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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ricci; Riccia; Ricciaceen; Ricciarelli; Riccio; Riccoboni

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Ricci - Riccoboni.

Ministerium Rattazzi Platz machen und trat erst 1866 vor dem Krieg mit Österreich wieder an die Spitze der Regierung. Allen Versuchungen, sich von der preußischen Allianz loszusagen und ohne weitern Krieg Venetien zu erwerben, leistete er entschiedenen Widerstand. Nach Abschluß des Friedens ließ R. es seine Aufgabe sein, im Innern des Staats zu dezentralisieren, die Finanzlage zu verbessern und eine vollständige Trennung von Kirche und Staat herbeizuführen. Allein wieder, wie früher, erwies sich R. nicht fähig, die Parteien zu beherrschen und eine kompakte Masse entschiedener Anhänger um sich zu scharen. R. griff im Februar 1867 zu einer Auflösung des Parlaments, ohne daß ihm jedoch eine geeignete Ergänzung des Kabinetts gelang. So sah er sich im April 1867 abermals zum Rücktritt genötigt. Er beteiligte sich seitdem wenig am öffentlichen Leben und starb 23. Okt. 1880 in Rom. Vgl. Passerini, Genealogia e storia della famiglia R. (Flor. 1861); "Lettere e documenti del barone B. R." (hrsg. von Tabarrini und Gotti, Flor. 1886-88, 3 Bde.).

Ricci (spr. rittschi), 1) Scipione, der Reformator der kathol. Kirche in Toscana, geb. 9. Jan. 1741 zu Florenz, war ein Zögling des römischen Seminars, wurde 1766 Auditor des Nunzius in Florenz, 1775 Generalvikar des Erzbischofs Incontri und 1780 Bischof von Pistoja und Prato. In dieser Eigenschaft erklärte er sich entschieden für das vom Großherzog Leopold I. Angeführte Neuerungssystem, errichtete 1781 zu Pistoja eine Druckerei, welche Flugschriften im reformatorischen Sinn verbreitete, verbesserte den öffentlichen Unterricht, verminderte die Feiertage und Prozessionen, hob die Brüderschaften auf, führte eine regelmäßigere Kirchendisziplin ein und griff endlich die Lehre von den Indulgenzen an. Auf einer Synode zu Pistoja 1786 wurden die berühmten, von der französischen Geistlichkeit 1682 sanktionierten vier Artikel angenommen, auf deren Grundlage eine vom Großherzog 1787 berufene bischöfliche Synode einen Kirchenreformationsplan für Toscana entwerfen sollte. Aber der Tod Josephs II. stürzte das neue System, und eine Meuterei zwang R. 1790 zur Abdankung. Um sich vor wiederholten Verfolgungen zu sichern, unterzeichnet er 1805 eine Adhäsionsformel sowohl gegen den Jansenismus als zur Bulle: "In auctorem", durch welche der Papst die Beschlüsse der Synode von Pistoja annulliert hatte. R. starb 27. Jan. 1810. Seine Memoiren wurden herausgegeben von Potter (3. Aufl., Brüssel 1857; deutsch, Stuttg. 1826, 4 Bde.) und von Gelli (Flor. 1865, 2 Bde.).

2) Luigi, ital. Opernkomponist, geb. 1805 zu Neapel, Schüler Zingarellis daselbst, wurde 1836 Kapellmeister an der Kathedrale zu Triest und zugleich Gesangmeister am dortigen Theater und starb 31. Dez. 1859 zu Prag im Irrenhaus. Von seinen etwa 30 Opern hatten "Chiara di Rosemberg" (1831), "Il nuovo Figaro", "Un'avventura di scaramuccia" und "La festa di Piedigrotta" (1852) den meisten Erfolg. Er hinterließ auch zahlreiche kirchliche Werke und Lieder. - Sein Bruder Federigo R., ebenfalls namhafter Opernkomponist, geb. 22. Okt. 1809 zu Neapel, erhielt daselbst seine musikalische Ausbildung, ging dann nach Rom, wurde 1854 Gesanglehrer an der Theaterschule in Petersburg, siedelte 1869 nach Paris über, wo er indessen nicht recht Fuß zu fassen vermochte, und starb 10. Dez. 1877 in Conegliano. R. hat viel in Gemeinschaft mit seinem Bruder Luigi gearbeitet, dem er zeitlebens in inniger Freundschaft verbunden war. Ihr gemeinsames Hauptwerk ist die komische Oper "Crispino e Comara" (1850), die in Italien, Frankreich und New York großen Erfolg hatte. Von seinen übrigen Opern sind "La prigione d'Edinburgo" (1837), "Michel Angelo e Rolla" (1841), "Corrado d'Altamura" (1841), "Estella" (1846) und "Una follia a Roma" (1869) hervorzuheben. R. schrieb auch Messen, Kantaten, Lieder etc. Die Opern der Brüder R. gehören dem leichten italienischen Genre an; sie sind melodiös, interessant instrumentiert, aber ohne Originalität und besondern musikalischen Gehalt. Vgl. L. de Rada, I fratelli R. (Flor. 1878).

Riccia L., Lebermoosgattung aus der Ordnung der Ricciaceen, umfaßt kleine, auf feuchtem Boden oder im Wasser schwimmende Moose mit gabelig geteiltem, oft durch Lufthöhlen blasig aufgetriebenem Laub, dem die Antheridien und Archegonien oberseits eingesenkt sind. Das reife wandlose Sporogonium wird durch Verwesung des Laubes frei und enthält weder eine Columella noch Elateren (s. Moose).

Riccia (spr. rittscha), Stadt in der ital. Provinz Campobasso, mit Schloßruinen, Schwefelquelle, Dampfmühle und (1881) 8235 Einw.

Ricciaceen, Ordnung der Moose (s. d., S. 791).

Ricciarelli (spr. rittscha-), Maler, s. Volterra, Daniele da.

Riccio (spr. rittscho), David, der unglückliche Vertraute der Königin Maria Stuart von Schottland, aus Poncalieri in Piemont, war anfangs Sekretär des Erzbischofs von Turin, begleitete dann dessen Schwager, den Grafen von Moretta, in gleicher Eigenschaft auf einer Gesandtschaftsreise nach Schottland, wo ihn die Königin als Sänger in ihre Kapelle aufnahm und später zu ihrem Sekretär für die französische Korrespondenz ernannte. Durch Treue und Diensteifer wußte er sich bald die Gunst der Königin in hohem Grad zu erwerben und in ihr den kühnen Plan einer Gegenreformation in Schottland und England zu erwecken; ein unerlaubtes Verhältnis bestand aber zwischen ihnen nicht, da R., obwohl noch jung, doch keineswegs von angenehmem Äußern war. Allein sein Einfluß gab zu Gerede Veranlassung und verdroß namentlich den Gemahl der Königin, Grafen Darnley, der R. als die Ursache des Widerstandes betrachtete, den sein Bestreben, an der Regierung Anteil zu erhalten, bei Maria fand. Daher verband er sich mit dem Kanzler Morton und einigen Lords, R. aus dem Weg zu räumen. Am 9. März 1566 drangen die Verschwornen bewaffnet in das Zimmer der hochschwangern Königin ein, wo Lord Ruthven den Günstling angriff, der dann, ins Vorzimmer geschleppt, von mehr als 50 Stichen durchbohrt wurde.

Riccoboni, Ludovico, der Reformator des ital. Schauspiels, als Darsteller bekannt unter dem Namen Lelio, geb. 1674 zu Modena, übernahm schon 1699 die Direktion einer Schauspielergesellschaft, mit welcher er in Venedig und den Städten der Lombardei spielte, und versuchte die ausgeartete Commedia del arte durch Bearbeitungen französischer Theaterstücke und durch eigne Dichtungen zu ersetzen. 1716 ging er nach Paris, wo er für den Herzog von Orléans im Hôtel de Bourgogne ein italienisches Theater einrichtete, lebte von 1729 bis 1731 als Haushofmeister des Herzogs von Parma in Italien und kehrte dann 1773, der Bühne entsagend, nach Paris zurück, wo er 5. Dez. 1753 starb. Eine Sammlung seiner Jugenddramen erschien als "Nouveau théâtre italien" (Par. 1718, 2 Bde.); auch schrieb er zahlreiche dramatische Entwürfe (sogen. Kanevas), deren weitere Ausführung den Schauspielern überlassen blieb, und deren Lessing mehrere in seiner "Theatralischen Biblio-^[folgende Seite]