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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sahara

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Sahara (Bodenbeschaffenheit, Klima).

der als Serir bezeichneten Wüstenform zahllose kleine, gleichmäßige und abgerundete Steinchen auf. Eine besondere Eigentümlichkeit dieser Wüsten sind die charakteristischen Inselberge, die "Zeugen" der Araber, Überbleibsel einer ursprünglich weit ausgedehnten Terrasse. Die Hochgebirge der S. stellen die Erscheinungen der Hamada in gesteigertem Maßstab dar. Stellenweise im Winter drei Monate mit Schnee bedeckt, sind ihre Schluchten zuweilen durch Regengüsse von brausenden Sturzbächen erfüllt, und in den Thälern ist reiche Vegetation. Ein andrer Haupttypus der S. ist die Sand und Dünenwüste, die "Aregregion". Doch gilt die Bezeichnung "Areg" oder "Erg" eigentlich nur für die Sanddünen des Zentrums, während man sie im W. als "Igidi", im O. als "Remel" oder "Remla" bezeichnet. Hier sieht man nichts als ein einziges unabsehbares, fahles Sandmeer, aus dem die gewaltigen Dünen wie versteinerte Wellen hervorragen. In der Libyschen Wüste, dem großartigsten Sandgebiet der S., erscheinen die Dünen meist zu förmlichen Gebirgsketten angeordnet. Zwischen denselben erstrecken sich Thäler von verschiedener Breite, die in der westlichen S., wo in geringer Tiefe angesammelte Feuchtigkeit die Existenz einer bleibenden Vegetation ermöglicht, zuweilen sehr gute Weidegründe bieten. Solange man an die ehemalige Existenz eines Binnenmeers glaubte, dachte man sich die Dünen als Ablagerungen des Wassers; indes sind dieselben vielmehr entstanden durch eine noch gegenwärtig fortwirkende chemische Zersetzung der Gesteine durch Licht, Hitze, Kälte, Elektrizität etc. Bei der Gestaltung der Dünen wirkt der Wind in hervorragender Weise mit; ihre Richtung geht meist von SO. nach NW., so wie im allgemeinen die Sandstrecken der S. von O. nach W. sich ausdehnen und nirgends von N. nach Süden streichen. Manche Dünen erreichen eine Höhe von 100 m und darüber. Während ein Fortschreiten der Dünen von Süden nach N. nicht wahrzunehmen ist, rücken dieselben langsam von O. nach W. vor und begraben zuweilen Oasen und Ortschaften, wie z. B. in der Sebcha von Inçalah ein Teil der Palmengärten bereits vom Sand begraben ist und die Orte El Menzeha im SW. von Wargla (Algerien) sowie Es Schud westlich von Ghadames infolge des vordringenden Sandes verlassen werden mußten. Wo immer in der S. Wasser den Boden tränkt, und sei es auch Brackwasser, da entsteht eine Oase. Man unterscheidet verschiedene Arten Oasen, je nachdem sie eine natürliche oder künstliche Bewässerung haben. Die natürlich bewässerten teilen sich wieder in solche mit oberirdisch fließendem und solche mit unterirdisch fließendem Wasser. Zu den erstern gehören z. B. die Oase des Wadi Draa (Südmarokko), die dem Draafluß ihr Dasein verdankt, und die Oasen des obern Tafilet, welche der Sis durchfließt; zu den letztern die des eigentlichen Tafilet südlich von Ertib, die meisten von der Oasengruppe des nördlichen Tuat und viele kleinere südlich vom Atlas. Die künstlich bewässerten sind entweder solche, wo sich nicht fließendes Wasser schon in der Tiefe von nur 1/3-2/3 m unter dem Erdboden findet, z. B. die Oase Kauar und ein Teil von Fezzan; dann solche, wo aus einer Tiefe von 4-10 m das Wasser heraufgefördert werden muß, wie in den Oasen von Suf; endlich solche, wo das Wasser aus der Ferne durch künstliche Leitung herzugeführt wird, z. B. Tidikelt. Oasen mit oberirdisch rieselndem Wasser gibt es nur an den Ausgängen großer Gebirge, namentlich am Südfuß des Atlas. Das Wort Oase ist den Bewohnern der S. unbekannt; sie gebrauchen dafür das arabische Ain ("Quelle", berberisch "Tit", im Tibbu "Galle"); ein tiefer Brunnen heißt Bir. In der ganzen S. gibt es kein einziges Flußbett mit beständig über der Erde fließendem Wasser. Der Name für Flußbett ist "Ued" oder "Wadi", für Fluß "Irharhar". Auffallend ist der Reichtum der S. an Seebecken, ja an Seen selbst und zwar nicht bloß in Depressionen, sondern auch auf höhern Teilen der Wüste, z. B. in Fezzan. Die unterirdischen Zuflüsse müssen hier sehr massenhaft sein, um bei der unausgesetzten Verdunstung den See mit Wasser gefüllt zu halten. Der Boden ausgetrockneter Seen wird zur Sebcha, d. h. Sumpf und Schlamm bedecken sich mit einer harten, weißlichgrauen Kruste von salzhaltiger Erde, bei manchen auch, wie bei dem Seeboden von Bilma, von reinem Salz. Diese Oberfläche der Sebcha zerklüftet in regelmäßigen, meist sechseckigen Polygonen oder wirft sich, wo der Boden sehr salzhaltig ist (z. B. bei der Sebcha von Tamentit), in unregelmäßigen, oft senkrecht emporstehenden Schollen übereinander. Bis hoch in den Norden der S. auf den Hochebenen des Atlas kommt Sebchabildung (dort meist "Schott" genannt) vor. Nach Chavanne verteilt sich die Oberfläche der S. auf 3,6 Mill. qkm Hamada und Serir, Felsen und Berge 2 Mill., Steppen und Weiden 1,5 Mill., Sanddünen 850,000 und Oasen und Kulturland 200,000 qkm.

[Klima.] Was die klimatischen Verhältnisse betrifft, so ist die S. das Gebiet der ungehemmt herrschenden Passatströmung, wo aus der dampfleeren Atmosphäre fast niemals Niederschläge fallen. Daß aber die Wasserlosigkeit der Oberfläche nicht aus dem geologischen Bau Nordafrikas, sondern aus den Bewegungen der Atmosphäre zu erklären sei, geht am deutlichsten aus den Verhältnissen der Südgrenze der Wüste gegen den Sudân hervor, wo die tropischen Sommerregen gerade so weit reichen, als der Passatwind in dieser Jahreszeit von äquatorialen Luftströmungen unterbrochen wird, ohne daß die Gestaltung und Mischung des Erdbodens sich ändern. Caillié traf Nordostwind im Meridian von Timbuktu unablässig wehend, Panet ebenso auf seiner Reise von Senegambien nach Marokko im westlichen Teil der S. Lenz dagegen hatte auf der Strecke zwischen Taudeni und Timbuktu Nordwest- und Südwinde, niemals aber Nordostwind. Ob die heißen Winde, Samum oder Harmattan, in Ägypten Chamsin genannt, als Scirocco über das Mittelmeer bis nach Sizilien und Süditalien dringen, ist nach neuerer Forschung fraglich und wird von vielen ganz verneint. Jedenfalls ist die Ansicht, daß der Föhn (s. d.) ihr nördlichster Ausläufer sei, entschieden zu verwerfen. Aus welcher Himmelsrichtung aber auch in der S. der Wind wehen möge, keine Feuchtigkeit kann er herbeiführen, wenn er aus der Wüste selbst kommt. Dazu ist der Dampfgehalt der Atmosphäre ihrer Oberfläche zu geringfügig, und nirgends auf der Erde hat man die Luft trockner gefunden als hier und zwar dauernd und allgemein. Im Gefolge der trocknen Winde treten elektrische Erscheinungen auf; Gewitter sind zwar in der eigentlichen S. äußerst selten, desto häufiger aber wetterleuchtet der Himmel an den südlichen Rändern der Wüste. Bei vollkommener Windstille, die indessen nur an sehr wenigen Tagen stattfindet, hat die Luft eine ungemeine Transparenz, so daß man entfernte Gegenstände viel deutlicher als in andern Ländern wahrnehmen kann. Luftspiegelungen sind häufig und zwar sowohl in der Ebene als den gebirgigen Teilen der S. So normal die barometrischen Schwankungen in der S. sind, so bedeutend variiert der Stand des Thermometers. Fallen