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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Sachsen (Königreich: Industrie, Handel).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Sachsen (Königreich)'

Anmerkung: Fortsetzung von [Bergbau und Hüttenwesen.]

Seit 1710 kommen sämtliche silber-, blei- und kupferhaltige Erze des Inlandes, außerdem eine bedeutende Anzahl ausländischer auf den fiskalischen Hüttenwerken bei Freiberg zur Verarbeitung; nur für Zinn besteht im Altenberger Revier eine besondere Schmelzhütte. Von den Freiberger Hütten wurden im J. 1886: 384,740 metr. Ztr. Erze und Gekrätze für 12,032,438 Mk. eingekauft und daraus gewonnen:

Gold87kgmetr. Ztr.
Silber79 783-Nickelspeise276
Wismut3 415-Arsenikalien11 252
metr. Ztr.Zink403
Bleiprodukte25 841Schwefelsäure133 990
Kupfervitriol16 981Schrotwaren2 820
Eisenvitriol11 836Bleiwaren18 698

zusammen im Wert von 15 Mill. Mk. Die Seigerhütte Grünthal (mit Kupferhammer) verfeinert das von den Silberhütten ausgebrachte Rohkupfer. Die kobalt- und nickelhaltigen Erze der Annaberger und Schneeberger Gegend werden auf dem gewerkschaftlichen Blaufarbenwerk zu Pfannenstiel und dem fiskalischen zu Oberschlema verarbeitet. Das Ausbringen des letztern betrug 1886: 3866 kg im Wert von 1,996,834 Mk. Was die Eisenproduktion betrifft, so produzierte 1886 ein Hochofen an Roheisen in Masseln und Gußwaren erster Schmelzung 9967,5 Ton. im Wert von 528,122 Mk.; 118 Eisengießereien mit 5432 Arbeitern Gußwaren zweiter Schmelzung 971,937 T. im Wert von 13,3 Mill. Mk.; 4 Schweißeisenwerke mit 1049 Arbeitern 24,432 T. Fabrikate im Wert von 3 Mill. Mk.; 2 Flußeisenwerke mit 349 Arbeitern 19,101 T. im Wert von 3 Mill. Mk.

Industrie.

S. ist eins der Hauptindustrieländer der Erde. Die größere Hälfte der Bevölkerung gehört dem Industriebetrieb, Bergbau und Bauwesen eingerechnet, an; der industriereichste Bezirk ist die Kreishauptmannschaft Zwickau. Das Land ist in 5 Handels- und Gewerbekammer- (Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen, Zittau) sowie in 7 Gewerbeinspektionsbezirke eingeteilt. Die Zahl der 1882 in S. ermittelten, in 20 Gewerbegruppen unterschiedenen Hauptbetriebe beträgt 313,140. Davon gehörten 34,9 Proz. zur Textilindustrie, 22,9 Proz. zur Gruppe Bekleidung und Reinigung, 11,3 Proz. zum Handelsgewerbe, 6 Proz. zur Gruppe der Nahrungs- und Genußmittel, 2,7 Proz. zum Baugewerbe. Die Zahl der in allen Hauptbetrieben beschäftigten Personen betrug 793,760. Von diesen arbeiteten 235,690 (29,7 Proz.) in der Textilindustrie, 114,157 (14,1 Proz.) in den zur Bekleidung und Reinigung gehörenden Gewerben, 68,641 (8,6 Proz.) im Handelsgewerbe, 54,094 (6,8 Proz.) in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, 51,675 (6,5 Proz.) im Baugewerbe. Die Beteiligung des weiblichen Geschlechts an der Gewerbthätigkeit ist in S. beträchtlich stärker als im Deutschen Reich überhaupt: hier 20,56, dort 27,78 Proz. Die Zahl der in der Industrie verwendeten feststehenden Dampfmaschinen belief sich 1887 auf 6542 mit 103,773 Pferdekräften. Die Zahl der Hauptbetriebe mit Motoren, in denen zusammen 214,651 Personen beschäftigt wurden, betrug 9789, die der Hauptbetriebe ohne Motoren, in welchen 579,109 Personen arbeiteten, 303,351, demnach die durchschnittliche Zahl der beschäftigten Personen in einem Hauptbetrieb mit Motoren 21,9, in einem solchen ohne Motoren 1,9. Von großer Wichtigkeit ist der Maschinenbau, der, 1826 in Chemnitz entstanden, dort auch seinen Hauptsitz hat. Steinzeug- und Thonwarenfabriken haben Chemnitz, Zwickau, Meißen und Bautzen, Porzellanfabriken Meißen u. Zwickau; Glas wird bei Dresden, in Radeberg, Bischofswerda, Zwickau und bei Karlsfeld fabriziert. Die Fabrikation chemischer Produkte hat ihren Hauptsitz in und um Leipzig, die pharmazeutischer Produkte in Dresden. 1886 erzeugten 753 Bierbrauereien 3,760,004 hl Bier. Von den 663 Branntweinbrennereien befinden sich 35 in Städten, 628 auf dem Land.

Die wichtigste aller sächsischen Industrien ist die Textilindustrie. Ihren Hauptsitz hat diese in der Kreishauptmannschaft Zwickau, wo Chemnitz und Umgegend sowie die Schönburgschen Rezeßherrschaften mit den Städten Glauchau, Meerane und Hohenstein Mittelpunkte derselben sind. Hinsichtlich der Zahl der Betriebe und der in denselben beschäftigten Personen nimmt die Weberei die erste Stelle ein; alsdann folgen die Strickerei und Wirkerei, die Häkelei, die Stickerei und Spitzenfabrikation einschließlich der im südwestlichen Erzgebirge noch immer betriebenen, aber wenig lohnenden Klöppelei und die Posamentenfabrikation der Annaberger Gegend. Hauptsitz der Leinenindustrie ist die Lausitz, doch ist dieselbe infolge der erdrückenden englischen Konkurrenz sehr zurückgegangen. Berühmt ist die Damastweberei von Groß- und Neuschönau. Die Fabrikation baumwollener Musseline und die Weißstickerei haben im Vogtland ihren Sitz, die Strumpfwirkerei in und um Chemnitz, die Bandfabrikation in Pulsnitz und Umgegend. Hauptpunkte für die Tuch- und Buckskinfabrikation sind: Kamenz, Bischofswerda und Großenhain, nächst diesen Oschatz, Öderan, Werdau und Kirchberg; für Flanelle Hainichen; für wollene und halbwollene Kleiderstoffe Chemnitz, Glauchau, Meerane, Reichenbach, Ölsnitz, Zittau; für wollene Strumpfwaren Bautzen und Limbach. Färberei und Zeugdruck werden vornehmlich in Chemnitz, Zschopau, Frankenberg, Glauchau, Penig, Burgstädt und Hainichen betrieben, Wachstuchfabrikation in Leipzig; Jutespinnereien haben Meißen und Ostritz. Die Papierfabrikation wird in mehr als 60 Fabriken betrieben (die größten in Kriebstein bei Waldheim, Bautzen und Penig), die Strohflechterei hat sich auf dem Abfall des Gebirges zwischen der Gottleuba und der Lockwitz angesiedelt, die Fabrikation künstlicher Blumen blüht in Leipzig, Dresden, Sebnitz und Neustadt b. Stolpen. Große Ausdehnung hat in der Kreishauptmannschaft Leipzig die Zigarrenfabrikation. Hoch entwickelt ist die Pianofortefabrikation in Dresden und Leipzig; beide sowie Chemnitz haben auch Hutmacherei. Im Erzgebirge, um Seiffen, Waldkirchen, Olbernhau etc., hat sich die Holz- und Spielwarenindustrie, in Karlsfeld und Glashütte die Uhrenfabrikation, im Vogtland, in Markneukirchen und Klingenthal, die Fabrikation musikalischer Instrumente angesiedelt. Korbmacherei blüht in Zwenkau; fabrikmäßig ist die Kunsttischlerei in Johanngeorgenstadt entwickelt.

Handel und Verkehr.

Sachsens Handel nimmt teil am Welthandel; seine wichtigsten Ausfuhrartikel sind die Erzeugnisse der heimischen Industrie. Der Mittelpunkt desselben und zugleich der des gesamten deutschen Buchhandels ist Leipzig. Sehr lebhaft ist der Verkehr auf der Elbe, deren Schiffbarkeit sorgfältig unterhalten und verbessert wird. 1887 belief sich der Bestand der Elbfahrzeuge in S. auf 25 Personen- und 5 Güterdampfschiffe, 12 Rad- und 8 Kettenschleppschiffe, eine Dampffähre, 526 Segel- und Schleppschiffe, zusammen mit 2,743,330 Ztr. Tragfähigkeit. Die 1836 gegründete Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrtsgesellschaft befördert jährlich über 2 Mill. Personen. Außerdem

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 131.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 131.