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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Reuß

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Reuß (Fürstentümer, Geschichte).

die Benennung der Heinriche von R. durch beigefügte Ziffern unterschieden werden sollte. Von seinen Söhnen blieb Heinrich VI. 1697 als kurfürstlich sächsischer Generalfeldmarschall in der Schlacht bei Zenta gegen die Türken. 1778 wurde nach dem Anfall von Untergreiz Heinrich XI. (1743-1800), des vorigen Enkel, mit seinem ganzen Haus in den Reichsfürstenstand erhoben. Ihm folgte sein Sohn Heinrich XIII., der zugleich Generalfeldzeugmeister in kaiserlich österreichischen Diensten war. Derselbe trat 1807 dem Rheinbund bei und 1815 zum Deutschen Bund. Heinrich (gest. 1817) hatte seinen Sohn Heinrich XIX. zum Nachfolger, dem 1836 sein Bruder Heinrich XX. in der Regierung folgte, da ersterer keine Söhne hatte. Derselbe gab 1848 dem Land freiwillig eine neue Verfassung, die aber nicht zur Ausführung gelangte. Am 8. Nov. 1859 starb Fürst Heinrich XX., und ihm folgte sein älterer Sohn, Heinrich XXII. (geb. 28. März 1846), zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter Karoline. Die Fürstin erwies sich als im strengsten Sinn konservativ, und so war an keinerlei Reform in R.-Greiz zu denken. Daneben zeichnete sie sich durch Abneigung gegen Preußen aus und nahm demgemäß im Sommer 1866 ihre Stellung so, daß ihr Land 11. Aug. von den Preußen okkupiert wurde. Erst 26. Sept. 1866 kam es zu einem förmlichen Frieden, in dem R.-Greiz dem Norddeutschen Bund beitrat und sich zur Erlegung einer Kriegsstrafe von 100,000 Thlr. verpflichtete. Am 28. März 1867 trat Heinrich XXII. selbständig die Regierung an. Bei dieser Gelegenheit wurde eine neue, mit den Feudalständen vereinbarte Verfassung publiziert, welche eine Art von Volksvertretung nach Ständen mit freilich nicht sehr weitgreifendem Rechte der Mitwirkung bei der Finanzverwaltung und Gesetzgebung einführte. Durch die Konvention mit Preußen vom 1. Juli 1867 ging die Militärhoheit in R.-Greiz an Preußen über. Seit 1871 ist R.-Greiz Bundesstaat im Deutschen Reich.

Die mittlere Linie R. von Plauen auf Obergreiz, von Heinrichs XVI. zweitem Sohn, Heinrich dem mittlern, 1564 gegründet, erlosch schon 1616. Stifter der jüngern Linie R. von Plauen zu Gera war Heinrich I., jüngster Sohn Heinrichs XVI., 1564 (s. oben). 1567 bewirkte er in Gemeinschaft mit Heinrich dem mittlern von Obergreiz und mit den Herren von Schönburg auf Glauchau die Abfassung und Einführung der reußischen (geraischen) Konfession. Sein Sohn Heinrich II. Postumus, seit 1595 selbständig, erwarb 1613 das Privilegium de non appellando, welches später auf alle reußischen Lande ausgedehnt ward. Bei der Teilung von 1647 erhielten von Heinrichs II. Söhnen Heinrich II. ganz Gera, Heinrich IX. Schleiz, Heinrich X. Lobenstein und des obigen Enkel Heinrich I. Saalburg nebst vielen Teilen von Schleiz und Lobenstein. Da aber 1666 Heinrich IX. unvermählt starb, so erfolgte eine neue Teilung, in welcher ganz Schleiz an Heinrich I. fiel, während Saalburg nebst Zubehör unter die drei vorhandenen Linien geteilt wurde. Letztere waren folgende:

Die jüngere Linie des Geraschen Hauses wurde gestiftet 1647 von Heinrich II., welcher sich als Senior des Gesamthauses 1668 rücksichtlich der Beibehaltung des Namens Heinrich verglich (s. oben). Unter seinem Sohn und Nachfolger Heinrich IV. (seit 1670) wurde 1681 der Beschluß gefaßt, sowohl in der ältern Linie (Ober- und Untergreiz) als in der jüngern (Gera, Schleiz und Lobenstein) keine weitere Teilung zuzulassen. 1690 wurde unter seinem Nachfolger Heinrich XVIII. von sämtlichen Grafen R. von Plauen die Primogenitur angenommen. Nachdem 1802 die Linie der Grafen von Gera erloschen, führten die übrigen Zweige der jüngern Linie, Schleiz und Lobenstein mit Ebersdorf, bis zum 1. Okt. 1848 die Regierung über Gera gemeinschaftlich. Seitdem gehört R.-Gera zum vereinigten Fürstentum R. jüngere Linie.

Stifter der Linie R.-Schleiz und seit 1666 Herr der Lande derselben war Heinrich I. (s. oben). Sein Urenkel Heinrich XLII. erbte 1802 die Hälfte von Gera und Saalburg und ward 9. April 1806 zum Fürsten erhoben, worauf er erst zum Rheinbund und 1815 zum Deutschen Bund trat. Er starb 1818. Ihm folgte sein Sohn Heinrich LXII. nicht nur im Fürstentum R.-Schleiz, sondern auch seit dem 1. Okt. 1848 im Fürstentum Lobenstein-Ebersdorf nebst Gera. Da er 19. Juni 1854 unvermählt starb, so folgte ihm sein Bruder Heinrich LXVII. (s. unten). Eine andre Nebenlinie, R.-Schleiz-Köstritz, zerfällt wieder in die ältere Linie R.-Köstritz, eine nicht souveräne Linie, deren Stifter 1692 Heinrich XXIV., ein Sohn Heinrichs I., war, und welche 1806 fürstlich ward. Doch führt nur das Haupt dieser Linie, der Inhaber der Herrschaft Köstritz, den Titel Fürst; die übrigen heißen Prinzen. Gegenwärtiger Fürst ist Heinrich IV. seit 1. Febr. 1878. Der mittlere Zweig R.-Köstritz, von Heinrich IX., Bruder Heinrichs VI., 1748 begründet, lebt in Schlesien. Dieser Linie gehört Prinz Heinrich VII., der Botschafter Deutschlands in Wien, an. Die jüngere Linie R.-Köstritz stammt von einem andern Bruder Heinrichs VI., Heinrich XXIII. (gest. 1787), ab.

Die Linie R.-Lobenstein wurde 1647 von Heinrich X. gegründet und teilte sich unter dessen Söhnen 1678 in die Linien Lobenstein, Hirschberg, welche schon 1711 erlosch, und Ebersdorf. Die Lobensteiner Speziallinie hatte 1678 Heinrich III. zum Stifter. Dessen Urenkel Heinrich XXXV. ward 1790 Fürst und starb 1805, ohne Söhne zu hinterlassen. Das Erbe fiel deshalb an Heinrich LIV. von dem Nebenzweig Selbitz. Dieser schloß sich 1807 dem Rheinbund und 1815 dem Deutschen Bund an. Mit ihm erlosch aber das Lobensteiner Spezialhaus 7. Mai 1824, worauf seine Besitzungen an Ebersdorf kamen. Die Ebersdorfer Speziallinie wurde 1678 von Heinrich X., dem jüngsten Sohn des Stifters des Hauses Lobenstein, gegründet. Dessen Urenkel Heinrich LI. nahm 1806 die Fürstenwürde an, trat 1807 dem Rheinbund und 1815 dem Deutschen Bund bei. Sein Sohn Heinrich LXXII. (seit 1822) folgte 1824 auch in Lobenstein, entsagte aber 1. Okt. 1848 der Regierung (er starb 17. Febr. 1853 in Dresden). Da hiermit das Fürstentum R. jüngere Linie Ein Ganzes unter Heinrich LXII. (s. oben) geworden war, trat 2. Okt. zu Gera ein konstituierender Landtag zusammen, welcher das Staatsgrundgesetz nebst Wahlgesetz vom 30. Nov. 1849 und die Gemeindeordnung vom 13. Febr. 1851 beschloß. Der erste konstitutionelle Landtag trat 10. Nov. 1851 zusammen und entschied sich für Einführung eines neuen Wahlgesetzes mit indirekten Wahlen und Gliederung der Stände. Am 14. April 1852 wurde das revidierte Staatsgrundgesetz nebst neuem Wahlgesetz angenommen. Am 19. Juni 1854 starb Fürst Heinrich LXII., worauf die Regierung auf seinen Bruder Heinrich LXVII. überging. Unter diesem lenkte die Regierung, an deren Spitze 1855 der Minister v. Geldern trat, mehr und mehr zur Reaktion ein und setzte 20. Juni 1856 eine Änderung der Verfassung im reaktionären Sinn beim Landtag durch, was sich erst unter dem Minister