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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rostpilze

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Rostpilze (Einteilung).

Abschnürung meist auf kurzen Basidien gebildet werden, und zwar stets vereinigt in kleinen Lagern oder Häuschen, welche entweder innerhalb der Epidermis oder unmittelbar unter derselben sich ausbilden, so daß die befallene Pflanze sich mit einem staubigen oder krustigen Ausschlag (Exanthem) von rotgelber, rostfarbener, brauner oder schwarzer Farbe bedeckt, welcher von den zahlreich angehäuften gefärbten Sporen gebildet wird (s. Tafel "Pflanzenkrankheiten", Fig. 11-15). Die R. bringen in ihren Nährpflanzen Krankheiten hervor (Rostkrankheiten, Rost), welche durch die Sporen dieser Pilze verbreitet werden. Die von dem Schmarotzer befallenen Teile, meist Blätter, werden durch denselben vorzeitig gelb und getötet; mitunter treten dabei auch monströse Gestaltveränderungen ein. Jede Rostkrankheit hat ihren eigentümlichen Rostpilz, und die letztern sind immer nur auf eine bestimmte Pflanzenart oder einige nahe verwandte angewiesen. Die Entwickelung beginnt mit der Keimung der Sporen, deren Keimschläuche in die Blätter eindringen, indem sie entweder durch die Spaltöffnungen ihren Weg nehmen, oder die Membranen der Epidermiszellen durchbohren und sich im Innern der Pflanze zu dem Mycelium entwickeln. Viele R. sind durch ihren Generationswechsel ausgezeichnet, indem sie wenigstens zweierlei Sporen besitzen, welche von demselben Mycelium auf der Nährpflanze nacheinander erzeugt werden: Sommersporen (Stylosporen, Uredosporen, die frühere Gattung Uredo) einer- und Wintersporen (Teleutosporen) anderseits. Jene pflegen zuerst und oft in sehr großer Anzahl gebildet zu werden, sind sofort nach ihrer Reise keimfähig und verbreiten den Pilz und die Krankheit in demselben Sommer auf andre Individuen. Die Wintersporen erreichen meist erst im nächstfolgenden Frühling, nachdem sie den Winter im reifen Zustand verbracht haben, ihre Keimfähigkeit, und ihre Keime bilden im Frühling den ersten Ausgangspunkt für Pilz und Krankheit. Bei manchen Rostpilzen entsteht hierbei nicht sogleich wieder die Sommersporenform, sondern eine dritte Generation (die alten Gattungen Aecidium, Roestelia, Caeoma etc.), und erst aus den Sporen dieser entwickelt sich, nachdem deren Keimschläuche wieder in die Nährpflanze eingedrungen sind, dasjenige Mycelium, auf welchem die Sommer- und Wintersporen gebildet werden. Diese dritte Generation tritt entweder auf derselben Nährpflanzenspezies auf, welche auch den folgenden Generationen als Wirt dient (autözische R.), oder sie entwickelt sich auf einer bestimmten andern Pflanze (heterözische R.).

1) Puccinia Pers. Die Teleutosporen sind durch eine Querscheidewand in eine obere und eine meist etwas kleinere untere Zelle geteilt und außerdem mit einer farblosen Stielzelle versehen, mit welcher sie beim Ablösen verbunden bleiben, und bilden braune oder schwarze, staubige oder krustenförmige Häufchen. P. graminis Pers. (Getreiderost, Grasrost), am Getreide der häufigste und schädlichste Rost (Fig. 11), kommt außerdem auch auf Triticum repens, Lolium perenne, Dactylis Agrostis u. a. vor. Die Teleutosporen bilden lange, braune oder braunschwarze, von der Epidermis nicht bedeckte Häufchen. Die Sommersporen (Uredo linearis Pers.) bilden den eigentlichen sogen. Rost und brechen in rostroten, abstäubenden Häufchen (Fig. 11 A) aus der Epidermis hervor. Letztere kommen meist in großer Zahl an allen grünen Teilen zum Vorschein. Die befallenen Teile sterben vorzeitig unter Entfärbung ab, und oft gehen die Ähren oder das Getreide vor Entwickelung derselben zu Grunde. Durch die Sommersporen (Fig. 12 b) wird der Pilz rasch weiter verbreitet. Später erscheinen auf den rostig gewordenen Teilen (Fig. 11 B) die Teleutosporenlager. Diese bleiben in ihrer Unterlage sitzen; man findet sie bis zum Frühjahr, auf dem rostigen Stroh, auf Stoppeln rostiger Felder, auf den dürren Halmen wild wachsender Gräser. Die Teleutosporen (Fig. 12 a) keimen erst im Frühjahr, ihr Keimschlauch gestaltet sich nur zu einem kurzen Faden (Promycelium) und entwickelt seitlich an kurzen Ästchen einzelne kleine, farblose Sporidien (Fig. 13). Diese entwickeln sich nur auf lebenden Blättern der Berberitze zu dem Aecidium berberidis Pers. (Fig. 14). Dies sind kleine, becherförmige, in die Blattmasse eingesenkte, zuletzt die Epidermis durchbrechende und sich öffnende Behälter (Fig. 15 p), welche von einer Schicht dickwandiger Zellen (der Peridie) umgeben werden und in ihrem Grunde dicht gestellte, an ihrer Spitze reihenweise Sporen abschnürende Basidien enthalten. Die dickwandigen, gelbroten Sporen trennen sich in der Reife voneinander und fallen aus. Erst diese erzeugen, wenn sie auf Getreide und Gräser gelangen, hier den ursprünglichen Rostpilz wieder. Außer den Äcidienfrüchten bildet das Mycelium des Aecidium vorher noch Spermogonien (Fig. 15 s) in Form kleiner, krugförmiger Behälter, aus deren Mündung ein pinselartiger Büschel von Haaren hervorragt, und die in ihrem Innern zahlreiche, in einer Schleimmasse hervorquellende Spermatien abschnüren. Um die Krankheit zu verhüten, muß auf eine möglichste Ausrottung der Berberitze hingearbeitet werden; ferner muß man das rostige Stroh nicht zur Streu benutzen, sondern mit der Stoppel rostiger Felder verbrennen; auch sollte man die Feldraine von Gräsern reinigen, weil diese häufig mit Rost bedeckt sind und daher einen konstanten Ansteckungsherd bilden. Trockne Witterung, freie, luftige Lage und von Natur trockner oder durch Drainierung entwässerter Boden wirken dem Getreiderost entgegen. P. straminis Fuckel (Strohrost), ebenfalls am Getreide und an wild wachsenden Gräsern, besonders Bromus-Arten, jedoch minder häufig, hat sehr kurz gestielte Teleutosporen, welche kleine, von der Epidermis bedeckt bleibende, schwärzliche Flecke bilden. Zu diesem Rostpilz gehört das Aecidium asperifolii Pers., auf verschiedenen Boragineen. P. coronata Corda (Kronenrost), häufig am Hafer und an verschiedenen wilden Gräsern, hat fast stiellose Teleutosporen, welche längliche, von der Epidermis bedeckt bleibende, schwärzliche Flecke bilden. Die Sommersporen (Uredo rubigo vera Dec.) sind denen der P. graminis sehr ähnlich. Diese Art steht mit dem Aecidium rhamni Pers., auf dem Kreuzdorn und Faulbaum, im Generationswechsel. Die autözischen Puccinia-Arten, z. B. P. compositarum Schldt., entwickeln Äcidien, Spermogonien, Uredosporen und Teleutosporen auf derselben Pflanze. Manchen Arten, wie der auf Cirsium arvense wohnenden P. suaveolens Rostr., fehlt die Äcidiumform. Der Malvenrost (P. Malvacearum Mont.) auf Althaea rosea und A. officinalis entwickelt nur Teleutosporen; er ist aus Chile nach Europa eingewandert und schreitet sei dem Jahr 1869, wo er zuerst in Spanien auftrat, durch Frankreich, Holland und England weiter ostwärts vor.

2) Uromyces Lév. Die Teleutosporen sind einzellig, mit einer angewachsenen, kurzen, farblosen Stielzelle, und bilden braune oder schwarze, staubige Häufchen, welche durch die Epidermis hervorbrechen. Die meisten haben Sommersporen und Aecidium.