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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rom

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Rom (antike Stadt: allmähliches Wachstum).

des bedeutendsten Teils der Altstadt nach dem eine volle Woche dauernden Brand vom Jahr 65, welcher sich über 11 Regionen erstreckte und 3 völlig in Asche legte, der Stadt ein ganz neues Ansehen. Die bisher meist engen Straßen und Plätze wurden seitdem breiter und geräumiger und mit Säulenhallen versehen; eine solidere Bauart trat an die Stelle der alten. Die folgenden Kaiser, namentlich Trajan, Hadrian, die Antonine, gefielen sich besonders in der Schöpfung großartiger und schmuckreicher Markt- und Gerichtsplätze, prächtiger Tempel und Basiliken, kolossaler Grabmonumente u. dgl. Unter den spätern Kaisern zeichneten sich namentlich Septimius Severus und Caracalla durch Baulust aus, welcher durch eine Feuersbrunst unter Commodus' Regierung bedeutend Vorschub geleistet ward. Um dieselbe Zeit beginnt in dem Aussehen der Stadt sich ausländischer Geist und Geschmack bemerklich zu machen (z. B. Caracallas ägyptische Bauten und Heliogabalus' syrische Tempel), so wie auch in der immer zunehmenden Menge von Kasernen sich der jetzt kulminierende Militärdespotismus kundgibt. Aurelian umgab die seit Sulla über die Servianische Mauer hinausgewachsene Stadt wiederum mit Befestigungswerken, welche sämtliche 14 Regionen, also Altstadt und Vorstädte, umfaßten und erst durch Probus vollendet wurden. Diese Aurelianische Mauer stimmt mit den jetzigen Mauern und Thoren Roms im wesentlichen überein. Die wichtigern der 14 Thore wurden nach den durch sie hinführenden Landstraßen benannt, so: die Porta Flaminia (jetzt bei Porta del Popolo), Porta Aurelia (bei Porta San Pancrazio), Porta Portuensis (bei Porta Portese) und Ostiensis (Porta San Paolo), Porta Appia (Porta San Sebastiano), Porta Asinaria (bei der Porta San Giovanni), Porta Nomentana (bei Porta Pia), Porta Salaria (Porta Salara) u. a. Die letzten Kaiser, welche bedeutendere Restaurationen und Neubauten vornahmen, waren Diocletianus und Maxentius, dessen Bauten aber meist erst unter Konstantin d. Gr. vollendet wurden. Aus der Zeit dieses Kaisers stammt das Regionenverzeichnis her, die einzige einigermaßen vollständige Übersicht der ganzen Stadt, welche wir aus dem Altertum noch besitzen. In der folgenden Zeit hat sich das Aussehen Roms vornehmlich durch die Bedürfnisse des christlichen Kultus verändert, welche zahlreiche kirchliche Prachtgebäude hervorriefen, während die profanen Monumente aus der klassischen Zeit, namentlich seit der Einnahme der Stadt durch Alarich (410) und Geiserich (455), verfielen. Trotzdem war im Anfang des 9. Jahrh. noch vieles vorhanden, wovon uns der sogen. Anonymus Einsiedlensis berichtet. Aber die Stürme des Mittelalters vernichteten das meiste von diesem, und die "Mirabilia urbis" beweisen, daß im 12. und 13. Jahrh. nicht allein schon ein völliger Ruin des Altertümlichen, sondern auch eine große Unsicherheit aller alten Erinnerungen und Überlieferungen eingetreten war.

Hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Stadt fehlen uns zuverlässige statistische Angaben. Der Umfang des Aurelianischen Mauerbaues wird jetzt als 22-23 km betragend angegeben, das von ihr umschlossene Areal auf ca. 1230 Hektar. Was die Bevölkerungsverhältnisse betrifft, hat J. Beloch ("Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt", Leipz. 1886) auf drei verschiedene Arten für die ersten

^[Abb.: Plan des alten Rom unter Augustus.]