmarkt ohne Bedeutung blieb, brachte die Entdeckung von Zinnober in Kalifornien eine vollständige Revolution hervor. Gegenwärtig hat Kalifornien die größte Produktion, und Spanien steht in zweiter Linie, während Peru, Österreich, Frankreich und Italien geringere Mengen liefern. Der europäische Quecksilberhandel wird gegenwärtig in der rücksichtslosesten Weise von Rothschild in London als Monopolisten beherrscht.

Quecksilber, versüßtes, s. v. w. Quecksilberchlorür.

Quecksilberbranderz, s. Idrialit.